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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. Juni 2018; 10:52
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Liste Pilz / Politiker / Glosse:

> Es ist halt auch ein Job

Zur Tragikomödie um die Liste Pilz wäre viel zu sagen. Die Partei ist
nachhaltig beschädigt und die Regierungsparteien werden sicher auch
weiterhin versuchen, jede politische Oppositionsarbeit aus dieser Ecke mit
spöttischen Bemerkungen über die Startschwierigkeiten der Pilzianer abzutun.
Bei all dem Moralgetue -- innerhalb der Liste Pilz, aber vor allem von
Seiten der Kommentatoren -- kommt zwar auch vor, daß es den Beteiligten so
nebenbei auch um gut bezahlte Jobs geht. Zuletzt war das Thema die Einkünfte
des jetzigen Klubobmanns. Aber kaum jemand stellt die Frage, ob es nicht
auch verständlich und legitim ist, darum zu kämpfen, diesen Beruf weiter
ausüben zu können.

An der Liste Pilz zeigt sich das Dilemma neuer und kleiner Mitbewerber im
Nationalrat: Politik ist für diese noch viel mehr ein persönliches Risiko
als für die anderen. Martha Bissmann hat nach eigenen Angaben einen guten
Job aufgegeben, um Pilz-Wahlkampf zu machen -- ein großes Risiko, weil ein
zweites steirisches Mandat war genauso unwahrscheinlich, wie daß Pilz nicht
sein steirisches, sondern sein Mandat vom Bundeswahlvorschlag annehmen
würde. Für Bissmann war also das Engagement ein "stranded investment" --
unerwarteterweise konnte sie dann aber doch noch ein NR-Mandat lukrieren,
daß sie dann natürlich nicht mehr hergeben wollte. Daß sie dann in völliger
Selbstüberschätzung versucht hat, die Liste Pilz ganz zu übernehmen und ihre
persönlichen Interessen feministisch verbrämte, steht auf einem anderen
Blatt.

Ähnlich bei Pilz: Dieser empfand nach seiner Schilderung, daß seine Existenz
völlig von seinem Politjob abhänge. In Pension wollte er nicht gehen --
obwohl er wohl noch nach der alten Regelung vor Erreichen des gesetzlichen
Alters eine Politikerpension bekommen hätte. Am AMS wäre er wohl fehl am
Platz gewesen, wollte er doch zurück in den Nationalrat. Also ließ er sich
von der Partei anstellen.

Exitstrategien wie bei Großparteien gab es für Bissmann wie für Pilz
hingegen nicht -- also ein Job bei einer Kammer oder bei Raiffeisen oder
irgendwas als Manager oder Berater -- erstens, weil weder sie noch er diese
Jobs gekriegt hätten, und zweitens, weil es mahnende Beispiele wie
Gusenbauer oder Glawischnig gibt. Mit sowas hätten sie ihre Glaubwürdigkeit
und damit die ihrer Partei noch mehr beschädigt.

Mir tun natürlich diese Spitzenpolitiker nicht wirklich leid -- schließlich
habe ich in meinem Leben noch nie mehr als einen kleinen Bruchteil von deren
Gehältern verdient. Und sicherer waren meine Einkünfte auch nie. Aber
Politiker einer kleinen und damit äußerst prekären Partei, die nicht im
Hintergrund das Kapital oder große Institutionen haben, muß man nunmal
anders beurteilen, wenn sie ihren Job behalten wollen -- eben anders als
solche von SPÖ, ÖVP, FPÖ oder auch den NEOS.

Weil: Wenn die mal zurücktreten müssen oder abgewählt werden, "gehen sie in
die Wirtschaft".
*Bernhard Redl*



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