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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 4. März 2015; 17:43
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Glosse:

> Kirchenasyl - barmherziger Rechtsbruch

Während man in Österreich mit dem neuen Islamgesetz Muslime diskriminiert,
dürfen zumindest in Deutschland christliche Kirchen unbeschadet geltendes
Recht brechen. Nun wird sich wohl keine AntirassistIn dagegen aussprechen,
dass deutsche Kirchen Flüchtlingen Asyl und somit Schutz vor dem zynischer
Weise rechtmäßigen Zugriff des Staates gewähren. Doch fragen darf man schon
warum eine Religionsgemeinschaft defacto über dem Gesetz zu stehen scheint.

411 Menschen würde angeblich Kirchenasyl gewährt. Es ginge darum abgewiesene
Flüchtlinge so lange Unterschlupf zu gewähren bis ihr Fall wieder neu
aufgerollt werden könne. Der rassistische deutsche Staat hat damit keine
rechte Freude, wie die Kritik vom deutschen Innenminister Thomas de Maizière
(CDU) am Kirchenasyl deutlich macht: Seiner Meinung nach stellen sich die
Kirchen nämlich über das deutsche Recht. "Die Scharia ist auch eine Art
Gesetz für Muslime, sie kann aber in keinem Fall über deutschen Gesetzen
stehen", meinte er in diesem Zusammenhang (1).

Wo er Recht hat, hat er Recht und Tobias Plate, der Sprecher des
Innenministeriums betont, dass ein Kirchenasyl vom deutschen Rechtssystem
"so nicht vorgesehen sei". Vorsorglich wurde damit gedroht die Frist, die
Flüchtlinge abwarten müssen, bis ihr Fall wieder aufgerollt werden kann, von
sechs auf 18 Monate zu verlängern.

Trotzdem nahm de Maizere die angeblich "derbe Kritik" zurück (2) und
akzeptiert vorerst die von den Kirchen geschaffenen Fakten, so es sich um
Einzelfälle handeln würde nicht aber um systematischen Rechtsbruch. Norbert
Trelle, der Vorsitzende der Migrationskommision der deutschen
Bischofskonferenz meinte zur Kritik des Innenministers, dass es um die
Menschen ginge und "nicht um ein grundsätzliches juristisches Fechten". Der
Staat alleine hätte das Gewaltmonopol. Freilich ist er nicht bereit diesem
geheuchelten Respekt gegenüber weltlichem (Un)recht Taten Folgen zu lassen.
Für ihn gilt zwar nicht die Scharia, stammt dieses System doch von einer
anderen monotheistischen Sekte. Für ihn gilt unter anderem der Psalm 46 aus
einem anderen sehr fragwürdigen Machwerk, nämlich der Bibel: "Gott ist uns
Zuflucht und Stärke, ein bewährter Helfer in allen Nöten."

Man könnte sich auch fragen, warum zu Zeiten des Refugee-Protest-Camps
Vienna niemand von den gottesfürchtigen Hirten bereit war, den bedrohten
Refugees Asyl zu gewähren. Warum drängte man sie aus der Votivkirche raus
und vertrieb sie schließlich aus dem Serviten-Kloster? Ist die
österreichische römisch-katholische Kirche feiger als ihre deutsche
Schwester? Fehlen den hiesigen Würdenträgern die Cojones? Oder liegt es
vielleicht daran, dass ein organisierter, politischer Widerstand von armen
Schäfchen in Gottes Plänen nicht vorgesehen ist, weil er das eigentlich ganz
gut funktionierende Spiel zwischen Kirche, Caritas und Staat in Unruhe
bringt, die Rolle der Caritas hinterfrägt und geschäftsstörend wirkt?
*ro*die*


1) http://derstandard.at/2000012220067/Streit-um-das-deutsche-Kirchenasyl
2) http://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/nm-3307.html



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