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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. Mai 2014; 18:04
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Moderne Zeiten:

> Hilfestellungen zum EuGH-Google-Urteil

Aussendung der *ARGE DATEN*

Mit dem EuGH-Urteil C-131/12 hat der Europäische Gerichtshof
wesentliche Klarstellungen zu den Suchmaschinenbetreibern getroffen.
Suchmaschinen sind wie klassische Datenverarbeitungen organisiertund
fallen vollständig unter den Anwendungsbereich der EG-Richtlinie
Datenschutz 95/46/EG (http://www.argedaten.at/recht/eu.htm).
Überraschend ist eher der Zeitpunkt der Feststellungen, knapp vor
Auslaufen der Datenschutzrichtlinie, aber zeitgerecht vor
Verabschiedung der neuen EU-Grundverordnung Datenschutz.

Google-Suchmaschine ist personenbezogene Datenverarbeitung

Kein Google-Nutzer wird ernsthaft annehmen, dass bei seiner
Suchanfrage "das Internet" in Echtzeit durchsucht wird. Dies würde
etliche Wochen und nicht einige Millisekunden dauern. Tatsächlich wird
von Google der öffentliche Teil des Internets auf Vorrat in einer
Datenbank erfasst, dies passiert vollautomatisch. Diese Datenbank, die
viele zehntausend Terabyte umfasst, istwohl die größte
Vorratsdatenspeicherung der Welt. Sie enthält weit mehr Informationen
als der naive Benutzer bei der Suchabfrage angezeigt bekommt, unter
anderem auch wann Informationen ermittelt wurden und wie
sieuntereinander in Verbindung stehen. Es ist leicht nachvollziehbar,
dass ein derartiges System die Begehrlichkeiten von Geheimdiensten
weckte.

Da diese Datenbank auch Informationen von Privatpersonen enthält, hat
der EuGH in seinem Urteil klargestellt, dass die
Datenschutzbestimmungen anzuwenden sind. Dem Benutzer stehen daher
Auskunfts-, Löschungs- und Richtigstellungsrechte zu. Für die
Beurteilung, ob Datenverarbeitung vorliegt oder nicht ist es
unerheblich, ob die Daten automatisiert (wie bei Google) oder manuell
ermittelt werden.

Bisher hatte Google das System so dargestellt, dass es bloß ein
ungeordneter Zwischenspeicher von Informationen des Internets sei und
somit Google dafür keinerlei Verantwortung habe. Mit dieser Mär hat
der EuGH endgültig Schluss gemacht.

Google-Suchmaschine fällt unter die europäischen
Datenschutzbestimmungen

Auch unter eine andere Google-Mär zieht der EuGH einen Schlussstrich.
Das europäische Datenschutzrecht sei auf Google nicht anwendbar, da
die Verarbeitung nicht in Europa passiere und die diversen
Google-Niederlassungen in Spanien, Deutschland, Österreich usw bloß
Vertriebsbüros für Onlinewerbung seien, ein völlig anderer
Geschäftszweig von Google.

Dem entgegnete der EuGH, dass diese Europaniederlassungen jedenfalls
von den enormen Fähigkeiten der Google-Suchdatenbank profitieren und
daher auch die rechtliche Verantwortung hätten.

Ergänzend sei noch angemerkt, die meisten persönlichen Daten von
Europäern werden von Google aus europäischen Internetdiensten und
Webangeboten ermittelt. Im gegenständlichen Fall wurden Nachrichten
vom Webserver einer spanischen Zeitung ermittelt und verarbeitet.
Erfolgt die Ermittlung innerhalb der EU, dann fällt das jeweilige
Unternehmen schon allein deswegen unter die Datenschutzbestimmungen
der EG-Richtlinie.

Datenschutzrechte gelten nicht automatisch und unbedingt

Mit einer dritten Mär räumt der EuGH auch auf: Mit dem Löschungsrecht
von Privatpersonen würde die Meinungsfreiheit im Internet zerstört und
Zensur ausgeübt.

Hier stellt das Urteil klar, ein Löschungsrecht gibt es nicht
automatisch, sondern es sei eine Abwägung der verschiedenen
Grundrechte zutreffen. Bei Privatpersonen sind strengere Maßstäbe bei
der Veröffentlichung anzulegen als bei Politikern oder
(Seitenblicke-)Berühmtheiten. Weites ist auch die Aktualität von
Informationen von Bedeutung. Im gegenständlichen Fall ging es um eine
Jahre zurückliegende, Zwangsversteigerung einer Immobilie einer
Privatperson. Dafür gibt es kein begründbares öffentliches Interesse.

Wesentlich ist jedoch, das öffentliche Interesse ist vom
Suchmaschinen-Betreiber nachzuweisen und nicht der Löschungsanspruch
vom Betroffenen. Die Löschung ist somit als Normalfall, die
Nicht-Löschung, das Nicht-Vergessen-Werden als begründbarer
Ausnahmefall definiert. Google muss daher im Einzelfall entscheiden,
welcher Datensatz gelöscht wird und welcher nicht.

Hans G. Zeger, Obmann ARGE DATEN: "Faymann, Spindelegger und Co würden
mit einem Löschungsbegehren bezüglich ihrer nicht eingehaltenen
politischen Versprechungen bei Google abblitzen, auch wenn sie es sich
noch so wünschen. Politiker haben kein 'Recht auf Vergessen werden'."

