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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 19. Dezember 2019; 12:54
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Recht:

> Der andauernde Nepp

Das kann noch recht abenteuerlich werden mit der Wiener Stadtverfassung.
Mittlerweile ist zwar geklärt, daß Dominik Nepp FPÖ-Vizebürgermeister
bleibt. Und es gibt in Wien auch keine Lex Stronach -- hier können noch
Abgeordnete in ausreichender Zahl (in Wien sind es drei) mitten in der
Legislaturperiode einen neuen Klub gründen und bekommen dafür auch die
Klubgelder und -räumlichkeiten (wenn man endlich im Rathaus welche für sie
gefunden hat).

Aber die Verfassung birgt ein paar Formulierungen, die nicht unspannend
sind. Denn eine solche Spaltung hat man im Stadtparlament offenbar nie
erwartet. Und so sieht auch die Textgestaltung aus. Denn was ist, wenn die
Wiener FPÖ auch einmal mitbekommt, daß Herr Nepp nicht unbedingt so der
Wahnsinnsbringer an der Urne ist? Gerüchte, wonach Herbert Kickl ihn beerben
soll, machen schon fleißig die Runde. Aber ein solcher neuer Spitzenmann
wird dann wohl auch das Amt des Vize bis zur Wahl übernehmen wollen. Nur:
Wäre das möglich? Eigentlich nicht, sollte man meinen, denn das alleinige
Vorschlagsrecht für den Kandidaten für diesen Posten gebührt nur dann "der
zweitstärksten Partei des Gemeinderates, sofern diese wenigstens ein Drittel
der Gemeinderatsmandate innehat" (§ 34 (5)) -- und das wäre dann bei der FPÖ
mit ihren jetzt 31 Mandaten nicht mehr der Fall. Jetzt könnte man meinen,
alle bisherigen 34 wären für die FPÖ gewählt und daher bestünde dieses Recht
noch. Weil es ist ja von der "Partei" die Rede und nicht von einer
"Fraktion". Aber "Inhaber" dieser 34 Mandate ist die FPÖ nicht mehr -- die
Anrufung des VfGH könnte vielleicht trotzdem Erfolg haben. Aber bis der
entscheidet ist die Wahl vorbei. Sprich: Nepp muß Vize bleiben. Eisern!
Sonst wirds nämlich wieder ein Sozi.

Witzigerweise kann man aber Nepp auch nicht das Mißtrauen aussprechen. Weil
das nämlich nur beim Bürgermeister und bei amtsführenden Stadträten möglich
ist (§ 37). Nepp ist aber nichtamtsführender Stadtrat. Das ist nur
logisch -- wenn einem Stadtrat kein tatsächliches Amt zugetraut wird und
dieser nur kassiert und keinerlei Zuständigkeit hat, dann kann man ihm wohl
nicht jenes Vertrauen entziehen, das man sowieso nie in ihn gesetzt hat.


Wer ist hier vertreten?

Noch schräger verhält es sich beim Recht auf den Antritt der DAÖ bei der
Gemeindewahl. Das Recht, bisher im Gemeinderat vertretener Parteien ohne
neues Sammeln von Unterstützungserklärungen bei der Wahl antreten zu können,
ist nämlich nur negativ formuliert. Dieses wird nämlich stillschweigend
vorausgesetzt. Unterschriften braucht es nämlich nur für Wahlvorschläge, die
"von einer wahlwerbenden Partei eingebracht werden, die nicht aufgrund des
Ergebnisses der letzten Gemeinderatswahl im Gemeinderat vertreten ist"
(Wiener Gemeindewahlordnung, §43 (3)).

Na, viel Spaß beim Interpretieren! Denn ist die DAÖ aufgrund des letzten
Wahlergebnisses im Gemeinderat? Also gewählt ist diese Partei nicht worden.
Aber deren Abgeordnete sehr wohl. Und weil dem so ist, könnte man durchaus
der Meinung vertreten, daß die DAÖ das Recht habe, ohne Sammeln zu
kandidieren. Bei den Debatten in der Wahlbehörde darüber wäre ich gern
Mäuschen.

Aber sicherheitshalber wird das jetzige Trio (vielleicht werden es ja noch
mehr) wohl beim gemeinen Volk sammeln -- weil mit Strache werden sie
wahrscheinlich die Unterstützungserklärungen locker zusammenbringen. Ohne
Strache wird sie hingegen sowieso keiner wählen, da können sie sich das
gleich sparen.

Es gibt jedoch noch eine skurrile Bestimmung in der Gemeindewahlordnung: Mit
den Unterschriften von 5 Mitgliedern des Nationalrats -- egal, aus welchem
Bundesland -- kann man nämlich auch in Wien kandidieren. Wenn die FPÖ so
weitermacht wie bisher, ist das gar nicht mal so undenkbar -- die
Unterschrift von Frau Strache hätten sie wahrscheinlich schon fix.

Würde der Bundespräsident auch die Wiener Landesverfassung für "schön" und
"elegant" halten? Ich weiß es nicht. Lustig ist sie auf alle Fälle. Oder
vielleicht ist das nur mein seltsamer Humor...
*Bernhard Redl*


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