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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Freitag, 11. Mai 2018; 20:43
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> Stopptdierechten.at

Aus naheliegenden Gründen offiziell wieder seit dem 8.Mai online ist
Stopptdierechten.at. Die Site verkündete an diesem Tag: "Um
Stopptdierechten.at über den Start hinüberzutragen, brauchen wir erstens
Eure Unterstützung, indem Ihr Beiträge von uns weiterverbreitet,
kommentiert, verlinkt und uns mit Infos versorgt." Der Aufforderung der
Weiterverbreitung kommt die akin wie schon früher auch jetzt gerne wieder
nach. Diesmal allerdings nicht mit einem Aufreger, sondern mit einem
Versuch, doch wieder der in letzter Zeit etwas mangelnden Analysefähigkeit
der antifaschistischen Bewegung auf die Sprünge zu helfen. Nebstehender Text
mag viel Altbekanntes enthalten, erscheint aber durchaus dafür geeignet,
fruchtbringende Theoriediskussionen anzuregen. Denn um etwas bekämpfen zu
können, muß man es erst einmal verstehen.

Zweitens aber bittet die Plattform um Spenden. Auch das ist eine notwendig
zu verbreitende Info: Geld also bitte überweisen an: Stoppt die Rechten,
Sparkasse Neunkirchen Gloggnitz, IBAN AT 46 2024 1050 0006 4476

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> Was ist Faschismus?

Eine Analyse des Politikwissenschaftlers *Alexander Winkler* für
Stopptdierechten.at

Der Begriff des Faschismus geht ursprünglich auf eine politische
Massenbewegung in Italien zurück, welche nach dem Ende des Ersten
Weltkrieges gegründet wurde. Das Wort "fasces", nach dem sich die
faschistischen Kampfbünde "fascio di combattimento" benannten, bezeichnet
das lateinische Herrschaftssymbol der Liktoren (eine Art Leibgarde der
Herrscher im alten Rom), ein Rutenbündel mit einer Axt in der Mitte. Sie
symbolisierten den bündischen Zusammenhalt und zugleich zeigten sie die
Berechtigung, Körper- und Todesstrafen zu verhängen. Schon bald wurde der
Name jener Bewegung rund um Benito Mussolini, die 1922 in Italien an die
Macht kam, zum oft ungenauen und inflationären Sammelbegriff für ähnliche
Bewegungen in anderen Ländern. Als Gemeinsamkeiten werden hierbei eine
(völkisch) nationalistische, antisozialistische, autoritäre und
antiparlamentarische ideologische Stoßrichtung genannt. Was und wer nun aber
als faschistisch zu gelten habe, ist nach mittlerweile 90 Jahren Diskussion
(auch innerhalb der Linken) weiterhin umstritten. Ganz zu Schweigen von
Charakter und Funktion, die der Faschismus innerhalb jener Verhältnisse
einnimmt, die ihn hervorgebracht haben: die bürgerlich-kapitalistische
Gesellschaft.

Fest steht, dass nicht jede bösartige Diktatur automatisch unter dem Begriff
des Faschismus zu fassen ist. Der inflationäre Gebrauch des
Faschismusbegriff erschwert eine einfache Darstellung und klare Einordnung.
Im Folgenden soll es darum gehen, einen kurzen Überblick über die
wichtigsten Faschismustheorien zu bieten, die Unterschiede zwischen dem
italienischen Faschismus und dem deutschen Nationalsozialismus
herauszustellen und den Gründen für die gesellschaftliche Wirkmächtigkeit
faschistischer Ideologien und Bewegungen nachzugehen.

