**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 3. Juni 2015; 16:53
**********************************************************

Wahlen/Debatte:

> Ende der "Einheitsparteien" und der "Schmiedls"

Bei den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgland hat die SPÖ massiv
verloren. In der Steiermark hat die SPÖ zehn Prozent der Stimmen eingebüßt,
die ÖVP fast neun Prozent, während die FPÖ über 17 Prozent dazugewinnen
konnte. Die Wahlbeteiligung lag bei niedrigen 67,5 Prozent. Jetzt geben sich
viele Kommentatoren überrascht und wegen des Erfolgs der FPÖ besorgt. Ich
bin nicht überrascht. Natürlich ist es bedrückend, dass eine
ausländerfeindliche und rechtsextreme Partei so stark zulegt, aber dass SPÖ
und ÖVP abgestraft werden würden, war vorherzusehen und ist auch
verständlich. Und es ist gut. Was SPÖ und ÖVP in der Steiermark gemacht
haben war nichts weniger als der Versuch, die Demokratie durch eine Art
Einheitspartei zu ersetzen. In der Eigen-PR nannte man das
"Reformpartnerschaft", in Wirklichkeit war es ein postdemokratischer Schlag
gegen die Möglichkeit der Bürger, zwischen verschiedenen politischen
Richtungen wählen zu können.

Politik der Volksgemeinschaft

Der steirische SPÖ-Chef und Landeshauptmann Voves hat immer wieder
behauptet, es gäbe kein Links und kein Rechts mehr, sondern nur mehr
"richtig und falsch", und "richtig", so zeigte die von der rot-schwarzen
Landesregierung betriebene Politik, war in den Augen dieser Herrschaften
Sozialabbau und Austerität. Voves und seine Jünger haben so getan, als
hätten Arbeitnehmerinnen und sozial Schwache dieselben Interessen wie
Großgrundbesitzer und Industrielle. Das ist nicht richtig, war nie richtig
und wird nie richtig sein. Das ist das Denken der "Volksgemeinschaft", das
sich vom Weltbild der FPÖ kaum noch unterscheidet, weswegen die Steierinnen
und Steirer auch nichts dabei fanden, die FPÖ so extrem zu stärken. Der
Erfolg der Freiheitlichen ist die direkte Folge einer Politik und einer
Propaganda, die noch den kleinsten Ansatz einer klassenbewussten Haltung als
altmodisch und überwunden verunglimpfte. Dies verinnerlichten auch die
Wähler, weswegen sie keine linken Alternativen annahmen, sondern eine
Partei, die die Wut und die Frustration jener, die von SPÖ und ÖVP als
unwichtig abgeschrieben worden waren, auf Sündenböcke lenkte. Wenn eine
sozialdemokratische Partei wie die SPÖ Steiermark keine anderen ideen mehr
hat, als bei den sozial Schwachen zu "sparen" und wenn die zwei (vormaligen)
Großparteien die Illusion verbreiteten, es gäbe keine Alternative zu einer
extrem kapitalfreundlichen Politik, dann erscheint vielen Deklassierten und
von Armut Bedrohten die sadistische Perspektive, anderen (den "Ausländern")
solle es noch schlechter gehen, verlockend.

Scharfmacher Niessl

Im Burgenland hat die SPÖ ebenfalls stark verloren und die FPÖ stark
gewonnen. Der dortige SPÖ-Landeshauptmann Niessl hatte sich in den
vergangenen Jahren als rechter Scharfmacher positioniert, der mit
Überwachungskameras und sogar Militär gegen Migration und Armutsreisende
vorgehen wollte. Damit hat er die FPÖ, die solche Positionen wesentlich
glaubwürdiger vertritt, legitimiert. Wenn neben dem Schmiedl auch der
Schmied antritt, wird letzterer beste Chancen haben, dem Schmiedl Stimmen
abzuknöpfen.

Die heutigen Wahlen haben gezeigt, dass SPÖ und ÖVP, ob im Bund oder in den
Ländern, mit ihrer Politik des Sozialabbaus und der Härte gegen Migranten
und Flüchtlinge nicht reüssieren können, sondern damit direkt die
Rechtsextremen stärken. Vor allem eine Sozialdemokratie, die nicht mehr die
Interessen der unteren Klassen vertritt, sondern im Gegenteil jene von
Banken und Großkapitalisten, zerstört langsam aber sicher den noch
verbliebenen Glauben an die Demokratie und treibt die Opfer dieser Politik
ins Lager der Nichtwähler oder zur FPÖ. Und so eine Sozialdmokratie wird
eher früher als später den Weg ihrer griechischen Genossen gehen, die von
einer wirklichen linken Partei hinweggefegt wurden, wobei es in Österreich
leider eine extrem rechte Partei sein wird, die vom moralischen,
intellektuellen und strategischen Niedergang der SP profitieren wird.
*Bernhard Torsch*

Blog: lindwurm.wordpress.com



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
Blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
Facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
Mail: akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW