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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 1. April 2015; 10:01
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WSF:

> "Die Waffen nieder" - Diskussion über den Ukrainekonflikt auf dem Weltsozialforum

Ein ganz besonderer Workshop wurde in Tunis vom österreichischen Sozialforum
und der Gruppe "Prague Spring II- Network against the far right"
veranstaltet. Es kamen Vertreter der Zivilgesellschaft aus dem Donbass und
der Westukraine zusammen, um einen Dialog über Frieden und soziale
Gerechtigkeit zu führen. Moderator Leo Gabriel vom ASF hob den "historischen
Moment" hervor, denn zum ersten Mal überhaupt seit Beginn des Krieges in der
Ukraine kamen linke Aktivisten von beiden Seiten zusammen an einen Tisch.
Bisherige Versuche waren an Visabestimmungen gescheitert. So musste man also
nach Tunis reisen, um sich überhaupt Auge in Auge treffen zu können.

Die Dialogpartner konnten sich überraschend schnell und umfassend auf
gemeinsame Positionen einigen, die bereits im Vorfeld des Workshops in einem
Joint Statement festgehalten wurden. Einig ist man sich darin, dass der
Krieg den Menschen in der Ukraine von außen aufgezwungen wurde - von eben
jenen Oligarchen, gegen die sich die Maidanbewegung richtete. Diese ziehen
auch heute noch die Strippen, im Osten wie im Westen des Landes. Der
Einfluss des Auslandes tut ein Übriges. So heißt es im Joint Statement: "Wir
stehen gegen unseren Willen auf verschiedenen Seiten der Front." Es wird ein
wirksamer Waffenstillstand gefordert und das "Aufblasen von Hass und
Kriegshysterie auf beiden Seiten" verurteilt. Den Opfern der Krieges müsse
schnell geholfen und der Wiederaufbau des Donbass ermöglicht werden.

Alexander Smekalin, Gewerkschafter und Abgeordneter der Volksrepublik
Donetzk, hob den gemeinsamen Klassenstandpunkt aller ukrainischen
Arbeiterinnen und Arbeiter hervor. Diese litten nicht nur unter dem Krieg
und der ökonomischen Blockade der Donbassregion, sondern auch unter der
extremen Austeritätspolitik der Kiever Regierung. Darin pflichtete ihm
Zakhar Popovych, Maidanaktivist aus Kiev, bei. Zugleich verteidigte er die
Maidanbewegung. In ihren Reihen hätten sich zwar tatsächlich Rechtsradikale
befunden, aber eben auch progressive Aktivisten und Linke. Militante
Neonazis, so berichteten beide, kämpfen heute auf beiden Seiten der Front.

Was können wir tun? Nadja Shevchenko vom alternativen Kiever Kanal Spilno.tv
und ebenfalls auf dem Maidan dabei, wünscht sich von westlichen NGOs, dass
sie helfen die Forderungen der ukrainischen Akivisten international hörbar
zu machen. Von den Erfahrungen der Friedensbewegten der 80er Jahre könne
gelernt werden, wie Feindbilder abgebaut und die "Kultur einer
Friedensbewegung" entwickelt würden. Nina Potarksa vom Center für Social and
Labor Research in Kiev hob hervor, dass NGOs in der ganzen Ukraine sich
meist unterschiedslos um Kriegsopfer kümmerten - Ansatzpunkt für die
Entwicklung eines Standpunktes eines "gemeinsamen Humanismus".

Gabi Zimmer, Vorsitzende der Linksfraktion im Europaparlament, nahm
ebenfalls an dem Workshop teil und zitierte Berta von Suttner: "Die Waffen
nieder". Sie nennt es einen Skandal, dass weder ihre Fraktion, noch die
europäische Linke oder die Friedensbewegung bisher eine gemeinsame Position
zum Ukrainekonflikt gefunden haben. Statt die Situation der Menschen in den
Blick zu nehmen, werde über globale Schuldfragen diskutiert, zuweilen in
einem angestaubten Jargon. Direkte Informationen von linken Gruppen aus der
Region seien eminent wichtig für eine Positionsfindung der progressiven
Kräfte in Europa.

In der offenen Diskussion am Ende des Seminars wurde eine Vielzahl von
konkreten Ideen zusammengetragen, wie die europäische und globale
Friedensbewegung helfen könnte. Auffällig war die breite Zusammensetzung des
Publikums - Diskutanten aus Schweden, Russland und Tschechien waren ebenso
vertreten wie interessierte Zuhörerinnen aus dem Maghreb und von Attac
Japan. Leo Gabriel schloss die Diskussion mit dem Appell, "Hilfe zu
globalisieren" und an der begonnenen Positionsfindung gemeinsam
weiterzuarbeiten.

*Manuel Honisch, (GEW - Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft; BRD)*



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