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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. September 2017; 17:12
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Linke/Geschichte/Glosse:

> Lehren des Oktober

Was kann die Lnke heute von der Oktoberrevolution lernen?

Die Oktoberrevolution zerschlug den zaristischen Staat, schuf einen
ArbeiterInnenstaat, startete in Richtung einer geplanten sozialistischen
Wirtschaft. Auch nach dem Fall der Sowjetunion ist ihre Bedeutung ernorm:
sie zeigte, daß eine sozialistische Revolution möglich ist - auch in einem
Land dessen Ökonomie (relativ) rückständig ist.

Diese fundamentalen historischen Erfahrungen sind in der Linken weitgehend
bekannt, ich werde sie demzufolge HIER nicht wiederholen. Ich werde mich
vielmehr auf die Frage konzentrieren, was die Linke HEUTE vom Roten Oktober,
von den Bolschewiki lernen kann - wo in der überwiegenden Mehrzahl der
Länder KEINE revolutionäre Situation gegeben ist.

Meiner Meinung nach sind die wichtigsten Punkte die folgenden:

- Völlige politische und organisatorische Unabhängigkeit von der Bourgeoisie

Diese Erkenntnis war selbstredend nicht neu. Marx und Engels forderten sie
ein. Sie führte zur Gründung unabhängiger Gewerkschaften (anstelle von
"gelben") und ArbeiterInnenparteien. Aber viele dieser Parteien "vergaßen"
diese grundsätzlich Erkenntnis, kooperierten mehr und mehr mit dem Kapital,
integrierten sich zunehmend in den bürgerlichen Staat- schließlich
marschierten sie jeweils mit "ihrer" Bourgoisie in den Ersten Weltkrieg
(stimmten für Kriegskredite etc).

In diesem Sinne habe die Bolschwiki das Grundprinzip der
ArbeiterInnenbewegung , unabhängig vom Bürgertum zu agieren, erneut in die
politische Realität eingebracht. Und nach dem Sieg der Oktoberrevolution und
der Gründung der III. Internationale war es eine von deren zentralen
strategischen Axen und wurde in den Dokumenten der ersten vier Kongresse
festgeschrieben.

Dieser zentrale Punkt ist HEUTE nicht nur für hochindustrialisierte Länder
relevant, sondern ebenfalls oder - besser gesagt - noch mehr für Länder der
"Dritten Welt"/ "Entwicklungsländer". Nach all den negativen Erfahrungen mit
arabischem, afrikanischem,... "Sozialismus"- in Wirklichkeit (klein)
bürgerliche nationale Unabhängigkeitsbewegungen - ist es mehr den je
notwendig, diese zentrale poltische Orientierung der Bolschewiki zu
unterstreichen.

Natürlich sind gemeinsame Aktionen mit dem (Klein)bürgertum dieser Länder
möglich und notwendig (vor allen wenn sie einen realen antiimperialistschen
Charakter haben) aber keine langfristige STRATEGISCHE Kooperation - was nach
wie vor die politische Linie der KP Südafrikas ist (auch in Indien laufen
kommunistische Oranisationen / Parteien hinter der bürgerliche
Kongreß-Partei hinterher).

- Gebrauch sämtlicher politischer Mittel

Die Bolschewiki nahmen etwa nach der Niederschlagung der Revolution 1905 an
der extrem reaktionäre Duma (Abgeordenetkammer) teil.

Im Gegensatz dazu verfolgte die junge KPÖ nach dem Ende des Ersten
Weltkriegs eine ultralinke, putschistische Strategie (die berüchtigte
"Bettelheimerei"). Sie wurde von Lenin scharf kritisiert - er forderte die
Teilnahme der winzigen KPÖ an den Parlamentswahlen und geduldige politische
Tätigkeit um Schritt für Schritt mehr realen Einfluß in der
ArbeiterInnenklasse zu erreichen.

- Ohne Massenmobilisierung sind keine wichtigen politischen Gewinne zu
erzielen

Die negativen Erfahrungen von Brasilien (Lula / Rousseff) und Griechenland
(Tsipras) sind aufschlußreich. In Griechenland stimmten 62 % gegen den
Austeritäts-Horror, aber die Syriza geführte Regierung unterzeichnete nur
wenige Tage danach die Erpressungsmemoranden der EU und des internationalen
Kapitals.

- Selbst wenn die Linke Wahlen gewinnt und die Regierung stellt - der
bürgerliche Staat (mit all seine Repressionsmöglichkeiten) existiert weiter.
Demzufolge ist es unerläßlich, Gegeninstitutionen aufzubauen
(Selbstverwaltungsstrukturen; Räte;...). In Venezuela etwa wurde die Chance
vertan, mit einer - teilweisen - Konversion der Ökonomie zu beginnen.

- Interne Demokratie in der (revolutionären) Partei

Bis in den Bürgerkrieg (sic!) gab es in der bolschewistischen Partei
Tendenzen / Fraktionen. Innerparteiliche Demokratie schafft die Möglichkeit
alle Kräfte zu bündeln! Heute können wir sagen, daß es ein großer Fehler der
Bolschwewiki war, NACH dem Sieg im Bürgerkrieg das Tendenz- / Fraktions-
Verbot nicht aufzuheben.

- Kein Dogmatismus

Dieser fand erst Eingang mit dem Sieg der Stalinismus in der SU und der III.
Internationale- und das auf sämtlichen politischen und gesellschaftlichen
Ebenen (bis hin zu Kunst und Wissenschaft).

- Politische Flexibilität

Nach dem Sieg der Revolution 1917 wurde eine KOALITIONS-Regierung gebildet
(Bolschewiki und "Linke Sozialrevolutionäre") und das Agrarprogramm der
Sozialrevolutionäre umgesetzt: was die (individuelle) Bodenaufteilung
bedeutete und NICHT die Kollektivierung!

- Internationalismus

Heute, wo wir die enorme Welle des Nationalismus, der Xenophobie und des
Erstarken der extremen Rechten in all ihren Formen sehen - AfD! - (von
Rechtspopulismus bis hin zu offen faschistischen Kräften) gilt es unumwunden
zu sagen: INTERNATIONALISMUS IST NOTWENDIGER DENN JE!

Die Bolschewiki waren die Avantegarde des Internationalismus. Und es war nur
logisch, daß sie nach dem Sieg der Oktoberrevolution die Basis für die
Gründung der III. Internationalen legten - die von Stalin in den 40er-Jahren
liquidiert wurde.

Heute gilt es breite GEMEINSAME internationale Aktionen in Angriff zu
nehmen. Und sie sollten kombiniert sein mit den ersten konkreten,
realistischen und nicht voluntaristischen Schritten in Richtung der Bildung
einer NEUEN INTERNATIONALE.
*Hermann Dworczak*



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