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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 14. Juni 2017; 20:29
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Moderne Zeiten:

> Verpflichtende E-ID statt Bürgerkarte

Das E-Government-Gesetz hat bislang nicht sonderlich gegriffen. Die Idee:
Mittels freiwilliger "Bürgerkarte" zur Identifikation sollten Amtswege auf
elektronische Art erledigt werden können. Nebeneffekt: Über die
"Stammzahlen" dieser Karten werden persönliche Informationen bei einzelnen
Behörden eindeutig verknüpft.

Jetzt steht eine Reform dieses Gesetzes an. Statt der Bürgerkarte soll es
eine elektronische Signatur namens E-ID geben. In der Novelle heißt es: "§
4a. (1) Die Registrierung der Funktion E-ID ist für Staatsbürger im Rahmen
der Beantragung eines Reisedokumentes nach dem Passgesetz 1992, BGBl. Nr.
839/1992, von Amts wegen durch die Passbehörde oder durch eine nach § 16
Abs. 3 Passgesetz 1992 ermächtigte Gemeinde vorzunehmen." Sprich: Wer in
Hinkunft einen Pass beantragt bekommt die personenbezogene elektronische
Signatur gleich dazu -- ob derjenige das will oder nicht.

In der Stellungnahme von Epicenter Works heißt es dazu: "Während die
physische Nutzung eines Ausweises grundsätzlich als Vorgang keine
Aufzeichnung erfährt und insbesondere ohne Beteiligung und Kenntnis des
Ausstellers des Ausweises erfolgt, generiert jede Nutzung elektronischer
Identifizierungsmittel Daten und erfolgt regelmäßig unter Einbindung des
Ausstellers.

Deswegen sind Identitätsmanagementsysteme wie E-ID so zu gestalten, dass
durch faktische Maßnahmen die Beobachtbarkeit des Verhaltens der Nutzerinnen
und Nutzer mittels der laufend anfallenden (Meta-)Daten verhindert wird.
Andernfalls entsteht ein System, in dem es wie in Benthams Panopticon
möglich ist, das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer im System von
zentraler Stelle aus lückenlos zu beobachten.

Das im vorliegenden Gesetzesentwurf vorgeschlagene System E-ID birgt exakt
diese Gefahr einer zentralen Beobachtbarkeit des Nutzerverhaltens, wobei im
vorliegenden Entwurf keine Maßnahmen ersichtlich sind, um dies wirksam zu
verhindern. Bei jeder Verwendung des E-ID im öffentlichen oder im privaten
Bereich erstellt die Stammzahlenregisterbehörde eine Personenbindung und ist
somit als zentraler Akteur in jede Verwendung des E-ID im elektronischen
Verkehr involviert.

Die Stammzahlenregisterbehörde erlangt dadurch Kenntnis von jeder Verwendung
des E-ID im elektronischen Verkehr und damit auch von einer im Entwurf nicht
näher spezifizierten Menge an personenbezogenen Daten und Metadaten.
Insbesondere ist nicht ersichtlich, durch welche gesetzlich angeordneten
technischen und organisatorischen Maßnahmen verhindert wird, dass die
Stammzahlenregisterbehörde diese Daten einsehen, sammeln und auswerten
kann."

Die Gefahren sind aber noch weitaus größer. Denn schon bei Einführung der
Bürgerkarte war Kritik laut geworden, diese könnte zu einer unzulässigen
Überwachung dieser Kartenbürger führen -- was wohl mit ein Grund ist, daß
diese Karte so wenig Anklang gefunden hat. Ist aber so eine ID einmal
flächendeckend eingeführt, sind Datenschutzmaßnahmen, selbst wenn sie bei
der Einführung ausreichend wären, keine Garantie, da diese mit dem nächsten
"Sicherheitsgesetz" schnell weiter verwässert werden können.

Auch diese Novelle könnte noch vor den Neuwahlen im Nationalrat beschlossen
werden.
(akin)

Gesetzesentwurf des Bundeskanzleramts nebst Erläuterungen und
Stellungnahmen:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/ME/ME_00316/index.shtml

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> Datenschutznovelle: Vorzeitiger Gesetzeserguss

Am 7. Juni 2017 hat die Regierung im Ministerrat eine Regierungsvorlage zum
Datenschutzgesetz in den Nationalrat eingebracht. Ursprünglich sollte die
Begutachtung noch bis 23. Juni 2017 andauern, doch hat sich die Regierung
spontan anders entschieden und den Entwurf ohne konkrete Änderungen als
Regierungsvorlage vorgelegt und dem Nationalrat zum Beschluss vorgelegt.

Das Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018 soll das alte Datenschutzgesetz 2000
gänzlich aufheben und ein neues einführen. Notwendig wurde das durch die
EU-Datenschutzgrundverordnung, die im Mai 2018 in Kraft tritt.

Die inhaltliche Kritik der NGO epicenter.works dazu:

* Fehlendes Verbandsklagerecht - es wird nicht möglich sein, gemeinsam gegen
Datenschutzvergehen vorzugehen, obwohl die Datenschutzgrundverordnung dies
als Mittel der objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle zulässt

* Rechte zur Bildverarbeitung sind nicht unionsrechtskonform geregelt.

* Viele Unklarheiten bei den vorgeschlagenen Strafen

Hintergrund dieser Speed-kills-Taktik sind die anstehenden Neuwahlen. So
heißt es im Ministerratsbeschluß über den Gesetzesantrag: "Dieser soll als
Regierungsvorlage eingebracht werden, um eine parlamentarische Behandlung
zeitgerecht vor den nächsten Nationalratswahlen zu gewährleisten. Die
Einarbeitung von Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren erfolgt im Rahmen
des parlamentarischen Prozesses."

Bei der dabei erwartbaren legistischen Qualität ist ein notwendiges
Reparaturgesetz in der nächsten Legislaturperiode absehbar.
(akin)

Mehr Infos dazu:
https://epicenter.works/content/vorzeitiger-gesetzeserguss-regierung-schickt-gesetz-zu-frueh-in-den-nationalrat



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