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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 4. Juni 2014; 03:20
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Letzte Worte:

> Die Sorgen der FPÖ

Und das seltsame Kommunikationsverhalten erwachsener ÖVPler zur Zeit nach
dem Mittagsjournal
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Daß die FPÖ, speziell die Wiener Stadtpartei (und da besonders Herr Gudenus
junior), viel Unsinn verzapft, ist ja nichts Neues. Aber in den letzten
Wochen ging so einiges über die Ticker, wo man sich wirklich fragen muß...

Die FPÖ will ja eigentlich Demos in der Wiener Innenstadt möglichst gar
nicht zulassen. Das ist ja nichts Neues. Ähnliches fordert ja auch die ÖVP
seit mindestens zwanzig Jahren. Doch Johann Gudenus und sein
Verkehrssprecher Mahdalik gehen da jetzt noch weiter: Generell sollten
"Einkaufsstraßen und Hauptverkehrsadern zur Bannmeile" gemacht werden.

Sorry, FPÖ, aber "Bannmeilen" gibt es nur um den Sitz gesetzgebender
Körperschaften -- auch wenn Autoverkehr und Konsumwahn sehr bestimmende
Faktoren in diesem Land sind, offizielle Verfassungsinstitutionen sind das
ja doch nicht. Und Burschenschafter könnten bei so einer Bannmeile dann auch
nicht mehr in der Stadt demonstrieren, sondern nur mehr im Wald
spazierengehen, weil überall anders gibt es in einer Großstadt halt
Einkaufsstraßen und Hauptverkehrsadern.

Brunnenmünzschutz

FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein hat aber auch lustige
Ideen. Sie sorgt sich, nein, nicht um die Gesundheit, sondern um das
Brauchtum: Das "Werfen von Münzen in Zierbrunnen, um Glück, Wohlstand oder
Gesundheit zu erhalten oder wiederzulangen" müsse erhalten bleiben, doch
werde "das Brauchtum zerstört, da immer weniger Touristen Geld in die
Brunnen werfen". Dies wäre so, weil "seit einigen Jahren" "organisierte
Banden" in Zierbrunnen stiegen und dort Geldstücke entwendeten. In
parlamentarischen Anfragen an Innen- und Justizministerium will die
Nationalrätin unter anderem wissen, wie viele Anzeigen wegen Münzdiebstahls
aus Brunnen seit dem Jahr 2008 erstattet wurden, wie hoch die jeweilige
"Beute" gewesen wäre und welcher Nationalität die angezeigten Personen
angehören.

Einem ähnlich bedeutenden Thema widmet sich eine weitere parlamentarische
Anfrage der FPÖ, die Bedenken hat wegen jener 23 Birkenbäume, die im
Gedenken an die verstorbene SPÖ-Ministerin Johanna Dohnal in Wiener Parks
gepflanzt worden sind. Die Anfrage richtete sich an die jetzige
Frauenministerin Heinisch-Hosek, die die Pflanzaktion unterstützt hatte. Die
FPÖ hat dabei natürlich gar kein Problem mit dem Andenken an Dohnal,
allerdings sorgt sie sich um die entstandenen Kosten und daß die 23 Birken
die Pollenbelastung in Wien verschlimmern könnten. Heinisch-Hossek
antwortete darauf trocken, daß "im Verhältnis zu den rund 100.000
Alleebäumen" in Wien 23 Birken "keine Anzahl" seien.

Zurück zu Herrn Gudenus. Der belästigte das Publikum des APA-OTS-Tickers am
4.Mai mit folgender Meldung: "Wenn es nach dem Willen einiger ewiggestriger
Linksextremer gehe, so könnte Wien künftig zweisprachige Ortstafeln
bekommen. Neben dem deutschen Namen soll Wien dann künftig auch die
türkische Bezeichnung tragen. Diese Idee berufe sich auf den Status der
Volksgruppenzugehörigkeit, der für Zuwanderer nach drei Generationen
theoretisch beantragt werden könne." Von wem er diese Idee gehört haben
will, erzählt er uns allerdings in dieser Aussendung nicht. Und nachdem die
Existenz anderer Volksgruppen -- darunter die schon seit langem anerkannten
Tschechen -- bislang nicht zu einer Zwei- oder Mehrsprachigkeit der Wiener
Ortstafeln geführt hat, muß sich Herr Gudenus wohl auch weiterhin nicht vor
Kärntner Verhältnissen fürchten. Eigentlich schade...

Amerlinghaus! Skandal!

Daß das Amerlinghaus jetzt doch noch vom Wiener Rathaus eine zweite
Förderung erhält, läßt natürlich Herrn Gudenus erst recht daß Geimpfte
aufgehen. Daß er dabei allerdings so völlig seinen Realitätssinn verliert,
muß doch nun wirklich nicht sein. Denn der FPÖ-Klubobmann im Rathaus
schließt seine Wut-Aussendung über das Amerlinghaus mit den Worten:
"Spätestens wenn wir nach der Wahl im nächsten Jahr die Regierung
übernehmen, ist Schluss mit diesem Spuk!" Ja, sicher, mit der ÖVP als
Koalitionspartner vielleicht? Oder darfs gleich die Absolute sein?

Auch wie die FPÖ sich so gegenüber ihren Renegaten verhält, ist nicht
uninteressant. Das dürfen wir einer Aussendung des früheren FPÖlers und
BZÖlers und mittlerweile REKOSlers Ewald Stadler entnehmen. Dieser liess
über OTS mitteilen: "Abgeordnete und Mitglieder der FPÖ haben in Reaktion
auf einen Brief von Martin Thelen (REKOS) den REKOS-Chef Ewald Stadler als
'Kerzerlschlucker' beschimpft." Irgendwie süß, wenn sich FPÖler und deren
Spalter gegenseitig fertigmachen...

ÖVP-Kanonsingen

Ebenfalls verhaltensoriginell zeigte sich am Montag die ÖVP. Mit dem Ende
des Mittagsjournals -- in dem es sehr ausführlich um die Debatte in der
Koalition bzgl. Steuerreform ging -- jagten die schwarzen Mandatare und
Funktionäre eine Presseaussendung nach der anderen über den APA-OTS-Ticker.
Jede dieser zwischen 13 Uhr und 13:18 getätigten Aussendungen trug den Titel
"Echte Reformen statt neuer Schulden und neuer Steuern". Der Inhalt war auch
immer wortident und enthielt die ja eh schon bekannten Positionen der ÖVP --
nur der Verfasser war angeblich immer ein anderer. Mal war es der 2.NR-Präsi
Kopf, mal die Innenministerin, mal der Außenminister, mal der
Wirtschaftsbund und mal der Bauernbund. Insgesamt 13 verschiedene ÖVPler
werden da mit dem spannenden Mantra zitiert: "Der Staat hat ein
Ausgabenproblem, kein Einnahmenproblem."

Fühlt sich die ÖVP nicht ernstgenommen genug oder fürchtet sie darum, nicht
mehr als Einheit wahrgenommen zu werden, weswegen jetzt alle
Spitzenvertreter die gleichen Aussendungen machen mußten? Quasi: "Ich glaube
an die Eingkeit der Österreichischen Volkspartei und ihrer Bünde so wie an
ihren Obmann Michael Spindelegger, gepriesen sei sein Name"? Oder wurde der
APA-Originaltextservice Opfer eines Anonymous-Hacks, um die ÖVP zu
verarschen?

Nein, hieß es auf Anfrage bei der APA, das habe wohl schon alles seine
Richtigkeit: "Wir haben uns auch schon gewundert, aber das war wohl eine
konzertierte Aktion."

Normalerweise kostet übrigens so eine Aussendung 150 Euro, aber die Parteien
haben beim APA-OTS einen Mengenrabatt. Und wenns im Dutzend billiger ist,
wollte die ÖVP das wohl mal so richtig ausnutzen. Schließlich ist das ja die
Partei, die etwas von Wirtschaft versteht.
-br-

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Belege, daß wir die FP-Statements nicht selbst erfunden haben, finden sich unter:
Bannmeile: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140521_OTS0248
Münzenschutz: http://derstandard.at/1399507640374
Birkenpollen: http://orf.at/stories/2232007
Ortstafel: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140504_OTS0019
Amerlinghaus: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140529_OTS0030
Kerzerlschlucker: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140519_OTS0216



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