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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 7. Juli 2021; 19:51
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Leitartikel:

> Die Illegalen

Auf höherer Ebene sind Rechtsbrüche kein Problem


Jetzt ist groß die Rede davon, wieso denn die afghanischen Beschuldigten in
der Causa des Todes der 13-jährigen Leonie überhaupt noch im Land waren. Der
Innenminister will wiedermal die Gesetze verschärfen, die Justizministerin
betont, daß die bestehenden doch nur angewandt hätten werden müssen. Aber
stimmt das überhaupt?

Natürlich, das österreichische Asylrecht ist in Konformität mit der Genfer
Flüchtlingskonvention so eingerichtet, daß straffällig gewordene Asylwerber
ebenso wie solche, die einen regulären Flüchtlingsstatus erhalten haben, das
Recht auf Asyl entzogen werden kann und damit auch das Aufenthaltsrecht.
Inwiefern eine solche Verknüpfung von Straffälligkeit und Asylrecht
überhaupt statthaft ist, sei einmal dahingestellt, aber es geht auch um eine
andere Frage und die wird kaum diskutiert. Denn nur von Nichtpolitikern --
einem Vertreter der "asylkoordination" und erstaunlicherweise dem neuen Chef
des "Bundesamts für Fremdenrecht und Asylwesen" -- wurde es in
ORF-Nachrichtensendungen erwähnt: Das Non-refoulement-Prinzip, das auf dem
Verbot von Folter und menschenrechtswidriger Behandlung beruht! Das ist in
der EMRK verankert und damit Verfassungsrecht -- und es ist absolut, duldet
also keinerlei Abwägung mit anderen Rechtsgütern.

Die derzeitigen und sich zunehmends verschlimmernden Zustände in Afghanistan
lassen nicht darauf schliessen, daß auch nur irgendein dorthin Abgeschobener
einigermassen mit Gewißheit vor einer Behandlung sicher ist, wie sie in
Artikel 3 der Menschenrechtskonvention beschrieben ist. Sprich: Die
Abschiebung in dieses Land dürfte von vornherein illegal sein -- aber das
schert eine Regierung nicht, die sowieso so ihre Schwierigkeiten mit den
Spitzfindigkeiten der Juristerei hat.

Sie macht sich -- gemeinsam mit der EU -- auch keine Sorgen wegen illegaler
Pushbacks durch die Frontex oder wegen Angriffen auf Flüchtlingsboote durch
die von der EU finanzierte libysche Küstenwache. Blöd wird es nur, wenn, wie
aktuell berichtet, ein österreichisches Gericht feststellt, daß solche
illegalen Pushbacks auch von hiesigen Beamten an der Grenze zu Slowenien
passieren -- aber auch nicht sehr blöd, weil es keinerlei Konsequenzen weder
für die eingesetzten Grenzer noch für die politischen Verantwortlichen hat.
War halt illegal -- und?

Und noch so ein Fall ist gerade in den Medien: Eine Estnin hatte -- auf
Zusicherung der Einbürgerung in Österreich -- 2015 ihre bisherige
Staatsbürgerschaft zurückgelegt. Dann aber kassierte sie zwei Strafzettel
wegen Verkehrsdelikten und wurde einfach in ihrer Staatenlosigkeit belassen.
Bis heute! Und leider ist es so, daß solche Fälle häufiger vorkommen, das
Glück der Estnin ist lediglich, daß ihr Herkunftsstaat in der EU liegt und
deswegen eine Beschwerde vor dem EuGH möglich ist -- der nach dem
Schlußantrag des Generalanwalts wohl zu ihren Gunsten entscheiden wird. Mit
anderen Worten: Das Zurückziehen der Zusage der Einbürgerung war unzulässig.

Die österreichischen Beamten treffen auf Weisung ihrer Vorgesetzten und
damit letztendlich von Politikern laufend Fehlentscheidungen. Man könnte
auch sagen, bisweilen begehen sie Rechtsbrüche. In einem Rechtsstaat wäre
das zu ahnden und ab einem gewissen Level wären auch die angeblich politisch
Verantwortlichen tatsächlich auch zu eben einer solchen Verantwortung zu
ziehen.

Passiert nur nicht. Allerdings sollte man schon öffentlich einmal darüber
diskutieren, wer hier die Illegalen sind.

*Bernhard Redl*



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