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akin-Pressedienst. Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 23. Januar 2020; 04:28
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Ö/BRD/Israel/Palästina:

> Jeder BDSler ein Judenhasser

Österreich muß wieder mal ungeprüft den Deutschen was nachmachen


Es war der 17.Mai 2019 -- ganz Österreich guckte Ibiza-Video. Alles andere
war egal. Deswegen hat auch niemand mitbekommen, was am selben Tag im
deutschen Bundestag passierte. Da hatte das Berliner Parlament "einen
gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen mit dem
Titel 'BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten - Antisemitismus bekämpfen'
angenommen. Für den Antrag stimmten die CDU/CSU, SPD, FDP, große Teile von
Bündnis 90/Die Grünen ... Dagegen stimmten große Teile der Linksfraktion und
Teile der Grünen-Fraktion." Die AfD enthielt sich, weil sie lieber ihren
eigenen Antrag "BDS-Bewegung verurteilen - Existenz des Staates Israel
schützen" beschlossen gesehen hätte. (1)

Die Antwort folgte zwei Tage später: "Der Bundestag hat die Boykott-,
Veräußerungs- und Sanktionsbewegung gegen Israel als antisemitisch
definiert. Benjamin Netanjahu und Gilad Erdan freuten sich. Deutschland
sollte sich schämen. Deutschland wird von nun an jeden Unterstützer von BDS
als Judenhasser betrachten; 'Die israelische Besatzung' zu sagen ist wie
'Heil Hitler'. Von nun an kann sich Deutschland nicht mehr seiner
Redefreiheit rühmen. Es ist zu einem Agenten des israelischen Kolonialismus
geworden. Während einige in der Tat Antisemiten sind, sind die meisten
Anhänger der BDS gewissenhafte Personen, die der Ansicht sind, dass eine
Apartheid einen Boykott verdient hat. Was ist daran antisemitisch? Die
Mehrheit der Bundestagsparteien hat den Beschluss befürwortet, darunter
Bundeskanzlerin Angela Merkel, das Gewissen Europas. Wie traurig. So lähmend
sind die Schuldgefühle, so wirksam die Propaganda. [...] Davon profitierte
nur die israelische Besatzung. Der Bundestag muss BDS nicht unterstützen, es
ist zulässig, gegen die Boykottbewegung zu protestieren, sie aber als
antisemitisch zu kriminalisieren, insbesondere in Deutschland? Das 'andere
Deutschland' verriet seine Pflicht gegenüber seiner eigenen gewissenhaften
Zivilgesellschaft, gegenüber den Palästinensern und auch gegenüber Israel."

Der das schreibt ist Gideon Levy, Mitherausgeber der israelischen
Tageszeitung "Haaretz". (2)

Der Wiener Gemeinderat hatte schon im Juni 2018 einen ähnliche Bannbulle
gegen die BDS beschlossen -- dazu gab es keine große Debatte, weil ein
diesbezüglicher Antrag mit einem Haufen an ekligen Vorwürfen gegen BDS ins
Plenum gebracht worden war, wo sich offensichtlich niemand getraute,
nachzufragen, was davon eigentlich belegt ist. Schließlich zweifeln da nur
Antisemiten. Seither wird jede politische Einrichtung, die es auch nur wagt,
am BDS anzustreifen, sofort mit Subventionsentzug bedroht.

Jetzt liegt im österreichischen Nationalrat auch so ein Verdammnisurteil --
ein Entschließungsantrag an die Regierung, eingebracht von allen Fraktionen
gemeinsam. Die Argumentation hier: BDS würde das Existenzrecht Israels in
Frage stellen. Inwiefern? Weil sie das Rückkehrrecht der palästinensischen
Flüchtlinge einfordere. Ja, vielleicht sollte man da aber auch gleich die
UNO boykottieren, weil die in der immer noch gültigen Resolution 194/1948
das Gleiche fordert.

Aber zugegeben, der Entschließungsantrag ist geschickt gemacht: Zuerst wird
lang und breit der ja wirklich noch immer sehr notwendige Kampf gegen den
Antisemitismus beschworen, aber man bleibt völlig im Unkonkreten, wen man da
eigentlich bekämpfen möchte -- und dann erst schwenkt man auf die
Verurteilung des BDS ein.

Nach dem FPÖ-Historikerbericht, seit dem wir ja wissen, daß die Begründer
der F-Partei nur gemäßigte Nazis waren, ist es wohl logisch, daß man die
Antisemiten im Land woanders verorten muß.

Mit dem Entschließungsantrag wird die Bundesregierung aufgefordert,
"Veranstaltungen der BDS-Bewegung oder von Gruppen, die deren Ziele
verfolgen, weder finanziell noch in anderer Form zu fördern" und "die Rolle
Österreichs als hervorragende Stätte des internationalen Dialogs und
Austausches weiter zu pflegen".

Solange man halt nicht mit Palästinensern reden muß. Kreisky rotiert.
*Bernhard Redl*

*
(1) https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw20-de-bds-642892

(2)
https://www.haaretz.com/opinion/.premium-germany-shame-on-you-and-your-anti-bds-resolution-1.7254386

(3) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00141

Für Mittwoch hatten AIK und Freunde zu einer diesbezüglichen
Protestkundgebung am Wiener Stephansplatz aufgerufen.



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