Samstag, 24. Januar 2009
 
Drübergefahren! Wen wundert es noch? PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Michael Genner   
Donnerstag, 29. November 2007

Mit ihrem Beschluss im Verfassungsausschuss des Parlaments, den Asylgerichtshof in der geplanten Form einzuführen, hat sich die Regierung am Mittwoch über alle Bedenken und breite öffentliche Kritik hinweggesetzt. Die Rechte Asylsuchender werden weiter beschnitten.

Es geht ja nur um Fremde, um Flüchtlinge, „Asylanten“... Jeder Falschparker hat mehr Rechtsschutz als sie. Ein paar Experten dürfen noch sagen, dass sie dagegen sind. Uninteressant! Die Entscheidung steht von Anfang an fest.


Der UBAS wird also jetzt Asylgerichtshof heißen. Er wird aufgestockt werden, wie schon Anfang 2006, überwiegend mit Vasallen des Polizeiministers, behübscht mit ein paar Feigenblättern. Er wird weitgehende Privilegien genießen:


Ob er rechtsrichtig entscheidet, ob er die Genfer Flüchtlingskonvention einhält, ob er Verfahrensfehler macht, Beweisanträge missachtet, Zeugenaussagen ignoriert – das alles wird der Verwaltungsgerichtshof nicht mehr kontrollieren dürfen. Und auch nicht der Verfassungsgerichtshof, weil die Genfer Flüchtlingskonvention nicht im Verfassungsrang steht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat viel getan, um die Asylrechtsprechung weiterzuentwickeln. Er war viele Jahre lang für den UBAS eine unerlässliche Kontrollinstanz.

So hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass Frauen eine „soziale Gruppe“ im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sind. Er hat entschieden, dass nichtkonformes Verhalten von Frauen in islamischen Ländern wie Afghanistan oder dem Iran asylrelevante Verfolgung auslöst; ebenso, dass Sippenhaftung Verfolgung (aus dem Konventionsgrund „soziale Gruppe“) ist.

Das (und anderes mehr) war im UBAS zunächst gar nicht so selbstverständlich, wie es uns heute erscheint. Die Anlassfälle waren übrigens oft Klientinnen von Asyl in Not.

Der Verwaltungsgerichtshof hat viele schwer traumatisierte Folteropfer vor der Abschiebung gerettet, indem er den Beschwerden gegen (oft skandalös rechtswidrige) Dublin-Bescheide des UBAS die aufschiebende Wirkung zuerkannte.

So im hier schon öfters erwähnten Musterfall Juscha H., der nach Ansicht des UBAS trotz Befunden nicht traumatisiert genug war, um bei seinen alten kranken Eltern in Österreich zu bleiben. Jetzt hat der VwGH entschieden (und auch der UBAS hat sich nun seiner Entscheidung gebeugt): Juscha ist zum Verfahren in Österreich zugelassen.

Roman M., dessen Eltern und minderjährige Geschwister als anerkannte Flüchtlinge in Salzburg leben und dessen Frau und Kinder aufschiebende Wirkung erhalten haben, ist lange in Schubhaft gesessen, bis auch er (der als letzter der Familie nach Österreich geflüchtet war) vom Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung erhielt. Ein UBAS-Mitglied hatte schon bedenkenlos entschieden, ihn als einzigen der Familie nach Polen zu deportieren!

Einzelfälle? Ja natürlich. Das ganze Leben besteht aus Einzelfällen. Wir kennen tausende Einzelfälle dieser Art. Allen künftigen Einzelfällen wird der Weg zum Verwaltungsgerichtshof nicht mehr offen stehen. Sie sollen weggeschafft werden, sei es auch in den Tod.

So will es der Polizeiminister, so will es der Kanzler von schwarzen Gnaden, so wollen es Rassisten quer durch die Parteien. Das Herdenvieh im Parlament stimmt zu.


Das ist Österreich, ein Jahr nach der Abwahl von Schwarz-Blau. Alle Hoffnungen wurden enttäuscht, alle Versprechen gebrochen. Für die „Fremden“ ist der Rechtsstaat abgeschafft.

Wir gehen weiter unseren Weg. Es wird alles noch schwieriger werden. Wir geben nicht auf.

Michael Genner
Asyl in Not
Währingerstr. 59
1090 Wien


Tel. 408 42 10-15; 0676 – 63 64 371

www.asyl-in-not.org


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