Der Faschismus ist ein zutiefst widersprüchliches Phänomen. Er trägt sowohl
"revolutionäre" wie auch konservative Elemente in sich. Häufig wird dabei
zwischen dem Faschismus als Ideologie und dessen Bewegungsphase einerseits
und dem Faschismus an der Macht andererseits unterschieden. In Italien
zeichnete sich der Faschismus an der Macht durch ein Bündnis mit den
herrschenden Eliten aus Politik, Wirtschaft und Kirche aus und vollzog die
Zerschlagung der Linksparteien und Gewerkschaften, schaffte die
parlamentarische Demokratie und erkämpfte Arbeiter*innenrechte ab und
arbeitete zusammen mit Unternehmen an der Militarisierung der Gesellschaft,
welche im Krieg kulminieren sollte. Dieses Bündnis mit den herrschenden
Eliten wird in der sogenannten Bonapartismustheorie, die sich stark an Marx'
Schriften der niedergeschlagenen Revolution in Frankreich orientiert,
aufgegriffen und hebt die Verselbstständigung der Exekutive gegenüber den
anderen staatlichen Gewalten hervor.


Hinter dem Faschismus steht das Kapital?


Die Fokussierung auf den funktionalen Charakter des Faschismus für das
Kapital und die herrschende Klasse, in Zeiten einer kapitalistischen Krise
die Gefahr einer Revolution des Proletariats niederzuschlagen, führte im
Marxismus-Leninismus zu einem starken Bezug auf Georgi Dimitrow. Seine
zentrale These lautete, dass der Faschismus die "terroristische Diktatur der
am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des
Finanzkapitals" sei. Diese Theorie blendet jedoch nicht nur den
"avantgardistischen" und "revolutionären" Charakter faschistischer
Ideologien in ihrem Selbstverständnis aus, sondern folgt auch einem
ökonomistischen Reduktionismus, der nicht nach den sozio-politischen,
sozialpsychologischen Bedingungen des Aufstiegs des Faschismus als
Massenbewegung fragt.


Der autoritäre Charakter und die Faschismus-Skala.


Eben dieser Frage, warum sich nämlich ein Großteil der Arbeiter*innenklasse
statt für eine proletarische Revolution zu kämpfen dem Faschismus zuneigte,
geht die Kritische Theorie nach. Allen voran Theodor W. Adornos Studien zum
autoritären Charakter zeigen auf, dass es nicht nur einer "von oben" herab
verordneten Politik bedarf, sondern auch eines Bedürfnisses "von unten", um
den Faschismus zu erklären. In der Faschismus-Skala werden zentrale
Charaktereigenschaften angezeigt, die als Bedingung für die Annahme
faschistischer Ideologien ausgemacht werden. Darunter finden sich
Eigenschaften wie eine signifikante Ich-Schwäche, eine starre Fixierung auf
Werte mittelständischer Konventionen, autoritäre Untertänigkeit bei
Autoritäten der Eigengruppe, Aggressionen und Bestrafungsphantasien
gegenüber jenen, die vermeintlich oder tatsächlich konventionelle Werte
verletzen, Aberglaube und Stereotypie, Kraftmeierei, Zurschaustellung von
Stärke und Robustheit verbunden mit Verachtung gegenüber Schwachen,
Destruktivität und Zynismus, Neigung zur Projektion und zur Hervorhebung des
Sexuellen, Abwehr des Subjektiven, Phantasievollen und Sensiblen. Dadurch
geht auch die Fähigkeit zur Selbstreflexion verloren. Das Fehlen der
Eigenständigkeit führt zum Verlangen nach starren, stereotypen Strukturen
und zur Abwehr der Ambivalenz. Die Selbstbeherrschung und die Anpassung an
die Konventionen und Werte der Gesellschaft, die Verinnerlichung des
gesellschaftlichen Zwangs, um ihn erträglich gestaltbar zu machen, führen in
weiterer Folge zur Abspaltung eigener unterdrückter, weil unerwünschter
Triebimpulse und zu Projektion auf "Andere". Dieser Mechanismus geht soweit,
dass die physische Verfolgung von Nicht-Identischen als psychische
Entlastung möglich wird. "Dieser Mechanismus lässt sich als negativ
gewendete Wunschvorstellung bezeichnen, negativ im Sinne eines sich im Hass
auf ,die anderen' manifestierenden Selbsthasses. [.] Was man selbst nicht
haben kann, soll auch kein anderer besitzen. Der ,Gedanke an Glück' muss
ausgetrieben werden." Mit diesem Vorgang der Projektion lassen sich eine
Vielzahl an rassistischen und antisemitischen Ressentiments erklären, deren
Grundlage die kapitalistische Gesellschaft bildet, zu der sich die einzelnen
Menschen als arbeitsproduktive und staatsloyale Subjekte zurichten müssen.
Neben dem Vorgang der Projektion, der solcher Zurichtung folgt und dem
Bedürfnis nach starren und rigiden Grenzziehungen um sich eine Identität zu
zimmern, in einer Gesellschaft in der der in der Konkurrenz Vereinzelte
tendenziell überflüssig und ersetzbar ist, gehören autoritäre
Unterwürfigkeit und autoritäre Aggression gegen Fremdgruppen zu zwei Seiten
der gleichen Medaille. Der starke Staat dient hier als Quelle von Kraft in
einer Welt voller Ohnmacht, der man sich unterzuordnen habe. Die
Aggressionen und Bestrafungsphantasien werden auf Einzelne und Gruppen
abgeleitet, die als schwach gelten und aus der Eigengruppe ausgeschlossen
werden.


