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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 9. April 2014; 19:20
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Debatten:

> Das Ende der Bittschriften

Bittschriften sind in unserer Demokratie in Mode gekommen. Alleine
zwischen 2008 und 2013, also der letzten Gesetzgebungsperiode, wurden
294 dieser Petitionen und Bürgergesuche im Nationalrat eingereicht,
die derzeitige Regierung ist mit weiteren 52 Bittschriften
konfrontiert.

Dass Bürgerbegehren dieser Art inflationäre Ausmaße erreichen,
verwundert wenig, wächst doch die Unzufriedenheit der Bürger mit den
politischen Entscheidungen ihrer gewählten Repräsentanten deutlich.

Allerdings zeigt das österreichische Petitionsrecht auch die Grenzen
dieser Art von Bürgerbeteiligung auf, indem es diese demokratische
Mitbestimmung des Volkes auch klar in ihre Grenzen verweist. Diese
endet nämlich beim Petitionsausschuss, in welchem die
Regierungsvertreter die Mehrheit haben. Diese können eine Petition
"zur Kenntnis nehmen", von der "weiteren Behandlung Abstand nehmen".
Sie können aber auch, wie im gegenständlichen Fall der Petition zur
Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der
politischen Verantwortlichkeit in der HYPO-Affäre, welche innerhalb
kürzester Zeit immerhin an die 65000 Bürger unterzeichnet haben (1),
diese von der Parlamentsseite nehmen und an einen Ausschuss verweisen,
womit das Bürgerbegehren sein Ende gefunden hat und auch nicht weiter
unterschrieben werden kann.

Die Mitbestimmungsmöglichkeit des österreichischen Volkes an wichtigen
Entscheidungen der Regierung kann also jederzeit von dieser selbst
unterbunden werden. Ein demokratisches Mitbestimmungsrecht sieht
anders aus. So sind die zahlreichen Petitionen, die im Nationalrat
eingereicht werden, ebenso zahnlos wie es die 37 Volksbegehren seit
Bestehen der 2. Republik waren.

Auch das Volksabstimmungsgesetz sieht für die Durchführung einer
Volksabstimmung über einen Gesetzesbeschluss eine einfache Mehrheit im
Nationalrat vor. So kann also die Regierung selbst jede
Volksabstimmung verhindern, und sie tut es auch, wie man am Beispiel
der verweigerten Abstimmung über den Lissabon-Vertrag gesehen hat.

Solcherart wird der Souverän, der eigentliche Träger demokratischer
Prozesse, ausgebremst, sein Bemühen um die politische Mitgestaltung ad
absurdum geführt oder mitunter sogar für parteipolitische Interessen
missbraucht, gelebte Demokratie ausgehebelt. Was bleibt, sind von der
Politik enttäuschte Bürger, die immer mehr Abstinenz von dieser
Scheindemokratie üben und sich aus dem alltäglichen politischen
Gestaltungsprozess heraushalten.

Wenn aber die herrschenden politischen Kräfte eine echte Mitbestimmung
und Mitgestaltung der Politik durch das Volk verhindern, dann muss das
Volk selbst aktiv werden, um seinem Willen zur Durchsetzung zu
verhelfen. Volksabstimmungen vom Volk ausgehend, ohne die Zustimmung
der Regierenden, müssen die Konsequenz aus einer demokratiefeindlichen
Scheinmitbestimmungsregelung sein. Solche "Volksabstimmungen von
unten", angeregt und vertreten durch zahlreiche Organisationen aus der
so genannten Zivilgesellschaft, getragen vom Volk selbst, durchgeführt
mit Hilfe der modernen elektronischen Medien, bieten die Möglichkeit
dem Volkswillen zum Durchbruch zu verhelfen, denn keine Regierung wird
auf Dauer dem Druck des geäußerten Volkswillens standhalten können.
Worauf warten wir denn noch?
(Gerhard Kohlmaier auf steuerini.at)

1) Der Kommentar stamt von Ende März. Mittlerweile sind es über
130.000, die einen U-Ausschuß fordern.





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