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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 20. Dezember 2017; 18:52
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> Schwarzblau bringt Hartz-IV-Sozialraub

Analyse des Koalitionspaktes durch die *Aktiven Arbeitslosen*

Mehr als zu befürchten war, bringt das schwarzblaue Regierungsprogramm
eklatante Verschärfungen für Erwerbsarbeitslose, die listigerweise vor der
Wahl so nicht angekündigt worden sind. Viele davon sind aus verfassungs- und
menschenrechtlicher Sicht abzulehnen und insgesamt mehr als kontraproduktiv!
Mit ihren Geschenken an Unternehmen sowie sozialem Raubbau und Repression
für Erwerbslose, Arme, Invalide, ZuwanderInnen und AsylwerberInnen
unterstützt Schwarzblau den Krieg der Reichen gegen die Arm gemachten und
spaltet weiter "die Heimat", die sie zu schützen vorgeben.

Aktive Arbeitslose Österreich ruft daher zum breiten Widerstand gegen diesen
massiven Sozialabbau auf, der verdeckt, wer die wirklichen Täter sind: Die
Reichen und Superreichen, die auf Kosten Aller sich weiter bereichern
werden! Aufgrund der Prekarisierung durch den Neoliberalismus kann fast
jeder Mensch in Österreich von dieser Existenzvernichtungspolitik getroffen
werden!

Insbesondere im Bereich der Erwerbslosenpolitik sind zahlreiche negative
Überraschungen zu finden:

· Arbeitslosengeldhöhe soll mit Bezugsdauer schrittweise sinken
(NEOS-Modell!), der Arbeitslosenbeitrag für Unternehmer soll sinken.

· Abschaffung der Notstandshilfe! Wer jahrzehntelang brav gearbeitet und in
die Versicherung eingezahlt hat soll trotzdem alles war er/sie im Leben
aufgebaut hat "verwerten" (Eintrag ins Grundbuch beim Eigenheim inklusive =
keine Vererbung auf die Nachkommen!) nur weil Wirtschaft und Staat immer
mehr Menschen der Existenzgrundlage durch Lohnarbeit berauben!

· Längere Dauer von Bezugssperren um deren angebliche Wirkung zu verbessern.

· Auf die Pension will Schwarzblau nur noch 2 Jahre Arbeitslosenzeit
anrechnen! = massiver Sozialraub! Verfassungsrechtlich bedenklich, weil das
AMS schon Pensionszeiten gezahlt hat.

· Krankenstand soll Bezug vom Arbeitslosengeld nicht mehr "verlängern" =
Verletzung des Gleichheitsprinzips wegen kürzerer Versicherungsdauer!

· Zuverdienst durch geringfügige Beschäftigung soll nur noch zeitlich
befristet möglich sein.

· Längere Wegzeiten sollen "zumutbar" werden: 2,5h statt 2h für
Vollzeitarbeit, 2h statt 1,5h Teilzeit.

· Berufs- und Gehaltsschutz in den ersten 100 bzw. 120 Tagen soll
aufgeweicht werden!

· Vermehrte Gratisarbeit für Unternehmer in Form von Arbeitstrainings und
Arbeitserprobungen. Wird schon jetzt praktiziert, obwohl das laut
Verwaltungsgerichtshof rechtswidrig ist! (VwGH GZ 2009/08/0294)

· Ausbildung soll nur noch auf konkrete Unternehmen bezogen sein. Das
schränkt die allgemeine Vermittelbarkeit ein und ist wieder ein Geschenk an
die Unternehmen, die nun die gesamte Einschulung ans AMS auslagern können!

· Jagd auf Kranke: "Early Intervention Casemanagement" auch bei kurzen
Krankenständen! (gilt für alle ArbeitnehmerInnen!)

· Anhebung des Startalters für Altersteilzeit um 2 Jahre (von derzeit 53/58
auf 55/60)

Besonders kurios: EU- und Drittstaatsangehörige sollen nach 1 Jahr
Arbeitslosigkeit verstärkt in deren Ursprungsländer vom AMS vermittelt
werden, was sowohl rein praktisch als auch EU-rechtlich schwer machbar sein
wird und für die Wirtschaft kontraproduktiv sein kann.

Zwiespältig die Mindestpension von 1.200 Euro bei 40 Beitragsjahren, wenn
Paare nur 1.500 Euro bekommen, also 750 Euro pro Person!

Viele leere Sprechblasen

Bei der Mindestsicherung findet sich außer der angekündigten und sinnlosen
Deckelung mit 1.500,-- Euro und die zur Abschreckung reduzierte Bezugshöhe
für anerkannte Flüchtlinge wenig Neues. Fast alles was im Regierungsprogramm
als Vorhaben für ein Bundesrahmengesetz steht, ist bereits geltende
Rechtslage in den meisten Bundesländern! Selbst die Wartefrist von 5 Jahren
für Ausländer ist schon im Gesetz fest geschriebenes Unrecht! Allerdings
lässt das Wording Verschärfungen vermuten.