ARGE DATEN unterstützt bei Löschung

Mindestens 100.000 ÖsterreicherInnen sind direkt von veralteten,
irreführenden oder fehlerhaften Suchmaschineneinträgen betroffen. Für
die Betroffenen hat dieses Urteil die Konsequenz, dass sie sich aus
der Google-Suchmaschine und auch aus allen anderen vergleichbaren
Such- und Listensystemen löschen lassen können. Das Urteil geht sogar
noch weiter, es ist Betroffenen möglich, vorbeugend einen Widerspruch
bei einem Suchmaschinen-Betreiber zu hinterlegen, dass für die Zukunft
keine persönlichen Daten zu seiner Person verarbeitet werden.

Auf Grund des EuGH-Urteils besteht dieser Löschungsanspruch direkt
gegenüber dem Suchmaschinen-Betreiber, aber auch gegenüber seinen
Tochterunternehmn, die im Bereich der EU ihren Sitz haben. Konkret bei
Google wären das Google Inc, USA und Google Austria, AT. Google ist
ein Meister im Verhindern von rechtlich verbindlichen Kontakten,
gleichzeitig bestehen sehr komplexe und undurchsichtige
Unternehmenskonstruktionen.

Die ARGE DATEN hat ein Musterschreiben entwickelt und empfiehlt es
jedenfalls an folgende Einrichtungen zu senden (Angaben wurden zwar
sorgfältig recherchiert aber ohne Gewähr):

Google Austria GmbH (österreichische Niederlassung)
A-1010 Wien, Graben 19/9
fon +43.1.23060.6111 fax +43.1.23060.6101 mail press-at{AT}google.com
Geschäftsführung: Christine Elizabeth Flores, Graham Law
HG Wien FN 265694b http://www.google.at

Google Inc. (Konzernzentrale)
USA - CA 94043 Mountain View, 1600 Amphitheatre Parkway
fon +1.650.253.0000 fax +1.650.253.0001 mail ???
Senior Manager, International Communications: Debbie Frost
fon +1.650.253.4660 mail dfrost{AT}google.com
http://www.google.com

Zur Sicherheit kann das Löschungsbegehren an folgende
Google-Einrichtungen
geschickt werden, die direkt oder indirekt für Österreich zuständig
sind:

Google Germany GmbH (deutsche Niederlassung, die auch
Österreichdienste betreut)
D-20354 Hamburg, ABC-Straße 19
fon +49.40.80.817.90.00 fax +49.40.49.21.91.94 mail deutsch{AT}google.com
Datenschutzbeauftragter: Per Meyerdierks
http://www.google.de

Google International LLC (Gesellschafter der österreichischen
Niederlassung)
USA - CA 94043 Mountain View, 2400 Bayshore Pkwy
fon +1.650.623.4000

Wir empfehlen ausdrücklich die postalische Zusendung, eine Zusendung
per Fax kann möglich sein, von der E-Mail-Zusendung raten wir derzeit
ab. Wir werden jedoch laufend über die Löschungserfahrungen berichten.

In den nächsten Wochen werden wir das Löschungsbegehren erweitern und
auf andere Suchmaschinenbetreiber ausdehnen.

ARGE DATEN - Unterstützung bei Löschungsverweigerung

Sollte eine Löschung nicht wunschgemäß ablaufen, dann wird die ARGE
DATEN Betroffene in Musterverfahren vertreten.

Voraussetzung dazu ist die Beachtung folgender Schritte:
- der Betroffene hat selbst schriftlich eine Löschung bei den
empfohlenen Stellen beantragt (wichtig ist die Dokumentation von
Einschreibbelegen, Empfangsbestätigungen usw)
- es existiert eine Ablehnung durch den Suchmaschinenbetreiber
- der Betroffene stellt der ARGE DATEN die gesamte Korrespondenz zur
Prüfung zur Verfügung und erteilt eine Vollmacht für weitere Schritte

Die Form der Unterstützung wird im Einzelfall entschieden und kann die
Intervention beim Suchmaschinenbetreiber genauso umfassen, wie die
Einbringung einer Musterklage. Das Service ist grundsätzlich
kostenlos, jedoch ist die ARGE DATEN auf Mitgliedsbeiträge, Spenden
und Zuwendungen angewiesen.

Recht auf Vergessen werden nimmt im Internetzeitalter langsam Gestalt
an

Die wichtigsten Aussagen des EuGH-Urteils betreffen abstrakte Fragen
der Internetgesellschaft. Was bedeutet Veröffentlichung im Internet?
Was darf mit veröffentlichten Daten gemacht werden? Was bedeutet
Löschungsrecht?

Das Urteil trifft eine klare Unterscheidung zwischen dem, was eine
Privatperson im Internet im Einzelfall tut bzw. tun darf, und was
Unternehmen mit ihren enormen technischen Mitteln tun dürfen. Es macht
einen Unterschied, ob eine Privatperson durch Recherche im Einzelfall
für eigene Zwecke Informationen verknüpft und daraus Schlüsse zieht
oder ob das Geschäftsmodell eines Unternehmens darauf ausgerichtet
ist, systematisch Informationen zu Personen zu verknüpfen und einer
breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Kurz zusammen gefasst: Die Veröffentlichung einer Information in einer
"Ecke" des Internets, die vielleicht nur von ganz wenigen Personen
gefunden und genutzt wird, rechtfertigt nicht automatisch die
Veröffentlichung in einem anderen, mehr in der Öffentlichkeit
stehenden Teil des Internets. Dem Betroffenen steht es zu, diese
Verwendung von Daten, auch wenn die Daten rechtmäßig veröffentlicht
sind, zu beschränken.
(gek.)


Weitere Infos: http://www.argedaten.at/


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