**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 10. Mai 2017; 17:15
**********************************************************

Kommentierte Presseschau:

> Daimler- statt Schwarzfahren

"Wer in der Waldorfschule gezwungen wurde, seinen Namen zu tanzen, muss
später wohl hart zuschlagen, um nicht als Weichei dazustehen. Vielleicht
sind seine Jahre in einer anthroposophischen Anstalt der Grund dafür, dass
Boris Erasmus Palmer immer wieder verbal Amok läuft." Die "junge Welt" hat
für den Tübinger Oberbürgermeister nur noch Spott und Hohn übrig. Palmer
fällt immer wieder als Rechtsausleger auf -- dieser Tage besonders. Er
beschwert sich darüber, daß Flüchtlinge, die man in den Öffis beim
Schwarzfahren erwische, keine Konsequenzen fürchten müßten und folgert: "Wir
bringen diesen jungen Männern bei, dass es keine Rolle spielt, gegen unsere
Gesetze zu verstoßen." Er ist der Meinung, daß gelungene Integration in
Baden-Würtemberg wie folgt aussehe: "Schaffa, schaffa, Häusle baue (und
Daimler fahre) ist heute auch für türkische Schwaben normal". Und er will in
das Wahlprogramm seiner Bundespartei hineinschreiben lassen, daß "offene
Grenzen keine Option" wären. Wäre diese Partei beispielsweise die CDU, würde
das wohl niemand erwähnenswert finden. Allerdings ist Palmer ein Grüner.

https://www.welt.de/politik/bundestagswahl/article164263719/Gruenen-Politiker-Palmer-Offene-Grenzen-sind-keine-Option.html

https://www.jungewelt.de/artikel/310253.hassprediger-des-tages-boris-palmer.html

*

> Herzog kommt von Herziehen

Apropos seltsame Grüne. Ulrich Habsburg zieht wieder über den
Republikanismus her: "Die grüne Angeordnete Sigrid Maurer hatte im Parlament
vergeblich eine Anhebung der Strafen für das Führen von Adelstiteln
gefordert. Ulrich Ferdinand Gudmund Habsburg-Lothringen, einst grüner
Gemeinderat in Wolfsberg, nahm den Vorstoß Maurers zum Anlass, seine
Kollegin nachhaltig zu verhöhnen. 'Konsequent sollte man diesbezüglich auch
bei der Erziehung sein. Prinzen und Prinzessinnen in oft auch
sozialdemokratisch geführten Kindergärten trifft man bei Faschingsfesten
immer wieder an und auch Erwachsene geben sich als Faschingsprinz bzw.
Prinzessin oder als Weinprinzessin aus', schrieb Habsburg-Lothringen
süffisant an Maurer." Das liest man am 5.Mai in der Gratispostille "heute".
Unterzeichnet ist das Schreiben mit: "Erzherzog Ulrich, Grüner von
Wolfsberg".
Dieser Herr Habsburg war übrigens der Grund, warum die Grünen sich so dafür
einsetzten, daß auch Mitglieder früher regierender Häuser das Amt des
Bundespräsidenten anstreben dürfen -- einer der wenigen Fälle, wo die Grünen
erfolgreich ein Bundesgesetz duchboxen konnten. Tja, Undank ist der Welten
Lohn. Oder anders: Das Habsburgergesetz hatte schon seine Berechtigung...

http://www.heute.at/politik/news/story/52515791

*

> Unser Bundestwitterminister

Am Seltsamsten ist aber natürlich auch diese Woche wieder unser
Außenminister. Der fiel jetzt nicht nur durch seinen etwas irritiernden
Tweet zur französischen Präsidentschaftswahl auf, in dem er sich froh
zeigte, daß die "Linke klar abgewählt" wurde, sondern gab auch der
"Süddeutschen" (Druckausgabe 6.Mai) ein bemerkenswertes Interview. Darin
meinte er, man solle aufhören mit der "Trennung in Gut und Böse und der
moralischen Überlegenheit" und: "Wir leben in einem Europa der Vielfalt und
sind nur stark, wenn wir den Zusammenhalt fördern." Sebastian Kurz findet
nämlich sehr hübsche Worte -- wenn es ihm darum geht, daß Viktor Orban und
seine FIDESZ Mitglied der EVP bleiben sollen. Ansonsten hat er es weniger
mit der Vielfalt, sondern meint, man müsse sich in der Flüchtlingspolitik an
Australien orientieren. Das Land nimmt nämlich prinzipiell niemanden mehr
auf, der nicht legal eingereist ist.

