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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 14. November 2018; 16:57
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Kommentierte Presseschau:

> Lügen mit Bildern

(Zum Titelblatt des Kurier vom 17.10.2017)

Die Schlagzeile am Titelblatt lautet: "Arbeitslose sollen mobiler werden".
Darunter, etwas kleiner, die Erläuterung: "Von Ost nach West.
Arbeitssuchende sollen in Österreich dorthin, wo sie gebraucht werden. Die
schrittweise Kürzung des Arbeitslosengeldes soll laut Experten Mazal den
Druck erhöhen." Die große Grafik zu diesem Text zeigt eine am linken
Bildrand, also im Westen, positionierte Hand, die einen Magneten hält, der
eine am rechten Bildrand, also im Osten, positionierte Gruppe von Menschen
anzieht, was dadurch illustriert wird, dass die Menschen zum Magneten
hinlaufen.

Die Botschaft dieser Grafik ist eine glatte Lüge. Denn eine der Wahrheit
näher kommende Illustration der obigen Meldung müsste eine am rechten
Bildrand positionierte Hand zeigen, welche an der Kurbel eines Schraubstocks
dreht und dadurch den Druck der beiden Backen des Schraubstocks auf die in
ihm eingespannten Menschen so stark erhöht, dass ein Teil von ihnen nach
Westen zu hinausgedrückt wird.

Würde eines der heimischen Schmuddelblättchen die Meldung über eine
Vergewaltigung mit dem erotisch knisternden Foto eines im Liebesspiel
verschlungenen Paares illustrieren, dann wäre der Kurier wohl eines der am
lautesten aufschreienden Qualitätsmedien. Bei der
Wirtschaftsberichterstattung nimmt man es selbst aber offensichtlich bei
weitem nicht so genau mit der Korrektheit der Bildsprache

*

> Der kleine Unterschied

(Anfang November mehrten sich Zeitungsmeldungen und Kommentare zu den hohen
Gehältern und Rolex-Uhren bekannter Links-Politiker.)

Wenn sich bei den Wählern Unmut breit macht angesichts von Spitzenvertretern
der Sozialdemokratie, die mit einer Rolex am Handgelenk in die Kameras
winken, dann rücken die Kommentatoren der heimischen Mainstream-Presse auf
breiter Front zur Beruhigung aus. Das Wacheln mit Symbolen bürgerlichen
Wohlstands sei völlig in Ordnung, weil ja die Anführer des Proletariats
immer schon aus dem gehobenen Bürgertum kamen und über beträchtlichen
Reichtum verfügten. Man verweist dabei gern auf Friedrich Engels, der aus
einer Industriellenfamilie stammte, und auf Viktor Adler, der von seinem
Vater ein Immobilienvermögen erbte.

Diese Argumentation übersieht einen kleinen, aber entscheidenden Unterschied
zwischen damals und heute:

Die Arbeiterführer des neunzehnten Jahrhunderts, besaßen ihr Vermögen schon
VOR ihrem Kampf für die Besserstellung des Proletariats, und setzten es für
diesen Kampf ein. So unterstützte etwa Engels jahrzehntelang die Familie des
brotlosen Gelehrten Karl Marx, während Adler mit dem Verkauf des väterlichen
Immobilienerbes die Gründung der Wochenzeitung "Gleichheit", des
Vorläuferblatts der späteren Arbeiter-Zeitung, finanzierte.

Die heutigen Spitzen der Sozialdemokratie dagegen werden meist erst IM
GEFOLGE ihres politischen Engagements reich, weil sie die während ihrer
politischen Tätigkeit geknüpften Netzwerke nach der Zurücklegung ihrer
Regierungsfunktionen mehr oder weniger geschickt zu Geld machen. So lese ich
etwa im Kurier vom 7.11.2018, dass Alfred Gusenbauers Projektentwicklung &
Beteiligung GmbH Ende 2017 einen kumulierten Reingewinn von rund 10
Millionen Euro ausweist, und das von Werner Faymann gegründete
Beteiligungsunternehmen bereits am Ende seines ersten vollen Geschäftsjahrs
einen Reingewinn von rund 200.000 Euro meldet. Angesichts solcher
Nachrichten braucht es keine rechtspopulistischen Einflüsterer mehr, um in
dem seit Jahren immer wieder mit Reallohnsenkungen konfrontierten
Arbeitsvolk das Gefühl entstehen zu lassen, man werde von der
Sozialdemokratie verraten.

Oder dürfen wir darauf hoffen, dass einer dieser feinen Genossen sein
Vermögen demnächst in den Aufbau eines großen Medienprojekts in der
Nachfolge der 1991 verblichenen Arbeiter-Zeitung investiert? Ich glaub es
ehrlich gesagt nicht, lass mich aber gerne überraschen.

*

> Kurz liebt es ordentlich

(Zu einer Aussage unseres Bundeskanzlers anlässlich der Kür von Manfred
Weber zum Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei bei der nächsten
EU-Wahl)

Sebastian Kurz in der ZIB 1 vom 9.11.2018: "Manfred Weber steht für ein
starkes Europa, hat ein ordentliches Wertefundament, ist gegen den Beitritt
der Türkei zur Europäischen Union und für eine ordentliche Sicherung unserer
Außengrenzen."

Ich hoffe inständig, dass das, was der Herr Bundeskanzler unter einem
ordentlichen Wertefundament und einer ordentlichen Sicherung unserer
Außengrenzen versteht, möglichst wenig zu tun hat mit jener Form von
Ordentlichkeit, die einst zu der "ordentlichen Beschäftigungspolitik"
führte, von der unser seliger Jörgl schwärmte.

Zeitungsleser: *Karl Czasny*



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