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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. Mai 2014; 17:11
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Nachruf:

> Peter Coffey 1982 - 2014

Einen engen persönlichen Freund zu verlieren ist mir eigentlich zu
persönlich für einen Nachruf. Da der am vergangenen Samstag im Kreise
seiner Familie und FreundInnen verstorbene Peter Coffey aber auch ein
politischer Mensch und Aktivist war, den wohl auch manche hier
kannten, will ich trotzdem anstatt eines Nachrufes einige Zeilen über
Peter als öffentlichen Menschen verlieren.

Ich lernte Peter vor vielen Jahren kennen, als er noch ins Gymnasium
gehend einer der spannendsten, streitbarsten, frechsten und
diskussionsbegeistertsten Aktivisten der Grünalternativen Jugend (GAJ)
war. Er gehörte quasi der Nachfolgegeneration unserer
Gründergeneration an, zu der einige von uns damals noch Kontakt
hielten. Die GAJ war - obwohl damals die offizielle Jugendorganisation
der Grünen - ein Sammelbecken linker und ökologischer Jugendlicher,
die eine weit grundlegendere Kritik von Staat und Kapital
formulierten, als die Grünen. Peter war ein junger Linker, der - wie
mir schien - diese Linie in seiner Generation mitprägte.

Peter wurde mir nicht nur ein guter Freund, sondern schließlich auch
ein politischer Genosse, nachdem er nach seiner Zeit bei der GAJ um
das Jahr 2000 herum auch einige Zeit in der Ökologischen Linken
(ÖKOLI) aktiv war, die ich 1999 mit einigen ehemaligen GAJlerInnen,
denen die Grünen zu bürgerlich und zu wenig kapitalismuskritisch
waren, gegründet hatte und die sich sehr stark in die antinationale
Kritik der schwarzblauen Regierung einbrachte. Peter war auch in einer
der widerborstigsten Gruppen der radikalen Linken widerborstig. Mit
Peter in einer politischen Organisation zu sein, hieß auch sehr viel
mit ihm zu streiten. Er hinterfragte alles und beharrte auf seinen
Standpunkten. Man benötigte wirklich sehr gute Argumente um ihn von
etwas zu überzeugen. Damit half auch niemand so sehr die eigenen
Argumente zu schärfen, wie dieser schlaue und sture Kopf, der für
billige Propaganda nie zu haben war.

Wie so viele von uns blieb er auch nach dem Ende dieser Gruppe ein
politisch aktiver, jedoch heimatloser Linker. Wählen war für ihn
angesichts des Mangels einer ihm wirklich zusagenden sowohl linken als
auch demokratischen, kosmopolitischen und ökologischen Alternative
etwas Strategisches mit dem man eben den Rechtsruck verhindern könnte.
Zuletzt versuchte er seine FreundInnen davon zu überzeugen bei den
EU-Wahlen für die Sozialdemokratie zu stimmen. Und zwar nicht, weil er
plötzlich zum Sozialdemokraten geworden wäre, sondern weil er es
wichtig fand in Zeiten wie diesen einen progressiven Präsident der
Europäischen Kommission durchzusetzen. Als geborener Europäer aus
irisch-wiener-jüdischer Familie, schreckten ihn aber wohl auch die
unterschwellige "Europaskepsis", die manche Wahlplakate der Grünen und
von Europa Anders vermittelten, etwas ab.

Sozialdemokrat wäre Peter aber wohl auch keiner geworden, wenn er uns
länger erhalten geblieben wäre. Links sein, war für ihn dabei trotz
parteipolitischer Heimatlosigkeit, kein bloßer Salonmarxismus, sondern
auch etwas sehr praktisches. Peter war weiter bei Veranstaltungen,
Diskussion und Demonstrationen präsent. Dass er jedes Jahr nach seiner
Steuererklärung Geld vom Finanzamt zurückbekam obwohl er ja mit seinem
Geld auskam, fand er irgendwie unfair und überwies ohne weiteren
Kommentar das zurückerhaltene Geld unserer Liga für emanzipatorische
Entwicklungszusammenarbeit LeEZA, deren Frauenprojekte in Kurdistan er
damit förderte.

In seinem Studium der Geschichte beschäftigte er sich mit
unterschiedlichsten Themen. Der Kaukasus interessierte ihn ebenso, wie
der Nahen Osten oder das Verhältnis Österreichs zu Nationalsozialismus
und Faschismus. In meinem Sammelband "Dem Krieg entkommen?
Tschetschenien und TschetschenInnen in Österreich" leistete er einen
Beitrag über die Rolle des Islam in der tschetschenischen
Unabhängigkeitsbewegung ("Zwischen Sufi-Bruderschaft und Wahabismus").
Seine Diplomarbeit schrieb er dann zum Thema "Afrikanische Soldaten im
französisch besetzten Vorarlberg 1945/46".

Nicht nur als Vorarlberger hätte ich mir immer gewünscht, dass er
diese wichtige Arbeit einmal als Buch überarbeitet und publiziert.
Mehrmals hatte ich versucht ihn davon zu überzeugen, dass er damit
einen wichtigen Beitrag für die Lokalgeschichte leisten würde.
Perfektionist, der er war, fand er die Arbeit in dieser Form aber
nicht publikationsfähig. Ein wichtiges Archiv in Frankreich hatte
während seiner Recherchen geschlossen. Wenn er seine Arbeit
publizieren würde, dann wollte er auch dort noch einmal hin um neues
Material zu bekommen. Seine schlechter werdende Gesundheit hat ihm das
nicht mehr erlaubt.

Nun gab es für ihn mit einer Operation neue Hoffnung auf ein besseres
Leben. Pläne für eine Überarbeitung seiner Diplomarbeit zu einem
Buch - aber auch für eine Dissertation - wurden wieder geschmiedet.
Diese Hoffnung ist nun sehr überraschend zerstört worden. Peter, wir
werden Dich als Freund aber eben auch als politischen Menschen und
hoffnungsvollen Nachwuchswissenschaftler vermissen! Du fehlst uns
jetzt schon!

*Thomas Schmidinger *



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