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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 10. April 2019; 16:07
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Europäisches:

> Slowenien orbanisieren?

Viktor Orban mag es nicht, in einer Karikatur mit Hitlergruß dargestellt zu
werden. Gut, das ist verständlich, wer mag das schon? Allerdings wäre es
nicht Orban, würde er da nicht heftig intervenieren. Ärgerlich für ihn ist
aber natürlich, daß das keine ungarische Zeitung war, die ihn so karikierte,
sondern eine slowenische. Weswegen er seine Botschafterin in Ljubljana an
die slowenische Regierung schreiben ließ, diese möge doch sowas unterbinden.
So ging die Sache zum Teil auch bei uns durch die Medien -- Orban, der
Despot, glaubt, auch anderswo Pressefreiheit abdrehen zu können.

Nur: Man muß da nochmal genauer hinsehen. In dieser Zeitungsgeschichte geht
es nur teilweise um Orban. Vor allem ist der Einfluß Orbans auf die
slowenische Politik das Thema, konkret auf die derzeit stärkste Partei SDS.
Deswegen sind auch führende SDS-Politiker in der Karikatur zu sehen, vor
allem der Parteichef Janez Jansa, wie er Orban anhimmelt. Der ungarische
Regierungschef hatte ja auch im slowenischen Wahlkampf 2018 die SDS massiv
unterstützt -- und sie dabei auch immer noch weiter nach rechts gerückt. Der
ehemalige Verteidigungsminister und Regierungschef Jansa ließ auch keine
Gelegenheit aus, zu zeigen, welche gute Freunde Orban und er denn seien. Nur
ist ihm halt eine Orbanisierung Sloweniens bisher mißlungen -- nachdem er
über mehrere Korruptionsgeschichten gestolpert ist, will trotz Wahlerfolg
niemand mehr mit ihm eine Regierung bilden.

Der Verdacht drängt sich auf, daß es Orban eigentlich sehr egal sein kann,
ob er in Slowenien mit erhobenem rechtem Arm abgebildet wird. Es kann ihm
aber nicht egal sein, wenn einer der wenigen Verbündeten, die er in der
Europäischen Volkspartei noch hat, derart durch den Kakao gezogen wird.

Hintergründe und Vorgeschichten

Die slowenische Regierung ließ dem Vernehmen nach Orbans Botschafterin
abblitzen und erklärte, daß es in Slowenien nicht üblich sei, daß die
Regierung Zeitschriftencover bewerte. Daß sich die Diplomatin in der
ungarischen Botschaft vor einer historischen Karte Groß-Ungarns ablichten
hat lassen -- wo Teile des heutigen Sloweniens zu Ungarn gehören -- hat wohl
das Verhältnis der jetzigen Regierung zu Orban auch nicht gerade verbessert.
Denn diese Teile Sloweniens sind auch jene Gebiete, in denen Budapest recht
heftig investieren läßt. Vom Versprechen der ungarischen Staatsbürgerschaft
für die dort lebende magyarische Minderheit gar nicht zu reden. Kein Wunder
also, daß man in Ljubljana mehr Engagement vom nördlichen Nachbarn
befürchtet als nur die Kritik an Zeitschriftenaufmachern.

Und auch kein Wunder, wenn Orban es lieber hätte, wenn sein Spezl Jansa
Regierungschef wäre. Denn dieser stünde den Plänen des modernen
Reichsverwesers wahrscheinlich weitaus wohlgesonnener gegenüber.

Die Sache hat aber auch eine Vorgeschichte, die nichts mit Orban zu tun hat
und fast drei Jahrzehnte zurückreicht. Im Frühling 1991 wurde ein Journalist
einer vom Jugendverband des Kommunistischen Bundes herausgegebenen
Zeitschrift schlagartig international bekannt, weil er Pläne der
Jugoslawischen Volksarmee zur Bekämpfung von Demonstranten aufdeckte und
dafür vor Gericht kam. Damit begann nämlich die politische Karriere von
Janez Jansa im zerfallenden Jugoslawien. Und diese Zeitschrift namens
"Mladina" gibt es in Slowenien immer noch -- und sie ist immer noch höchst
kritisch gegenüber der Obrigkeit. Wer errät, wessen Cover diese
Orban-Jansa-Karikatur zierte? Ja, so ändern sich die Zeiten...
-br-

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