Eine Neukodifizierung des Arbeitslosenversicherungsrechts als Kapitel eines
neuen Sozialversicherungsrechtsbuchs klingt ambitioniert, denn unter
Rotschwarz war das alleine für die Arbeitslosenversicherung vorgesehen und
wurde nicht einmal ansatzweise angefangen.

Nicht zu vergessen: Die AMS-Agenden wandern so wie unter
Schüssel/Bartenstein wieder zum unter ÖVP-Herrschaft stehendem
Wirtschaftsministerium!

Skurril jedenfalls der Glaube an die beliebige Steuerungsfähigkeit der
ArbeitsMARKTpolitik, als würde der Staat eine Planwirtschaft betreiben!

Vieles soll evaluiert und geprüft werden. Ansonsten stehen viele gut
klingende, aber völlig vage und unverbindlich formulierte Versprechen
drinnen. Noch mehr Marketing scheint die Devise des "neuen Regierungsstiles"
zu sein.

Rassistisch zugespitzte Fortschreibung des bisherigen neoliberalen Regimes
ohne rosa Plüsch

Das Schwarzblaue Regierungsprogramm stellt sozialpolitisch zwar insgesamt
großteils "nur" eine Verschärfung der bisherigen neoliberalen/rechten
Tendenzen, trifft dafür die von Wirtschaft und Staat arm und schwach
gemachten Menschen umso mehr. Die große Portion rassistischer Stimmungsmache
mit Verschlechterungen für AsylwerberInnen und ZuwanderInnen soll die
vermeintliche Unterschicht davon ablenken, dass auch Sie zu den Verlierern
dieser Politik gehört. Wer die Rechte der Erwerbsrbeitslosen angreift, zielt
auf die Rechte aller ArbeitnehmerInnen und BürgerInnen, die aus Angst vor
AMS und Sozialamt zu immer schlechteren Bedingungen arbeiten und leben
"dürfen"!

Hinter dieser Politik dürfte ein ziemlich menschenfeindliches Bild von der
normalen Bevölkerung, den ArbeitnehmerInnen, stehen. Der Mythos von den
fehlenden "Arbeitsanreizen" soll wohl von der Verantwortung von Staat und
Wirtschaft für fehlende, Existenz sichernde Lohnarbeitsplätze ablenken.

"Positiv gesehen" wird so zumindest die neoliberale und demokratiefeindliche
Tendenz der bisherigen Politik deutlicher sichtbar und das soziale
Deckmäntelchen der FPÖ entpuppt sich als mieser Trick!

Aktive Arbeitslose Östereich rufen daher auf, die Proteste gegen Schwarzblau
zu unterstützen, auch wenn viele der Proponenten dieser Proteste aus
parteipolitischen Gründen zu den bisherigen Verschlechterungen durch
Rotschwarz bzw. Rotgrün sträflicherweise geschwiegen haben und mit der
Unterschicht sich nicht wirklich solidarisch zeigten.

Wie die AlVG Novelle 2007 und der weitere neoliberale Umbau durch Rudolf
Hundstorfer als SPÖ-Sozialminister nämlich gezeigt haben, war die SPÖ trotz
jahrelanger Oppositionsrolle zu keiner echten Reform ihrer neoliberal
verseuchten Politik in der Lage.

Proteste gegen Schwarzblau werden wohl nur dann Erfolg haben, wenn es
gelingen wird, echte, tiefer gehende Alternativen zu entwickeln, die nicht
als leere Versprechen parteipolitisch vereinnahmt werden.
Arbeitszeitverkürzung, bedingungsloses Grundeinkommen und die Durchflutung
aller Lebensbereiche mit echter Demokratie gehören für uns zu den
grundlegenden Forderungen.

Besonders die Gewerkschaften und die Arbeiterkammern sind aufgefordert, sich
von der parteipolitischen Gängelung bzw. der Zuarbeit zu befreien und ihre
historischen Aufgaben als Motor der Demokratie und der ArbeiterInnenbewegung
endlich wieder wahrzunehmen!

Es bedarf daher neuer, politisch konsequenter Basisbewegungen, einer
geeinten Sozialbewegung, um die festgefahrene Parteipolitik aufzubrechen.
Wichtig ist es vor allem, auch jenen Gehör und Gewicht zu verschaffen, über
die bislang alle etablierten Parteien ungeniert drüber gefahren sind (siehe
aktuell rotgrüne Verschärfung der Mindestsicherung in Wien). ###



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