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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. April 2015; 17:28
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Prozesse:

> Gewalttätig gefallen

Im Prozeß gegen einen Demonstranten bei einem Burschenschafterfest werden
originelle Tatbestände vermutet
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Jahn B. beobachte nach dem "Fest der Freiheit" am 4.6.2014 die Verhaftung
von Hüseyin S. und versuchte auf dessen Verletzungen aufmerksam zu machen,
kurz darauf wurde er selbst festgenommen. Mehr als 7 Monate nach seiner
Verhaftung bekam der Beschuldigte den Strafantrag, am 8.4. mußte er sich vor
dem Landesgericht für Strafsachen in Wien das erste Mal verantworten.

Die Vorwürfe gegen Jahn B. lauten: Versuchter Widerstand gegen die
Staatsgewalt, weil er einen Exekutivbeamten, der in fesnehmen hätte wollen
"dadurch, dass er sich aktiv von ihm wegstieß" und sich mehrmals "mit vollem
Körpergewicht vom Griff des Beamten loszureißen" versucht habe und "mit
seinem Armen wild herumschlug und sich treppabwärts fallen ließ". Außerdem
gibt es den Vorwurf der schweren Körperverletzung, da ein Gruppeninspektor
"vorsätzlich am Körper verletzt" wurden sein soll, "wobei er einen
Sehnenriss des linken Bizepsmuskels erlitt".

Auszug aus Jahn B.'s Stellungnahme: "Die Polizist_innen haben ihn [Hüseyin,
Anm.] bei der Festnahme verletzt. Ich habe es nicht genau gesehen wie, aber
sein Kopf hat geblutet und er war halb bewusstlos. Selbst da haben sie ihn
im Schwitzkasten mitgeschliffen. Sie wollten ihn über einen Aufgang zum Auto
bringen. Ich hab mich davor gestellt und lautstark versucht die
Öffentlichkeit, für das was passiert ist, aufmerksam zu machen. Damit sich
mehr Leute dafür interessieren, habe ich geschrien und gesagt, sie sollen
ihn ins Krankenhaus bringen. Von hinten hat mir dann ein Polizist die Hoden
gedrückt. Ich hab noch gefragt: 'Was geht mit dir?' und dann wollte mich der
Kommandant auch schon mitnehmen. Da haben mich sechs Wega-Polizist_innen
festgenommen."

Für den ersten Prozesstag waren 6 Exekutivbeamte geladen; ein Video der
Polizei wurde als Beweismittel zugelassen.Jener Polizist, der verletzt
worden sein soll, berichtete am ersten Prozeßtag, er habe einen Sehnenriss
des linken Bizepsmuskels erlitten, wäre mehrere Monate arbeitsunfähig
gewesen. Mit einer genauen Schilderung des Hergangs tut er sich 10 Monate
nach dem Fall schwer. Auf Nachfrage der Staatsanwältin bestätigt der
Polizeizeuge, er hätte während der Handlung die Hand auf der Schulter des
Angeklagten gehabt, ob Jahn B. sich dagegen gewehrt hätte, kann der Zeuge
nicht einschätzen. Er schildert wie es zu seinen Verletzungen gekommen ist:
"Es waren mehrere ruckartige Bewegungen abwärts", dann gab es die
geschilderten zerrenden Bewegungen und "plötzlich habe ich den Schmerz
gespürt". Und wie war das mit dem Sichfallenlassen, will die Verteidigerin
wissen: "Können sie ausschließen, ob er mit den Armen gefuchtelt hat, weil
er das Gleichgewicht verloren hat?" Der Zeuge verneint erst, dann bejaht er,
er scheint sich nicht ganz sicher zu sein um welche Armbewegungen es sich
handelt, sagt dann aber bestimmt: "Es war ein sehr aggressives
wiederkehrendes Fuchteln, jedoch nie gegen mich, ich hätte zufällig eine
abkriegen können, gleichzeitig hat er [Jahn. Anm] immer wieder gesagt: ,ich
gehe nicht mit'".

Ein anderer Polizist beschreibt mehrfaches Hauen bei Abtransportieren des
Beschuldigten, doch der Richter läßt Zweifel an der Aussage aufkommen, denn
"im Video sieht man das anders". Der Zeuge meint daraufhin nur: "Das war
halt meine Wahrnehmung".

Ein weiterer Zeugenpolizist verwendet eine rechtlich interessante
Formulierung: Jahn B. habe sich mit seinen Oberarmen "passiv gewehrt".
Mehrere Polizisten hätten ihn "nach oben" bringen wollen. Der Zeuge wird um
eine Beschreibung der Armbewegungen gebeten und beschreibt, der Angeklagte
habe "gestikuliert" und "ausgeholt" aber nicht direkt hingeschlagen, er habe
sich nicht festhalten lassen wollen. Befragt zum Einsatz seines Gewichts,
meint der Polizist, der Angeklagte habe das Körpergewicht nach unten
verlagert. um nach unten zukommen.

Zumindest zur neuerlichen Ladung des verhindert gewesenen letzten
Polizeizeugen wird es im Mai einen weiteren Verhandlungstermin geben.
(akin, nach den Berichten des Blogs prozess.report)

Nächster Verhandlungstermin: Montag, 11.5.2015, 14:00, Saal 106 des
Landesgerichts Wien

Laufende Berichterstattung: http://prozess.report/jahnb/



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