**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 26. April 2017; 21:05
**********************************************************

Ente der Woche:

> Der Saudi-UN-Frauen-Vorsitz

"Das ist kein Witz! Die UN wählt Saudi Arabien für den Vorsitz der
Kommission für Frauenrechte . Saudi Arabien zum Wächter über die Rechte der
Frauen zu machen, ist vergleichbar damit , dass man einen Brandstifter zum
Chef der Feuerwehr macht! Die UNO hat in der Tat Saudi Arabien für den
Posten in der Kommission für die Stellung der Frau gewählt. UN Women ist die
Fachstelle der UNO für Gleichstellung und Frauenförderung. Saudi Arabien
wurde letzte Woche in einer geheimen Wahl des Wirtschafts- und Sozialrats
der Vereinten Nationen (ECOSOC) für die Amtszeit 2018-2022 gewählt."

Das berichten die "Netzfrauen" auf ihrer Site. Und das geistert seitdem auf
Facebook und Twitter herum. Ja, Saudi-Arabien ist nicht gerade für gut
entwickelte Frauen- und allgemeine Menschenrechte bekannt. Ja, Saudi-Arabien
wurde gewählt. Das reicht im Netz für die große Empörung, genauer hinschauen
braucht man da nicht mehr. Weil sonst ist an diesem Bericht alles ein
Topfen. Wenn man mal von so Kleinigkeiten absieht, wie, daß es sich hier
nicht um "UN Women" handelt, sondern um die "Kommission über die Stellung
der Frauen" und die angesprochene Amtszeit erst 2019 beginnt, ist schon
klarzustellen, daß Saudi-Arabien nicht den Vorsitz von einer der beiden
Organisationen erhalten hat. Der Staat wurde lediglich zu einem von 45
Mitgliedern gewählt. Nur daß das halt keine Wahl im eigentlichen Sinne war.
Die Gruppe der asiatischen und pazifischen Staaten hatte in der jetzigen
Wahlrunde Anspruch auf 5 neue Mitglieder des Gremiums. Entsprechend einigten
sich diese Staaten auch auf 5 Kandidatenstaaten. Und wie das so üblich ist
in solchen UN-Gremien wurden diese auch gewählt -- und zwar nicht von den
"UN" sondern vom ECOSOC, einer UN-Organisation, deren 54 Mitgliedsstaaten
auf ähnlichem Weg bestellt werden. Die Mitglieder dieser UN-Frauenkommission
werden gestaffelt alle 4 Jahre neu gewählt und rotieren. Also: Jedes
UN-Mitglied kommt mal dran -- also auch Saudi-Arabien. Allein die Tatsache,
daß bei dieser Wahl es zu 7 Streichungen kam, war schon ein schwerer
Affront, eine Nichtwahl hätte einen diplomatischen Eklat bedeutet, der
wahrscheinlich auf Jahre hin nicht nur die Kommission gelähmt, sondern
generell die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und der UNO schwer
beeinträchtigt hätte. Und das konnte bei der UNO, die nunmal keine
moralische Instanz sondern eine Organisation zur Pflege diplomatischer
Beziehungen ist, niemand wollen.

Die Quelle dieser Netzfrauen-Geschichte ist -- im Umweg über andere Blogs,
die auch gerne nochmal was dazu dichteten -- "UN Watch". Dort hatte man zwar
nicht die Saudis zu Vorsitzenden für irgendwas als gewählt erklärt, aber war
auch sehr empört und kochte die Geschichte ziemlich hoch. Kein Wunder,
handelt es sich doch um eine Lobby-Organisation der amerikanischen und
israelischen Rechten. Auf der Site von UN Watch findet man außerdem noch die
Einladung zu einer Veranstaltung mit dem ominösen Alain Finkielkraut, eine
Aufforderung, Kim Jong Un vor den Internationalen Strafgerichtshof zu
stellen (was einem Kriegsaufruf gleichkommt) sowie Hetztiraden gegen ihren
offensichtlichen Lieblingsfeind, Jean Ziegler, den sie als "Apologeten von
Diktatoren, Terroristen und Vergewaltigern" charakterisieren.

Tja. Die deutsche "Bild" und die österreichische "Krone" reproduzierten mit
etwas Verspätung die Geschichte vom Vorsitz am Montag abend in ihren
Online-Ausgabe. Blödsinn bleibt es trotzdem.
*Bernhard Redl*



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.redaktion{AT}gmx.at abbestellen.


*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
postadresse a-1170 wien, lobenhauerngasse 35/2
vox: 0681 205 036 17
redaktionsadresse neu: dreyhausengasse 3, kellerlokal, 1140
http://akin.mediaweb.at
blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
mail: akin.redaktion{AT}gmx.at
bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
bank austria, zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW