**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 10. Dezember 2014; 14:34
**********************************************************

Wien/Sozial/Initiativen:

> Einmal keine problemlose Delogierung

Am 5. Dezember wurde die Wohnung von Monika R. in Wien-Ottakring geräumt.
Sie war von der Solidaritätsgruppe "Zwangsräumungen verhindern" seit einigen
Wochen in ihren Bemühungen ihre Wohnung zu behalten unterstützt worden.

Doch in diesem Fall ging die Delogierung nicht -- wie so oft -- still und
leise über die Bühne. Die Soligruppe berichtet:
*

Der Hintergrund in Kürze: Ein Wasserschaden sorgte dafür, dass Monika ein
Jahr lang kein fließendes Wasser in der Wohnung hatte. Trotzdem zahlte sie
ihre volle Monatsmiete. Auf perfide Weise wurde dieser Wasserschaden als
Kündigungsgrund verwendet. Sie war die letzte Mieterin in einem Haus, in dem
bereits alle anderen hinausgeekelt und die Wohnungen in Eigentumswohnungen
umgewandelt wurden. Von Behörden, Besitzer*innen und ihren Betreuer*innen
wurde Monika jahrelang gegängelt und nicht ernst genommen. Sie wollte in
ihrer Wohnung bleiben und das Kündigungsverfahren erneut aufrollen bzw.
unabhängige Sachverständige sollten den Schaden in der Wohnung erneut
prüfen. Monika lebte seit ihrer Kindheit in dieser Wohnung, wuchs dort auf
und war dort auch emotional verwurzelt.

Eigentlich gab es für den 10.12. einen gerichtlichen Räumungstermin, zu
dessen Verhinderung bereits seit Wochen öffentlich mobilisiert wurde. Doch
vor dem Haus, in dem Monika R. wohnte, sowie gegenüber tauchten
Parkverbotsschilder auf. Am nächsten Eck wurde am 4.12. ein
Umleitungs-Schild aufgestellt. Diese Vorgangsweise ist bei Zwangsräumungen
üblich. Es gibt keinen anderen ersichtlichen Grund für die Aufstellung der
Schilder. Aufgrund der aufgestellten Schilder ging die Solidaritätsgruppe
davon aus, dass der Termin auf Freitag den 5.12. vorverlegt wurde. Dass dies
von Seiten des Gerichts nicht an Monika kommuniziert wurde, ist leider
typisch dafür, wie das ganze Verfahren bisher gelaufen ist. Wahrscheinlicher
Grund war der Aufruf, die Räumung am eigentlich geplanten Termin zu
verhindern.

Am Morgen des 5. Dezember wurde Monika vom Gerichtsvollzieher dort hinaus
quittiert, es waren etwa 60 Polizist*innen u.a. von der Spezialeinheit WEGA
zugegen, und die Straße zu ihrer Wohnung wurde komplett verriegelt.

Presse berichtet, aber...

Nach der Räumung hat sich die Solidaritätsgruppe sehr über das Medienecho
gefreut. Mangelnde Recherche von meinungsbildenden Medien ist hierbei zu
bedauern. Die Solidaritätsgruppe möchte noch einmal mit einigen teils
verleumderischen Behauptungen aufräumen:

Monika R. wurde nicht informiert, dass der Räumungstermin vom 10. Dezember
auf den 5. Dezember vorverlegt wurde. Ihr Sachwalter wusste darüber
Bescheid, informierte sie allerdings nicht! Monika konnte demnach ihre
Sachen nicht ordentlich packen; einige Utensilien, um die sie bat, sind
schon abhandengekommen. Sie hat am Tage noch einmal in der alten Wohnung
nachsehen wollen, um beispielsweise ihr Handyladegerät abzuholen, doch das
Wohnungstürschloss war schon ausgetauscht. Und leider hatte Monika R. nicht
die Gelegenheit, sich angemessen von der Wohnung zu verabschieden, in der
sie einige Jahrzehnte lebte.

In sämtlichen Berichten ist die Rede von "Ex-Bewohnern der Pizzeria
Anarchia", die gegen die Delogierung protestieren. Sicherlich hat die
Pizzeria Anarchia für viel Wirbel gesorgt, doch das einzige, was ähnlich war
mit der Räumung der Pizzeria, war vermutlich das hohe Polizeiaufgebot. Die
Delogierung/ Zwangsräumung wird dabei immer wieder zu einem Phänomen der
sozialen Randgruppen degradiert. Mietpreiserhöhungen betreffen allerdings
uns alle und sind längst in unserer Mitte gegenwärtig. Die
Solidaritätsgruppe möchte daran erinnern, dass täglich durchschnittlich 7
Zwangsräumungen in Wien stattfinden.

Ein Sprecher vom Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) hat anscheinend
gegenüber Radio Wien erwähnt, die neue Wohnung, die Monika R. zur Verfügung
gestellt wurde, sei von ihr schon vor zwei Monaten bezogen worden. Nein, das
ist nicht wahr! Monika R. hat diese Wohnung im Erdgeschoss auf einer
Hauptstraße, 200 Euro teurer als die Vorherige, nie beziehen wollen. Sie hat
auch den Mietvertrag nicht unterschrieben, sondern dies erledigte für sie
ihr Sachwalter gegen ihren Willen. Monika R. wurde an vielen Stellen
übergangen oder nicht in Kenntnis gesetzt. Die neue Wohnung ist dabei nur
eines von vielen Beispielen. Aber es ist doch interessant, dass ein
SPÖ-Politiker, der offensichtlich nicht über den Sachverhalt informiert ist,
zu diesem Kasus befragt wird.

(Solidaritätsgruppe "Zwangsräumungen verhindern" / bearb.)

Originaltext und weitere Info: http://zwangsraeumungenverhindern.noblogs.org



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
Blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
Facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
Mail: akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW