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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 18. Dezember 2013; 19:06
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Schule:

LehrerInnendienstrecht: Was verschweigt das Ministerium?

Fragt die *Initiative fuer ein faires LehrerInnendienstrecht* (IFLD)
und gibt auch gleich moegliche Antworten darauf:
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Behauptet wird: LehrerInnen werden kuenftig mehr Zeit mit den
SchuelerInnen verbringen.

Verschwiegen wird: LehrerInnen werden zusaetzliche Klassen uebernehmen
muessen, was weniger Zeit fuer jedes einzelne Kind bedeutet. Das neue
Dienstrecht macht es damit z.B. deutlich schwieriger, SchuelerInnen
individuell Auskunft ueber die letzte Hausuebung, den Test oder den
aktuellen Notenstand zu geben.
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Behauptet wird: LehrerInnen arbeiten derzeit zu wenig (Stichwort
"Halbtagsjob").

Verschwiegen wird: Die Arbeitszeit umfasst sehr viel mehr als nur die
Unterrichtszeit. Zu den Taetigkeitsbereichen der LehrerInnen gehoeren
auch die Vorbereitungsarbeit (z.B. das Planen des Stundenablaufs, das
Erstellen von Arbeitsblaettern, etc), die Nachbereitungsarbeit (z.B.
Korrektur und Kontrolle von Heften, ...), Supplierstunden,
Gangaufsichten, Sprechstunden, Telefonate, das Schreiben von
Elternbriefen, Einzelgespraeche mit SchuelerInnen, Konferenzen,
Fachgruppensitzungen, Arbeitsgruppen (z.B. Vorwissenschaftliches
Arbeiten, Schulentwicklung), Sprechtage und die organisatorische
Arbeit (z.B. Listen erstellen und verwalten, Klassenbuchfuehrung,
Kopieren, ...).
Dazu kommt noch das Planen von Schulveranstaltungen (Sportwochen,
Projekttage, Sprachwochen, Schulfest, Sport- und Musikveranstaltungen,
Tag der offenen Tuer, etc.).
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Behauptet wird: Es handelt sich um eine Erhoehung der
Lehrverpflichtung um etwa zwei Stunden.

Verschwiegen wird: Fuer LehrerInnen der derzeitigen
Lehrverpflichtungsgruppe I (Sprachen) erhoeht sich die
Lehrverpflichtung um sogar sieben Stunden! Dabei handelt es sich um
die reine Unterrichtszeit, die zusaetzlichen Vor- und
Nachbereitungsstunden muessen natuerlich auch noch dazugerechnet
werden.
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Behauptet wird: Es gibt attraktivere Anfangsgehaelter. Die
Gewerkschaft rechnet falsch.

Verschwiegen wird: Das Ministerium vergleicht das Einkommen einer
vollbeschaeftigten Lehrperson im alten System (z.B. Deutsch und
Englisch, 17 Unterrichtsstunden) mit dem Einkommen einer
vollbeschaeftigten Lehrperson im neuen System (ebenfalls Deutsch und
Englisch, allerdings 24 Unterrichtsstunden). Richtigerweise muesste
man die Arbeitszeit mit einbeziehen und eine Vollbeschaeftigung heute
mit Ueberstundenzuschlaegen mit dem neuen System vergleichen: Dann
sieht man die Verluste. Die Gehaltskurve wird so stark abgeflacht,
dass universitaer ausgebildete LehrerInnen mit Lohneinbussen rechnen
muessen. Wenn man die gleichzeitige Erhoehung der Arbeitszeit in die
Rechnung mit einbezieht, ist das neue Dienstrecht von Anfang an eine
Verschlechterung. Doch selbst die flachere Einkommenskurve allein -
also ohne Beachtung der hoeheren Arbeitszeit - bedeutet fuer manche
Faechergruppen langfristig Verluste.
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Behauptet wird: Fuer PflichtschullehrerInnen bedeutet das neue
Dienstrecht einen finanziellen Gewinn.

Verschwiegen wird: Durch die Einfuehrung der neuen
LehrerInnenausbildung werden Pflichtschul-lehrerInnen kuenftig laenger
studieren und mit dem Master abschliessen. Es sollte daher
selbstverstaendlich sein, diese in Zukunft so zu entlohnen wie derzeit
AHS- und BMHS-LehrerInnen. Ein Vergleich mit dem derzeitigen Lohn auf
Bachelorniveau ist also nicht sinnvoll.
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Behauptet wird: Lehramtsstudierende wissen, worauf sie sich einlassen.

Verschwiegen wird: Alle, die derzeit mitten im Studium sind, haben
keine Wahl. Wer nicht bereits naechstes Schuljahr das
Unterrichtspraktikum antritt, wird vermutlich vom neuen Dienstrecht
betroffen sein. Es besteht naemlich erst nach fuenf Jahren ein
Anspruch auf einen unbefristeten Vertrag. Wer im September 2019 noch
keinen hat, faellt automatisch ins neue System.
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Behauptet wird: Endlich werden alle LehrerInnen gleich behandelt.

Verschwiegen wird: Unabhaengig davon, wie viel fuer ein Fach vor- und
nachbereitet wird, sollen kuenftig alle LehrerInnen gleich viele
Stunden in der Klasse stehen. Das fuehrt zu mehr Ungleichheit als
heute.
Ausserdem gibt es unterschiedliche Faecherzulagen fuer die Unterstufe
und die Oberstufe, sodass z.B. eine Mathematiklehrerin der 8.
Schulstufe weniger verdient als eine Mathematiklehrerin der 9.
Schulstufe.
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Behauptet wird: Es wird keinen LehrerInnenmangel mehr geben.

Verschwiegen wird: Durch das neue Dienstrecht koennen LehrerInnen dazu
verpflichtet werden, Faecher zu unterrichten, fuer die sie keine
Ausbildung haben. In den Naturwissenschaften ist der Mangel derzeit
aufgrund der besseren Arbeitsbedingungen in der Privatwirtschaft
besonders gross.

Mithilfe des Dienstrechts koennten nun z.B. Geschichtelehrer dazu
verpflichtet werden, Physik zu unterrichten. Ob das den Mangel auf
eine sinnvolle Art und Weise beseitigt, ist fraglich.
*

Quelle: http://ifld-blog.at/?page_id=8



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