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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 4. Februar 2015; 19:20
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Antifa:

> FPÖ-Ball-Proteste: Was sonst noch auffiel

Bilanz der Ball-Proteste: Es dürften 60 Festnahmen gewesen sein --
ursprünglich war die Zahl kleiner, das lag aber daran, daß die nächtlichen
Proteste beim Polizeianhaltezentrum nicht mehr von den berichterstattenden
Medien erfaßt worden waren. (Dort war zwar in der Vorahnung von Festnahmen
eine nächtliche Kundgebung angemeldet worden, die die Polizei aber nicht
zulassen wollte.) Insgesamt soll es etwa 100 Personenfeststellungen gegeben
haben.

Die Polizei sprach von 3 verletzten Polizisten -- was üblicherweise nicht
über Hautabschürfungen hinausgeht, weil diese sonst wohl genauer definiert
worden wären. Von verletzten Demonstranten berichtet die Polizei wie üblich
nicht, was aber auch kein Wunder ist, weil diese das üblicherweise nicht der
Polizei melden. Allerdings ist der Fall einer Frau dokumentiert, die die
Rettung brauchte (und die gut eine Viertelstunde lang trotz Bewußtlosigkeit
von der Polizei einfach nur am Boden liegen gelassen worden ist).

Weiters wurden zwei Fälle von Anhaltung bei der Anreise bekannt -- eine
Gruppe aus Tschechien und eine Gruppe aus Bayern sollen angehalten,
durchsucht und wieder zurückgeschickt worden sein. Dabei gab es einige
Beschlagnahmeungen. Die Polizei präsentierte einige Objekte per Pressephoto:
Während ein darunter befindlicher Schlagring tatsächlich eine verbotene
Waffe darstellt, kann man das von Taschenmessern nicht behaupten. Unter den
beschlagnahmten Gegenständen befanden sich aber auch eine Stirnlampe und ein
Handy, deren Beschlagnahme wohl rechtlich gar nicht zu rechtfertigen ist.

Auch der Einsatz -- oder zumindest die Drohgebärde mit Hunden -- beim
Volkstheater sollte nachträglich noch diskutiert werden. Immerhin gelten
Hunde auch bei der Polizei als Waffe, die lediglich weniger gefährlich sein
soll als Schußwaffen und sind damit kaum ein Mittel zur Deeskalation. Die
Tiere, die an sich gut dressiert sind und nicht so leicht aus der Ruhe zu
bringen sein sollen, waren so erregt und bellten so laut, daß sie einerseits
unnötige Panik erzeugten und zum anderen bei den anwesenden Tierschützern
für Empörung sorgten.

Die Polizei hatte auch versprochen, diesmal mit der Presse anders umzugehen.
Tatsächlich meinte sie nur Journalisten als solche ansehen zu müssen, die
von ihr vorher überprüft worden waren. Und selbst diese hatten es nicht
leicht, wie Florian Klenk vom Falter einsehen mußte. Dieser hatte sich
vorher in mehreren Tweets über das Verhalten von Demonstranten beschwert,
bekam aber trotzdem dafür keine Liebesbeweise durch die Polizei. So
twitterte er dann am späten Abend -- einen unbekannten Polizisten
zitierend --: ",Ihna Akkreditierung is ma wuascht. Die konn ana valuan hom.
Sie hom ka kamera. Sie san ka presse'. #oida {AT}LPDWien"

Die Zahlen zum Vergleich: 2014 waren es offiziell 20 Festnahmen; weiters war
von 9 Verletzten die Rede (Polizisten und bekanntgewordene Fälle von
Demonstranten). Die Dunkelziffer bei letzteren dürfte aber wohl höher
liegen.

Vorausgeplänkel

Polizeipräsident Gerhard Pürstl meinte in einem Interview
(http://www.wienerzeitung.at/?em_cnt=730054) vor dem heurigen Ball zu den
Vorfällen von 2014: "Von dutzenden Verletzten durch Tränengas und
Polizeifolter war die Rede. Es hat sich herausgestellt, dass null passiert
ist, also kein schuldhaftes Verhalten vorliegt." Naja. Allerdings hat Pürstl
auch als Demonstrant Erfahrung -- wenn auch wenig und anders einschlägig. Im
besagten Interview mit der Wiener Zeitung meinte er auf die Frage, ob er
selbst schon an einer Demo teilgenommen habe: "Ja, das war Anfang der 80er
Jahre auf einer Pro-Bundesheer-Demo. Ich war damals gerade Milizsoldat und
es war noch die Zeit des Kalten Krieges." Danke, keine weiteren Fragen.

Ursula Stenzel, die City-Bezirksvorsteherin, die sogar ihrer Partei schon zu
peinlich ist, um sie nochmal als Spitzenkandidatin aufzustellen, machte noch
einmal in den Medien Furore, als sie die Unterstützung der Polizei durch das
Bundesheer forderte. Das wurde zwar medial zumeist eher belächelt,
allerdings wäre das nicht das erste Mal, daß die ÖVP abgehalfterte
Sonderlinge als Meinungsavantgarde vorschickt. Parteifreundin Mikl und die
Sozialdemokraten Klug und Pürstl könnten demnächst diese Idee
weiterentwickeln.

Und immer wieder die Polizeipressestellen...

Wie seriös Polizeiberichte, die gerne von der Presse abgeschrieben werden,
nun sind, recherchierte das Nachrichtenteam "Von Unten" von "Radio Helsinki"
in Graz (http://cba.fro.at/278623). Bei den Protesten gegen den dortigen
Akademikerball wären Schaufensterscheiben eingeschlagen worden, hatte die
Polizei behauptet. Nur: Das entsprach nicht der Realität -- die Polizei
entschuldigte sich nachträglich damit, dies sei durch einen Hörfehler über
Funk im Bericht gelandet. Tja, die Kleine Zeitung, die Krone, der Standard,
FM4, der Falter, die Presse und der Kurier hatten diese Behauptung aber
einfach übernommen. Der Standard war indes seriös genug, nachträglich diesen
Fehler einzugestehen und dabei sogar auf die Recherche von Radio Helsinki zu
verweisen.
-br-



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