**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 5. November 2014; 17:00
**********************************************************

Bücher:

> Ukraine-Buch mit Defiziten

Peter Strutynski (Hg.)
Ein Spiel mit dem Feuer.
Die Ukraine, Russland und der Westen.
Papy Rossa Verlag, Köln 2014. 216 Seiten. 13,30 Euro

Das Buch bietet interessante Einblicke und Informationen, läßt jedoch
wichtige Bereiche, wie die Herrschaft der Oligarchen, ziemlich unbeleuchtet.
Pikanterweise kommt in dem von Linken geschriebenen Buch die -- sicher
kleine -- ukrainische Linke kaum vor.

Die Meriten des Buches liegen vor allem darin, detailliert zu zeigen, was
die westlichen Interessen an der Ukraine sind; wie an allen Ecken und Enden
schamlos interveniert wird; wie der Vormarsch der Nato nach der Wende 1989
über die Bühne geht; was eine Assoziierung der ökonomisch wackeligen Ukraine
an die EU bedeutet. Und diese imperialistische Expansion in den Osten wird
begleitet von einem gigantischen manipulativen Medienapparat.

Leider hats sichs damit auch schon weitgehend. Der Herausgeber, der bekannte
deutsche Friedensaktivist Peter Strutynski, sagt selbst, was die Crux des
Buches ist: "...die landes- oder kulturgeschichtlichen Aspekte mögen
vielleicht zu kurz kommen". (S.17)

Und so wird von etlichen AutorInnen suggeriert, daß der "Maidan" vor allem
eine ausländische Sache war -- wenn nicht gar ein "Staatsstreich" oder ein
"faschistischer Putsch" (siehe etwa S. 41 ff) -- hier ähneln sie den
bürgerlichen Ideologien, die keine Verständnis für interne gesellschaftliche
Prozesse aufbringen.

Ausgewogen hingegen zeigt der Beitrag von Kai Ehlers (S. 80ff), wie der
Maidan tatsächlich entstanden ist, wie er schließlich "politisch enteignet"
wurde und es zur Bildung einer rechten, neoliberalen Regierung kam --
durchsetzt mit rechtsextremen Elementen. Fundiert und differenziert ist auch
das Kapitel von Norman Paech "Wem gehört die Krim? Die Krimkrise und das
Völkerrecht" (S.65 ff).

Es herrscht in dem Buch eine einseitige, dominant geopolitische
Betrachtungsweise vor. Diese führt auch dazu, daß das Putin-Regime keiner
harschen Kritik unterzogen wird: "Vergessen" werden die Morde, der Krieg in
Tschetschenien, die zahllosen Einschränkungen demokratischer Freiheiten, die
Wahlfälschungen etc. Es entsteht eine Art Revival der "Lagertheorie": weil
es völlig richtig ist, gegen NATO & Co zu sein, "muß" man mit Putin sein --
der oft so behandelt wird, als ginge es noch um die degenerierte Sowietunion
und nicht um einen autoritären, kapitalistischen Staat mit neoimperialen
Aspirationen.

Die "Lösung" des Ukarine- Konflikts wird vor allem auf der "oberen Ebene"
anvisiert: Verhandlungen, Sicherheitsgarantien, ev. Neutralitätsstatus der
Ukraine, Föderalisierung etc. So wie über die in der Ukraine sehr wohl
existierenden sozialen Bewegungen, Gewerkschaften und die Linke (im Westen
wie im Osten der des Landes) kaum etwas zu erfahren ist, wird auch nix über
Alternativen "von unten" gesagt. Gerade die wären jedoch jetzt mehr denn je
zu beachten: nach den diversen Wahlen droht ein "deal" zwischen Obama,
Merkel, Putin und den Oligarchen der West- und Ostukraine mit den
entsprechenden "Spar"programmen für die Bevölkerung.

Alles in allem: man/frau sollte das Buch lesen, aber sich dessen bewußt
sein, was in ihm ausgespart bleibt.
*Hermann Dworczak *



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
Blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
Facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
Mail: akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW