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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 27.Februar 2016; 23:00
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VERWORTET

> "Populismus"

Der Eintrag in diese Rubrik war schon lange fällig. Jetzt aber hat Werner Kogler von den Grünen es wunderbar aufgedoppelt -- er kreierte den Begriff "vulgärpopulistisch". Dieser Pleonasmus ist wirklich entlarvend -- es reicht nicht mehr, nur einmal den Bezug zum Volk darzustellen (das lateinische "populus" ist ein Wort für "Volk"), sondern man muß es gleich zweimal tun ("vulgus" resp. "volgus" ist im Lateinischen ein anderes Wort dafür). Überhaupt ist es auffällig, wie oft Wörter in der deutschen Sprache (auch Lehn- und Fremdwörter), die sich auf das sogenannt einfache Volk beziehen, eine abwertende Begrifflichkeit haben. "Gemein" ist hier zu nennen, das "gemeine Volk" wird als bösartig diffamiert, "niederen" Instinkten folgend. Im Wort "allgemein" ist noch der ursprüngliche Sinn enthalten, auch im "Gemeinwohl". Aber "gemein" bedeutet heute einfach nur "niederträchtig". Wobei dieses "nieder" wieder etwas mit dem "niederen Volk" zu tun hat. Es ist in der deutschen Sprache fast unmöglich, etwas als minderwertig oder abscheulich zu bezichnen, ohne dabei pejorativ die unteren Schichten der Gesellschaft zu assozieren. Ähnliches gilt für "ordinär", also "gewöhnlich", was zumindest früher ebenfalls beleidigend gemeint war.

"Populismus" setzt diese Tradition fort. Es ist die Sprache des Adels früherer Jahrhunderte, die da in der Sprache der heutigen besseren Leute durchschimmert, die ihren abschätzigen Blick nach unten gerichtet haben.

"Populist, dös gfoit ma", soll Jörg Haider einmal gesagt haben. Eigentlich sollte man meinen, man könne nichts Besseres über einen Politiker, der in einem demokratisch verfaßten Gemeinwesen angeblich das Volk vertreten soll, sagen -- und gerade deswegen hätten Leute wie Haider oder Strache diese Bezeichnung gar nicht verdient.

Aber der moderne Adel, die gehobeneren Schichten, die Oberklasse, die Manager und Verwalter des Staates denken halt noch immer so -- nämlich josefinisch: "Für das Volk, nicht durch das Volk". Denn die Meinung ist dort vorhanden, das Volk sei dumm und wisse nicht, was gut für es sei. Unsere weisen Staatenlenker und die staatstreue Opposition wissen es natürlich viel besser.

Spätestens hier höre ich Kollegin Grusch protestieren, daß das doch alles Blödsinn sei und der Begriff "Volk" abgeschafft gehöre (siehe VERWORTET in akin 5/2015). Ja eh! Nur solange es eine Oberschicht gibt, die der Meinung ist, auf dieses Volk herabblicken zu können, wird alleine durch diese Mißachtung das Volk (im Sinne von Bevölkerung) definiert. Ihr "da oben", hört erstmal auf, hinter Fremdwörtern versteckt über das gemeine Volk zu lästern, und versteht, daß ihr Teil davon seid oder zumindest zu sein habt. Dann erst verlöre die Bezeichnung "Volk" seine Begrifflichkeit, weil das Volk dann wir alle auf diesem Planeten wären und es niemanden gäbe, der sich davon distanzieren und abheben muß.

Bernhard Redl

 

In der Rubrik VERWORTET stellt die akin regelmäßig Wörter oder Phrasen vor, deren allgemeiner Gebrauch nicht ganz koscher ist. Wer dabei mitmachen will, schicke uns ein Wort und dessen Gebrauchskritik an akin.redaktion{AT}gmx.at

 

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