Die Massenpsychologie des Faschismus und die Furcht vor der Freiheit


Neben Adorno sind es vor allem Wilhelm Reich und Erich Fromm, die in ihren
Werken "Massenpsychologie des Faschismus" und "Die Furcht vor der Freiheit",
auf die subjektive Ebene in der Darstellung faschistischer Ideologien
eingehen. Der im Faschismus kultivierte Antiindividualismus, dass der
Einzelne sich dem "großen Ganzen", dem Volk und dem Führer unterzuordnen
habe, verspricht dem Einzelnen eine persönliche narzisstische Aufwertung und
kann als "Rationalisierte Furcht vor der Freiheit" verstanden werden, die
von der Sehnsucht nach Einfachheit, Klarheit und der Auflösung von
Komplexität geprägt ist. Das Aufgehen im (nationalen) Kollektiv, das nur mit
der Preisgabe der eignen Individualität zu haben ist, bietet Schutz vor den
Zumutungen der modernen Arbeitsgesellschaft, stiftet Geborgenheit und Wärme
in einer erkalteten Welt. Zudem lassen sich hier Privilegien und Rechte für
die Eingeschlossenen durch den Ausschluss der "Anderen" behaupten.


Autoritäre Revolte gegen die Moderne


Der Soziologe Zeev Sternhell versucht demgegenüber die faschistische
Ideologie ideengeschichtlich herzuleiten. Der Faschismus verneint die offene
Gesellschaft und bejaht die geschlossene Gemeinschaft. Auf das "unvollendete
Projekt der Moderne", die sich durch Rationalismus, Egalitarismus und eine
vernünftige Gestaltung der Lebensverhältnisse auszeichnet, proklamiert der
Faschismus eine Absage an die Moderne und die Werte der Aufklärung. Die
tiefgreifenden politischen, sozialen und ökonomischen Umwälzungen, die mit
der Durchsetzung der kapitalistischen Produktions- und Lebensweise
einhergehen, befreiten die Menschen zwar aus dem direkten, persönlichen
Zwang, konnten aber die Versprechen der Moderne nicht einlösen. Anstatt die
Einlösung dieser Versprechen zu fordern, antwortet der Faschismus auf die
als sinnlos und entfremdet wahrgenommene Moderne damit, die Menschen wieder
durch eine höhere Ordnung, durch die rechten Mythen von Volk und Nation und
vor allem durch eine neue organische Elite, in Dienst und Zucht zu nehmen.
Dem Faschismus gilt die parlamentarische Demokratie und das abstrakte Recht
als westliche Dekadenz, wenn nicht als "jüdische Machenschaft", welche nicht
mit dem als natürlich gedachten Wesen in Einklang zu bringen sind. Der
faschistische Rechtstheoretiker und Kronjurist des Dritten Reiches, Carl
Schmitt, bringt die faschistische Vorstellung auf den Punkt, wenn er davon
spricht, dass nicht der Bürger sondern der Soldat die neue Gemeinschaft
erschafft. Der Faschismus entwirft das Bild des soldatischen Mannes
(Theweleit), einer heroischen Männlichkeit, die sich von allem Schwachen und
