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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 26. April 2017; 21:03
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Frankreich/Analyse:

> "Egal wer an der Macht war"

Von irgendwoher muß uns das bekannt vorkommen: In der Woz vom 13.04.2017
(also noch vor der ersten Wahlrunde) analysiert *Daniel Hackbarth* unter dem
Titel "Die Wut hat eine reale Basis" den Niedergang der bisherigen
französischen Machtparteien:
*

Woher rührt dieses Unbehagen gegenüber Organisationen, die zuvor
jahrzehntelang das politische Geschehen in Frankreich bestimmt haben?

Ein möglicher Ansatz wäre es, die Schuld bei PopulistInnen zu suchen, die
die Menschen aufzuwiegeln versuchen. So polemisiert Le Pen seit Jahren schon
gegen das politische Establishment, das jeden Bezug zur Realität der
gewöhnlichen Menschen verloren habe und in einer von Seilschaften
beherrschten Parallelwelt lebe. Lange sprach Le Pen nur vom «UMPS», ein
Spottbegriff, der sich aus den Namen des PS und der UMP - so hiess die
konservative Partei, bis sie sich 2015 in Les Républicains umbenannte -
zusammensetzt. Derlei Stimmungsmache verfängt offenkundig bei vielen
FranzösInnen, aber nicht nur, weil Le Pen eine talentierte Demagogin ist.

Denn tatsächlich war in den vergangenen Jahrzehnten eine immer weiter
gehende Annäherung der beiden grossen Parteien zu beobachten. «Egal wer an
der Macht war - der PS oder die Konservativen -, wir hatten es letztlich mit
einer ähnlichen Politik zu tun», sagt der deutsche Politikwissenschaftler
Felix Syrovatka, der an der Universität Tübingen unter anderem zur
Entwicklung in Frankreich forscht. So haben beide grossen Parteien eine
Politik der wirtschaftlichen Deregulierung betrieben. Dadurch wurden zum
einen die Unterschiede zwischen den politischen Lagern verwässert, zum
anderen gingen die besagten Deregulierungen vor allem zulasten der ärmeren
Bevölkerung, was wiederum grosse Sozialproteste provozierte. Dennoch wurde
2010 eine umstrittene Rentenreform und 2016 eine nicht minder polarisierende
Reform des Arbeitsrechts durchgesetzt - das eine Mal unter dem konservativen
Präsidenten Nicolas Sarkozy, das andere Mal unter dem Sozialisten François
Hollande. «Seit der Finanzkrise 2007 agiert die Politik zunehmend
autoritär», sagt Syrovatka.

Zudem kommt das politische Führungspersonal in Frankreich tatsächlich fast
ausschliesslich aus der heutigen Elite: Wer es in dem Land politisch zu
etwas bringen will, muss in aller Regel eine der Grandes Écoles besuchen.
Dass viele PolitikerInnen dadurch einen ähnlichen Lebenslauf aufweisen,
provoziert Argwohn, zumal nur vier Prozent der Studierenden an Institutionen
wie der École nationale d'administration in Strassburg aus den «classes
populaires» stammen, wie Syrovatka betont. Die Wut auf «die Eliten» oder
«das Establishment», das Gefühl, längst nicht mehr wirklich repräsentiert zu
werden, ist folglich nicht nur Ergebnis der Hetze von PopulistInnen, sondern
hat eine reale Basis.

(Textauszug aus:
https://www.woz.ch/1715/frankreich/die-wut-hat-eine-reale-basis )



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