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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 13. Juni 2019; 19:14
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Polizei/Debatte:

> Gehen Sie weiter!

Daß das Kriminalisieren von Videodokumentationen von Amtshandlungen
ständig Thema ist, beweist auch ein Blogbeitrag von *Philipp Sonderegger*
vier Tage vor den Geschehnissen bei der Klimademo:
*

Nicht nur mit Sichtblockaden behindern Polizist*innen die Beobachtung von
Einsätzen. Die blaue Polizeigewerkschaft geht mit Klagen gegen das Filmen
von Amtshandlungen vor. Das könnte sich abschreckend auf die Tätigkeit von
Journalist*innen und anderen Beobachter*innen auswirken. Der ORF sekundierte
den HardlinerInnen mit einem tendenziösen Bericht.

Ein "rechtlicher Präzedenzfall" berichtet das ORF-Landesstudio Kärnten in
einem Fernsehbeitrag und auf der Website. Ein Polizist habe sich vor Gericht
gegen ein Video gewehrt, das ein kontrollierter Autolenker vom Einsatz
gemacht und per Messenger verbreitet habe. Das Prozessrisiko trug die Freie
Exekutivgewerkschaft. Bei widerrechtlicher Veröffentlichung "drohen hohe
Strafen" so der Beitrag, der Polizist habe aber "Recht bekommen", der
"Beschuldigte" müsse nun Prozesskosten in der Höhe von 6.000 Euro
begleichen. In Polizeikreisen wurde bereits mit Genugtuung auf diese
Trendwende in der Rechtssprechung reagiert.

Von Präzedenzfall keine Rede

Doch die Geschichte nimmt eine Wendung. Ein einfacher Anruf beim
Landesgericht in Klagenfurt brachte zu Tage, dass gar niemand verurteilt
wurde. Vielmehr schlossen der Autolenker und der Polizist einen
zivilrechtlichen Vergleich, wobei der Autolenker in die Übernahme der
Gerichts- und Anwaltskosten einwilligte. Einmal davon abgesehen, dass
nachgeordnete Instanzen keine Präzedenzurteile fällen, sondern
Obergerichte - der Fall wird allein schon deshalb nicht zum juristischen
Maßstab, weil bei einem Vergleich kein Urteil ergeht.

Von der angeblichen Trendwende in der Rechtssprechung bleibt nix über. Die
möglicherweise kreditschädigenden Angaben, die eine Verurteilung des
Autofahrers suggerieren, wurden vom ORF Kärnten mittlerweile korrigiert.
Nicht korrigiert wurde der Spin vom Präzedenzfall, den die FPÖ-nahe
Exekutivgewerkschaft mit ihrem Rechtsschutzfonds finanzierte. Die blauen
Polizisten frohlocken und sehen sich durch den ORF bestätigt. Und so könnte
das Verfahren gegen den Autofahrer doch noch zu einem "Präzedenzfall"
werden. Nämlich insofern als Beobachter*innen künftig beim Dokumentieren von
Polizeieinsätzen übertrieben vorsichtig agieren. Diese einschüchternde
Wirkung nennen Menschenrechtler "Chilling-Effekt".

Rechtslage

Wie ist die Rechtslage tatsächlich? Wer Videoaufnahmen von einem
Polizeieinsatz veröffentlicht muss am konkreten Fall abwägen, ob das
öffentliche Interesse an staatlichen Handlungen die Persönlichkeitsrechte
Uniformierter überwiegt. Sehr verkürzt gesagt gilt: ein herabsetzendes
Bloßstellen einzelner ist nicht zulässig, ist ein*e Polizist*in Teil des
öffentlichen Geschehens, geht die Veröffentlichung ok. Und das ist gut so.
Niemand soll in sozialen Medien an den Pranger gestellt werden. Aber dem
innerstaatlichen Gewaltmonopol der Polizei steht der Bedarf nach
umfangreicher öffentlicher Kontrolle gegenüber. Und oft ermöglicht erst der
Videobeweis den Zugang zu einer wirksamen Beschwerde.

Quelle: https://phsblog.at/gehen-sie-weiter ###



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