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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 19. September 2019; 19:50
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Von *Michael Genner*, Asyl in Not

"Aber vor jedem ehrlichen Schlepper, der saubere Arbeit macht: der seine
Kunden sicher aus dem Land des Elends und Hungers, des Terrors und der
Verfolgung herausführt, der sie sicher hereinbringt, den Grenzkontrollen zum
Trotz, in unser 'freies' Europa, habe ich Achtung. Er ist ein Dienstleister,
der eine sozial nützliche Tätigkeit verrichtet und dafür auch Anspruch hat
auf ein angemessenes Honorar." (Genner, 2013)


Exkanzler Kurz hat bei einer Puls4-Diskussion am 16. September 2019 einen
demagogischen Angriff auf die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein
geführt. Er hat dabei eine Passage aus meinem (2013 veröffentlichten)
Artikel "Schlepper und Lumpen" ins Treffen geführt, für den eine damalige
Polit-Staatsanwältin mich hinter Gitter bringen wollte.

Birgit Hebein hat sich damals mit mir solidarisiert und sich (wie dutzende
andere) öffentlich meiner Aussage in der inkriminierten Textstelle
angeschlossen. Amnesty International kündigte an, mich im Falle meiner
Verurteilung als Gewissensgefangenen zu führen. Das Verfahren wurde im
Februar 2014 eingestellt; dies kommt rechtlich einem Freispruch gleich.

Mit seinen Auslassungen auf Puls4 hat Kurz eine Reihe von empörten
Kommentaren ausgelöst, die aber leider zumeist am Wesentlichen vorbeigehen.

Das tatsächlich Empörende ist nämlich nicht, daß Kurz den Grünen (freilich
völlig grundlos) eine angebliche Nähe zur Schlepperei unterstellt; sondern
vielmehr, daß er dreist und ungeniert einen neuerlichen Vorstoß zur
Kriminalisierung von Fluchthilfe unternimmt.

Schlepper, so Kurz, sind "Verbrecher, die gejagt gehören". Das stellt er so
ganz pauschal in den Raum. Ohne (wie ich es in meinem Artikel "Schlepper und
Lumpen" tat) zwischen lebensrettender Fluchthilfe auf der einen, Mord und
Zuhälterei auf der anderen Seite auch nur irgendeinen Unterschied
zuzulassen.

Nicht, dass mich das wundert; Kurz ist ja auch stolz darauf, die
"Balkanroute" geschlossen zu haben. Er ist einer derjenigen, die schuld
daran sind, dass verzweifelte, schutzsuchende Menschen keinen Zugang
erhalten zum Menschenrecht auf Asyl, sondern unterwegs verkommen, ertrinken,
in Elendslagern dahinvegetieren.

Um seine Asylblockade zu brechen, wird daher auch in Zukunft Fluchthilfe
nötig sein.

Birgit Hebein und ich können uns (derzeit wenigstens noch) ganz gut wehren.
Wir sind in unsere sozialen Netzwerke eingebettet, deren Mobilisierungskraft
immerhin zur Einstellung des damals gegen mich inszenierten Verfahrens
führte.

Aber die kleinen "Schlepper", die Herr Kurz jagen möchte, und die nichts
anderes tun, als Ihresgleichen zu helfen, mit ihnen solidarisch zu sein,
denen fehlt zu unserer Schande jeder Schutz. Auch der grüne
Diskussionspartner des Kurz ging darauf nicht im Geringsten ein.

So sind die Zustände in diesem Land. Aber das ist uns nicht neu. Unser Weg
hat vor langer Zeit begonnen; er ist mühsam und steinig. Am Ende werden wir
siegen. ###

Quelle:
http://www.asyl-in-not.org/php/noch_einmal_schlepper_und_lumpen,22617,48069.html




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