Das Interessanteste an diesem Interview ist aber dessen Weg der Verbreitung.
Die "Süddeutsche" hatte den Text nämlich online hinter einer Paywall
versteckt -- nur wer zahlt, kann ihn von der Zeitung bekommen.
Offensichtlich war es dem nicht geraden öffentlichkeitsscheuen Minister aber
so wichtig, daß er ihn als Faksimile in einem Tweet verbreiten mußte. Denn
was nutzt es, wenn er einer deutschen Zeitung ein elendslanges Interview
gibt und niemand in Österreich nimmt Notiz davon? Deutscher Bundeskanzler
will er ja nicht werden. [Anmerkung für die eMail-Ausgabe: Beitrag entstand
vor Djangos Rücktritt]

https://twitter.com/sebastiankurz/status/860790452412395520

*

> Bei uns in Abu Ghraib

"Der Anblick, der sich der Kommission vier der Volksanwaltschaft bei einem
unangemeldeten Besuch im Wiener Polizeianhaltezentrum (Paz) am Hernalser
Gürtel im Herbst 2016 in einer Gummizelle bot, ließ bei den Experten die
Alarmglocken klingeln. In dem besonders gesicherten Haftraum saß ein an
Händen und Füßen gefesselter Mann. Dem Vernehmen nach hatte er keine Kleider
an -- und dürfte in diesem Zustand schon längere Zeit an dem Ort verbracht
haben. Der Mann, ein Schubhäftling, stand aufgrund von Aussagen eines
Mitgefangenen unter Islamismusverdacht; dieser wurde in der Folge durch
staatsanwaltliche Ermittlungen entkräftet. Im Zuge der Amtshandlung wegen
dieses Verdachts hatte er im Polizeianhaltezentrum einen Polizisten leicht
verletzt."

(Der Standard, 5.5.2017) Kommentar überflüssig.

*

> Bibi-TV

[Nach Redaktionsschluß] "Haaretz" berichtete am Dienstag kurz vor
Mitternacht in seinem englischsprachigen Dienst, daß die Knesset einfach
ohne Vorwarnung die Nachrichtensendung des öffentlichen israelischen
Rundfunks abgesetzt hat. Generell soll die Israelische Rundfunkbehörde ab
sofort aufgelöst werden und sich deren Mitarbeiter ab Donnerstag einen neuen
Job suchen. Haaretz: "Premier Benjamin Netanyahu sagte, die Schließung des
Senders sei Teil von Reformen um eine neue Ersatzorganisation zu etablieren.
Aber Mitarbeiter meinten, Netanyahu wäre unglücklich mit dem, was er als
bedenkliche Berichterstattung betrachtet und versuche, die Medien zu
kontrollieren."

Wenn man den Bericht aus dem israelischen Parlament liest, kann man nicht
glauben, welch chaotischer Eingriff da in die Medienlandschaft unternommen
wird. Käme es nicht von Haaretz würde es der Zeitungsleser für einen
antisemitischen Fake halten.

http://www.haaretz.com/israel-news/1.788280

*

Die Zitate sind -- sofern nicht anders angegeben -- aus den Online-Ausgaben
der Medien. Zeitungsleser: -br-



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.redaktion{AT}gmx.at abbestellen.



*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
postadresse a-1170 wien, lobenhauerngasse 35/2
redaktionsadresse neu: dreyhausengasse 3, kellerlokal, 1140
http://akin.mediaweb.at
blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
mail: akin.redaktion{AT}gmx.at
bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
bank austria, zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW