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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 1. April 2015; 10:02
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> Zur Situation im Jemen

Die *Antiimperialistische Koordination* versucht in einer Aussendung den
aktuellen Konflikt im Jemen zu erklären:


Mehrere Tage dauern die Luftangriffe Saudi Arabiens und seiner Verbündeten
gegen den Jemen schon an. Obwohl diese ohne UNO-Mandat und ohne jegliche
aggressive Handlung seitens des Jemens gegen Saudi-Arabien stattfinden, rief
die UNO bis dato nicht einmal zum Einstellen der kämpferischen Handlungen
auf. Saudi-Arabien präsentiert die Operation "Sturm der Entschlossenheit"
als ein regionales Bündnis, um die "rechtmäßige Regierung" gegen die
"Machtübernahme der proiranischen Houthi-Milizen" zu beschützen. Hierzulande
wird das Ganze medial plump als ein sunnitisches Bündnis gegen eine
schiitische Machtübernahme dargestellt.

Die Situation im Jemen ist weitaus komplexer und ihre Hintergründe gehen
über den Rahmen dieser Stellungnahme hinaus. Wir möchten jedoch folgendes
feststellen:

1. Es findet im Jemen kein konfessioneller Konflikt statt, sondern ein
Machtkampf zwischen rivalisierenden Gruppen, der in die Mühlen des
regionalen Konfliktes zwischen dem Westen und Saudi-Arabien einerseits und
dem Iran auf der anderen Seite geraten ist. Es kämpfen nicht Staatsorgane
gegen Houthi-Milizen, sondern Organe des zerfallenden Staates gegeneinander.
Die Angriffe Saudi-Arabiens zerstören die Infrastruktur des jemenitischen
Staates und treffen kaum die Houthis. Der Jemen ist zum Opfer des regionalen
Konfliktes zwischen dem Westen und dem Iran geworden. Dieser Konflikt droht
das Land ebenfalls in das konfessionelle Raster hineinzuziehen.

2. Es sind die wiederholten Einmischungen Saudi-Arabiens seit der
republikanischen Revolution von 1963, die eine Demokratisierung der
Verhältnisse bzw. eine gerechte Übereinkunft zwischen den unterschiedlichen
Kräften im Land verhindert.

3. Die Zeidi-Konfession ist nicht mit dem 12-Imam-Schiitismus
gleichzustellen. Das ist eine moderatere Form des Schiitismus, die auch auf
theologischer Ebene mit dem Sunnitentum koexistenzfähig ist. Die politischen
Konflikte im Land beruhen auf politischen, sozialen und regionalen/tribalen
Differenzen und haben sich bis heute nie konfessionell artikuliert. Die
Moslembrüderfraktion in Jemen wird von der Familie Ahmar, Angehörigen des
Zeidi-Konfession geführt.

4. Die zwei großen Zeidi-Stämme im Norden, Hasched und Bakil, stellen 20%
der jemenitischen Bevölkerung. Ob unter Monarchie oder Republik, Hasched
spielte beim Einsetzen und Stürzen jedes Machthabers immer die Hauptrolle.
Zu Hasched gehören heute auch die Hauptkonfliktparteien, der ehemalige
Präsident Saleh, die Houthis, die Ahmar-Familie (Spitze der Moslembrüder).
Unter diesen drei Parteien verschoben sich in den letzten Jahren die
Bündnisse häufig und auf pragmatischer Basis.

5. Sowohl der Ausbruch der Kämpfe mit der Houthi-Miliz als auch die
Separationsbewegung im Süden war Folgen des Nichteinhaltens der Beschlüsse
des nationalen Dialogs seitens der Regierung in Sanaa. Diese war nach dem
Abgang von Saleh die Frucht eines politischen Kompromisses, den
Saudi-Arabien erzwang und der praktisch die Macht der Ahmar-Familie
sicherte.

6. Einerseits beruht die neue Eskalation des Konfliktes auf dem Druck
Saudi-Arabiens auf seine Verbündeten, keine mit Iran verbündeten Houthis an
der Macht zu beteiligen. Andererseits zeugt der Alleingang der Houthis von
Kurzsichtigkeit, denn in einem vielfältigen Land wie dem Jemen kann keine
einzelne Gruppe auf Dauer herrschen. Dieses Abenteuer kann auf die
Interessen ihres Unterstützers, des Irans zurückgeführt werden. Die Lösung
ist auf dem Verhandlungstisch unter ebenbürtigen Parteien möglich und nicht
durch ausländische Intervention.

7. Das sogenannte "Bündnis" Saudi-Arabiens entstand durch die Tatsache, dass
die Beteiligten Nicht-Golfstaaten direkte finanzielle Hilfe von
Saudi-Arabien erhalten. Sogar der libysche Staat, der nicht einmal den
ganzen libyschen Boden kontrolliert, zeigte Bereitschaft sich zu beteiligen.

(Antiimperialistische Koordination, Initiativ e.V. Duisburg / gek.)

Quelle: http://www.antiimperialista.org/de/node/244676



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