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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 26. März 2014; 16:06
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Medien/Glosse:

> Politische Geographie

Seit ein paar Wochen ist der Kalte Krieg wieder da. Zumindest muß man
beim Medienkonsum diesen Eindruck haben. Eine Episode bilden die
Landkarten der Krim im Fernsehen. Zur Illustration des Konflikts gibt
es immer wieder Darstellungen der Halbinsel, die eine sehr breite
Landverbindung zum ukrainischen Festland zeigen. Der Verdacht einer
propagandistischen Verfälschung drängt sich auf. Die Botschaft:: 'Da,
die Krim ist ja gar keine richtige Halbinsel, sondern einfach nur eine
Landzunge, die fest verbunden ist mit der Ukraine.'

Die Empörung darüber -- mit den entsprechenden Screenshots aus der
Berichterstattung der deutschen öffentlich-rechtlichen
Fernsehsender -- ergießt sich derzeit über die Netze.

Aber warum wird hier anscheinend so frech manipuliert -- das fällt
doch auf? Doch, siehe da, diese Karten tauchen nicht nur in der
Berichterstattung über diese neue Krim-Krise auf, sondern auch auf
Europakarten in Medienberichten, wo es um ganz andere Themen geht.

Dann sieht man sich Satellitenphotos der Region an -- und stockt.
Hoppla, das sieht ja da auch so aus wie auf den Fernsehkarten. Aber
auf den schematischen Landkarten -- beispielsweise auf Google Maps --
gibt es nur zwei schmale Landbrücken, geteilt durch einen kleinen See.
Jede der Landbrücken ist an ihrer schmalsten Stelle gerademal 2 km
breit. Wieso diese Diskrepanz?

Nach längerer Recherche wird klar: Das, was da auf den Photos aussieht
wie Land sind riesige Salzgärten, also Becken zur Meersalzgewinnung --
man nutzt dort sehr geschickt die Meeresengen, die man unaufwendig mit
Deichen abteilen kann.

Man kann also die Landkarte der Region so oder so zeichnen -- was
bleibt ist, daß bestimmte Medien eben gerne jene Version nehmen, wo
eine starke Anbindung an das Festland erscheint, womit suggeriert
wird, daß die Krim ein fixer Bestandteil der Ukraine sei. Das sagt
zwar gar nichts aus, denn politische Grenzen (von dubiosen
"ethnischen" Grenzen ganz zu schweigen) halten sich oft genug nicht an
geographische, dennoch wird damit subtil eine Zusammengehörigkeit
konstruiert.

Vielleicht aber ist der Vorwurf einer bewußten Manipulation gar nicht
gerechtfertigt. Möglicherweise hat da jemand ohne böse Absicht anhand
von Satellitenphotos schematische Karten für eine Agentur erstellt.
Und die Fernsehsender haben dann dieses Material einfach nur als bunte
Illustration für die Nachrichten verwendet. Kann sein. Aber dann war
es eine politisch sehr gefällige Schlamperei. Diesen Vorwurf zumindest
muß man machen. Denn auch Geographie ist politisch.
*Bernhard Redl*



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