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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Freitag, 8. Januar 2016; 03:35
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Nachruf:

> Wolfgang Purtscheller 1955 - 2016

Wolfgang Purtscheller ist in der Nacht von 5. auf den 6.Jänner verstorben.
Herzstillstand in einem Wiener Krankenhaus hieß es in einer Mitteilung.
Jetzt könnte man sagen: Ein Kämpferherz schlägt nicht mehr. Aber das wäre
wohl zu pathetisch. Der wilde Tiroler Hund ist tot. Könnte man auch sagen.
Nicht von Nazis oder Polizisten erschlagen, wie man das eigentlich erwartet
hätte -- und wie das von denen wohl auch versucht worden ist -- sondern ganz
einfach so blieb sein Herz stehen. Und das schon im Alter von 60 Jahren.

Was soll man über jemand wie den Purtscheller schreiben? Weil: Fad ist es
mit ihm nie gewesen. Kennengelernt habe ich ihn vor knapp drei Jahrzehnten
im besetzten Haus in der Wiener Ägidigasse. "Wolfi Wichtig" nannten ihn
manche damals spöttisch-liebevoll, weil er schon damals der große
Geschichtenerzähler war. Ja, er konnte mit seiner ganzen historischen
Bildung wirklich auch unterhalten. Bisweilen konnte man da über die Nazis
sogar lachen, wenn der Purtscheller über deren Irrsinn berichtete. Und immer
war bei ihm -- im Gegensatz zu vielen anderen, die sich heute mit alten und
jungen Nazis beschäftigen -- auch die Verbindung der Faschisten mit den
Kapitalisten klar benannt.

Ungezählt sind die Wickel, in die sich Purtscheller begab. Offene Nazis,
FPÖler und Teile von Polizei und Justiz hätten ihn so gerne im Hefn gesehen
und dichteten im alles Mögliche an, bis hin zur Beteiligung an den
Anschlägen von Ebergassing und sogar Oberwart. Polizisten prügelten ihn 1994
krankenhausreif, was ihm eine Anklage wegen Widerstand gegen die
Staatsgewalt einbrachte -- wie das halt so ist in Österreich. Und angeeckt
hat der Purtscheller überall -- auch in der Linken. Seine Bemerkung --
berechtigt oder nicht --, auch die KPÖ habe sich aus der Konkursmasse der
Nazis bedient und dort Mitglieder geworben, führte letztendlich sogar zu
einem Gerichtsverfahren, in dem er sich mit dem ehemaligen KPÖ-Vorsitzenden
Walter Baier anlegte. Es war ein unnötiger Prozeß, aber Purtscheller war nie
dafür bekannt, daß er etwas tut oder unterläßt, nur damit man ihn liebhat.
Einen "streitbaren Publizisten" nennt man so jemanden für gewöhnlich, aber
nur auf wenige trifft oder traf diese Bezeichnung so zu wie auf Wolfgang
Purtscheller. Jetzt ist er tot. Die Faschisten freuen sich sicher. Uns wird
er abgehen.
*Bernhard Redl*



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