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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 2. Mai 2019; 01:54
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Glosse:

> Labour Day reloaded

Ein VERWORTET-Spezial zum Staatsfeiertag

Ich gebs ja zu, ich bin bei den modernen Wortschöpfungen immer ein bisserl
hintennach. Von der KPÖ-Spitzenkandidatin zur EU-Wahl habe ich jetzt Kunde
erhalten vom Begriff "alter-globalization". Was das heißt? Naja, das soll
irgendwie so ein Gegenbegriff zur Globalisierung sein, also die "andere
Globalisierung", die von unten. Und ich alter Depp hab geglaubt, das gäbe es
schon lange und man sage "Internationalismus" dazu.

Aber ich bin immer fähig, dazuzulernen! Ich habe mir erklären lassen, daß
"Internationalismus" heute einfach nimmer akzeptabel sei, weil das habe was
mit Nationen zu tun und die wolle man ja nimmer als Begriff. Außerdem sei
dieser alte Internationalismus doch so kommunistisch und proletarisch, wie
mir Wikipedia erklärt, und die Alter-Globalization sei halt nimmer so
negativ gegen den Freihandel, sondern eben positiv für die Menschenrechte.
Ich schließe daraus, daß der moderne resp. postmoderne Linke nichts mehr
gegen den Kapitalismus hat, sondern halt nur einen anderen Kapitalismus
möchte, einen mit Menschenrechten.

Puh, na, da habe ich aber noch viel nachzulernen! Mein Denken ist ja noch
sowas von 20.Jahrhundert!

Gut, aber ich hätte da noch ein paar Fragen! Zum Beispiel: Singen wir jetzt
die Alter-Globalisationale? Und was ist mit dem 1.Mai? Ja, ich hab schon
verstanden: "Internationaler Kampftag der Arbeiterbewegung" geht so gar
nimmer. Weil "Arbeiter" gehörte gegendert, wenn es nicht überhaupt als
Begriff diskrimierend wäre. "Kampf" ist viel zu gewalttätig! Und "Klasse",
nein, das ist doch klassistisch! "Schicht"? Nein, weil das wäre ja dann die
"Unterschicht" und das ist erst recht klassistisch und überhaupt so
sozialpornomäßig.

Naja. Wie wäre es mit: "Anders globalisierter Gedenktag der Gruppe der
unselbständig Erwerbstätigen!"

Holpert ein bisserl. Und die neuen Selbständigen kommen nicht vor! Überhaupt
ist ja Arbeit viel mehr als Erwerbsarbeit! Dann wären wir wieder beim guten
alten "Tag der Arbeit". Geht aber auch nicht. Weil das muß natürlich auf
Englisch sein, weil Englisch ist ja international! Ah, nein, global
natürlich! Und irgendwo muß man ein Sternderl unterbringen, um zu betonen,
daß es ja um die Arbeit aller sozialer Geschlechter geht.

Also letzter Versuch: "Heraus zum World* Work Celebration Day!"

Und wir singen: "The alter-globalizational makes human rights possible!"

Ich hoffe, das geht jetzt einigermassen in Ordnung!

*Mario Czerny*


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