Weichlichen abgrenzt. Antifeminismus ist in dieser Ideologie immanent
vorhanden, der männliche Krieger, der Tugenden wie Furchtlosigkeit,
Tapferkeit und Opferbereitschaft in sich trägt, ist das Idealbild. Die
direkte politische Tat - die Gewalt - und Kompromisslosigkeit wird als
"faschistischer Stil" gegen die Vermittlungen der modernen Gesellschaft in
Stellung gebracht. Die Vorstellung von Staatlichkeit kann als Apologie
dieser Gewalt verstanden werden: "Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand
entscheidet" , der persönliche Befehl wird gegen das abstrakte "jüdische"
Recht in Stellung gebracht. Den Charakter des Nationalsozialismus als
"Unrechtsstaat", in der das Recht zwar als Form erhalten bleibt, aber
inhaltlich komplett entleert wird, hat Franz Neumann in seinem Werk
"Behemoth" analysiert.


Volksgemeinschaft statt Klassengesellschaft


Faschismus und bürgerliche Gesellschaft sind nicht das Selbe, auch wenn
reaktionäre Ideologien Produkte der bürgerlichen Gesellschaft sind. Der
Faschismus gibt sich antibürgerlich. Oder wie Moishe Postone es beschrieben
hat, er ist die konformistische Revolte gegen das Kapital, auf Grundlage des
Kapitals. Gegen die bürgerliche Freiheit setzt der Faschismus den
Antiindividualismus und das Gemeinschaftsdünkel, gegen die formelle
Gleichheit proklamiert er die prinzipielle Ungleichheit der Menschen und den
völkischen Rassismus. Und gegen die Vernunft stellt er nationale Mythen,
Blut und Boden und den Irrationalismus. Ein idyllisches Bild einer
romantischen Vergangenheit wird entworfen, die für den Faschismus
Legitimationsgrundlage und Zielvorstellung gleichermaßen darstellt -
verbunden mit apokalyptischen Untergangs- und Rettungsphantasien, in der der
Führer die erhoffte Erlösung bringen soll. Die Widersprüche der modernen
Gesellschaft sollen autoritär versöhnt werden in einer Blutsgemeinschaft aus
Herrschern und Beherrschten. In der Vorstellung der Volksgemeinschaft, einem
der zentralen Begriffe des Faschismus, soll die Kassengesellschaft negativ
aufgehoben werden. In dem antisemitischen Angriff auf die abstrakte Seite
des Kapitalismus (globale Finanzwirtschaft, Zinsen usw.) wird ein
"nationaler Sozialismus" proklamiert, der die Eigentumsverhältnisse und die
Produktionsweise nicht in Frage stellt. Dieser völkische,
ressentimentgeladene "Antikapitalismus" ist nicht nur bloßer "Schein" um die
Arbeiter*innen zu ködern, sondern letztendlich zentraler Bestandteil des
mörderischen Antisemitismus. Hinter den unverstandenen Zwängen und Dynamiken
des Kapitalismus wird eine geheime, verborgene, globale Verschwörung
imaginiert. Die Juden und Jüdinnen erscheinen als die Personifikation des
"raffenden" Kapitals, welches dem "schaffenden" Volk gegenübersteht.


