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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 29. Jänner 2014; 14:26
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Glosse/Grüne:

*Michel Reimon* ist grüner Landtagsabgeordneter im Burgenland und
Landessprecher sowie Nummer 2 der Grünen bei der Kandidatur zur
EU-Wahl. Auf seinem Blog versuchte er kürzlich zu erläutern, wie das
ist, Politiker zu sein:
*

> Die Kränkung

Stell dir vor, du machst deinen Job seit langer Zeit gar nicht so
schlecht, engagierst dich daneben auch für gesellschaftliche Belange
und bist unterm Strich halbwegs sympathisch. Dann gehen "die Leute"
meist freundlich mit dir um. Hin und wieder streitest du mit jemandem,
manchmal auch persönlich. Aber es stürzen keine wildfremden Menschen
auf dich zu und kritisieren dich emotional, ungehemmt und vor allem:
ungefragt. Das passiert dir nicht.

Und dann gehst du in die Politik. Selbst wenn du das für eine
30%-Partei tust, hast du plötzlich 70% GegnerInnen. Bei einer
Kleinpartei noch mehr. Und die eigenen schauen auch kritisch: Sie
gehen davon aus, dass du ihre Meinungen vertrittst. Wenn du sieben
Sätze sagst, von denen sie sechs zustimmen, dann wollen sie nun über
den siebenten diskutieren, wo du falsch liegst. Wenn im Raum genügend
Leute sind, ist auch für jeden ein anderer Satz da. Früher hätten sie
dir sechs mal recht gegeben. Und wenn du alles richtig hinkriegst,
dann hat halt irgendwer aus deiner Partei irgendwann irgendwas
Falsches gesagt.

Von einen Tag auf den anderen hast du - ohne dich nur einen Millimeter
geändert zu haben - mehr GegnerInnen als Freunde. Du machst für fast
jeden fast alles falsch. Und weil du PolitikerIn bist, bekommst du das
deutlich mitgeteilt. Jederzeit. Beim Einkaufen, beim Ausgehen mit
deiner Partnerin, wenn du den Browser oder das Mailprogramm öffnest.
Immer. Du wirst mit Steuergeld bezahlt, das gehört zu deinem Job,
sagen deine Chefs. Denn die WählerInnen sind deine Chefs, egal ob sie
dich gewählt haben oder nicht.

Du stehst da und denkst dir "He, ich bin ja immer noch der Selbe,
warum prügelt ihr mich plötzlich alle?" Ja, du bist noch der Selbe,
aber deine Welt hat sich geändert.

Das ist eine persönliche, heftige, sehr tiefe Kränkung.

Ganz ohne Jammern, einfach nüchtern festgestellt. Erst wenn du sie
akzeptiert hast, kannst du Politik machen.
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Quelle: http://www.reimon.net/2014/01/25/die-krankung/



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