Die proletarische Nation? Der "linke" Beitrag an der Entstehung
faschistischer Ideologie.


Philosophisch richtet sich der Faschismus gegen Liberalismus und Marxismus
und zeichnet sich durch Antiindividualismus, Antiegalitarismus und
Antihumanismus aus. Politisch-ideologisch stellt der Faschismus eine
Synthese von völkischem Nationalismus und der Marxrevision des französischen
Philosophen und Syndikalisten Georges Sorels dar. Diese Analyse teilt
anscheinend auch Armin Mohler, der "geistige Vater" der "Neuen Rechten" in
Deutschland, wenn er in einem Interview meint: "Faschismus ist für mich,
wenn enttäuschte Liberale und enttäuschte Sozialisten sich zu etwas neuem
zusammenfinden. Daraus entsteht, was man Konservative Revolution nennt." Der
Beitrag Sorels für das Entstehen der faschistischen Ideologie, der auch
Mussolini stark beeinflusste, ist nicht von der Hand zu weisen. Die
italienischen Faschist*innen griffen Sorels Lehre von der
Mobilisierungsfähigkeit sozialer Mythen für Bewegungen auf. Sorel ersetzte
das Proletariat durch den Mythos der Nation und betrachtete die Gewalt als
wichtigstes politisches Mittel um die Scheidung zwischen Freund und Feind zu
intensivieren, dessen äußerste Konsequenz der Krieg darstellt.


Faschismus oder Nationalsozialismus?


Inwiefern der deutsche Nationalsozialismus mit dem Begriff des Faschismus zu
fassen ist, ist nicht so einfach zu beantworten. Die Bezüge auf die
faschistische Ideologie, die der Nationalsozialismus vorweist, ist nicht von
der Hand zu weisen - von der Übernahme des Begriffs "Duce", also Führer, dem
faschistischen Gruß bis zu vielfachen ideologischen Übereinstimmungen.
Dennoch verblassen hinter dem Spezifikum des Nationalsozialismus, dem
industriell betriebenen, millionenfachen Massenmord am europäischen
Judentum, die Gemeinsamkeiten. Zudem konnte der Nationalsozialismus sich
viel mehr von den Eliten lösen, die ihn zur Macht verholfen haben, als es
dem italienischen Faschismus möglich war - unter anderem ein Grund für die
ideologische Eskalation und dem sukzessiven Verfall des Staates in
Nazideutschland. Vor allem die Shoah, welche staatlich betrieben und
akribisch-bürokratisch umgesetzt wurde, kann und muss als
Alleinstellungsmerkmal des Nationalsozialismus im Vergleich zu anderen
faschistischen Regimen gelten.


Moderner oder anti-moderner Faschismus?


Die Frage, ob der Faschismus eine moderne Bewegung ist, ob er als
Betriebsunfall zu gelten habe oder innerste Konsequenz des Kapitalismus mit
samt seinen Verwerfungen darstellt, ob er eine Form der Krisenlösung oder
nur eine andere Form kapitalistischer Herrschaft darstellt oder doch etwas
mit der bürgerlichen Gesellschaft Unvergleichbares, kann so nicht eindeutig
beantwortet werden. Da der Faschismus eine zutiefst widersprüchliche
Ideologie ist, muss auch eine Analyse diese Widersprüche aushalten. Der
Faschismus hatte durchaus Modernisierungsbestrebungen, war jedoch
ideologisch gegen die Moderne gerichtet, er gab sich antibürgerlich und
revolutionär und sicherte dennoch den Machterhalt der herrschenden Eliten.
Deshalb muss vor einer falschen Vereindeutigung in die eine oder andere
Richtung gewarnt und vor allem das ideologische Selbstbild des Faschismus
ernst genommen und nicht als Rattenfänger*innenstrategie abgetan werden,
denn sonst leidet die Analyse darunter. Und damit auch die gegen den
Faschismus gerichtete Praxis.


(Neo-)faschismus heute


Vor der Verwendung des Faschismus- und Neofaschismusbegriffs, sollte dieser
nicht genau bestimmt sein, ist bei der Beschreibung heutiger Phänomene zu
warnen. Da die gängigen Faschismustheorien entlang der historischen
Erscheinungsformen entwickelt wurden, besteht so die Gefahr von falscher
historischer Analogisierung bei der Untersuchung moderner rechtsextremer
Phänomene. Die Diskontinuitäten zu den historischen Erscheinungsformen
werden mit der Zeit größer und das macht den Begriff unscharf. "Jede
selektive Konzentration auf die historischen Faschismen erschwert nicht nur
den Blick auf Breite und Tiefe jenes Traditionsspektrums, aus dem aktuelle
rechtsextreme Innovationsbemühungen derzeit wichtige Impulse beziehen. Sie
behindert auch die Wahrnehmung der Tatsache, dass sich moderne Gruppierungen
vor allem mittels Integration neuer Elemente zunehmend von faschistischen
Überlieferungen zu entfernen suchen." Denn über den aktuellen Erfolg
rechtsextremer Gruppen (auch hinsichtlich ihrer Breitenwirksamkeit)
entscheidet, "in welchem Ausmaß es gelingt, das so sehr lädierende
Vergangene zu ,bewältigen', sich aus personellen wie programmatischen
Kontinuitäten mit dem historischen Faschismus behutsam zu lösen und - bei
glaubhafter Signalisierung hierdurch unbeschädigt gebliebenen
Traditionsbezugs - die unumgänglich geforderte Anpassungen an die geänderten
industriegesellschaftlichen Rahmenbedingungen voranzubringen", schreibt
Willibald Holzer im "Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus".

Dennoch lassen sich auch heute noch rechtsextreme Gruppen als faschistisch
oder neofaschistisch klassifizieren, wenn sich diese in einem großen Ausmaß
und mit hoher Authentizität auf den Faschismus beziehen. Um eine solche
Einordnung treffen zu können, ist jedoch eine Begriffsbestimmung und
analytische Durchdringung des (historischen) Faschismus vonnöten.

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Literatur:

Adorno, Theodor W. (1995): Studien zum autoritären Charakter. Suhrkamp,
Frankfurt am Main.

Fromm, Erich (2005): Die Furcht vor der Freiheit. Aus dem Englischen von
Liselotte und Ernst Mickel, 12. Auflage, München.

Löwenthal, Leo (1982): Falsche Propheten. In: Studien zum Autoritarismus.
Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 11-160

Neumann, Franz (1984): Behemoth. Struktur und Praxis des
Nationalsozialismus. Fischer, Frankfurt.

Postone, Moishe (1995): Antisemitismus und Nationalsozialismus. In:
Deutschland, die Linke und der Nationalsozialismus. Politische
Interventionen. ça ira, Freiburg. S. 165 - 194.

Reich, Willhelm (1933): Die Massenpsychologie des Faschismus. Erweiterte und
revidierte Fassung: Kiepenheuer & Witsch, Köln 1971

Sternhell, Zeev / Sznajder, Mario / Asheri, Maia (1999): Die Entstehung der
faschistischen Ideologie. Von Sorel zu Mussolini. Hamburger Edition,
Hamburg.

Sternhell, Zeev (2002): Faschistische Ideologie. Eine Einführung. Verbrecher
Verlag, Berlin.

Theweleit, Klaus (2005): Männerphantasien, 2 Bände, München/Zürich.

Wippermann, Wolfgang (2009): Faschismus. Eine Weltgeschichte vom 19.
Jahrhundert bis heute. Prius Verlag, Darmstadt.

Wörsching, Mathias (2017): Faschismustheorien. Ihre Geschichte, ihre
Aktualität. Schmetterling Verlag, Stuttgart.



Quelle: https://www.stopptdierechten.at/see/faschismus/



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