**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 25. September 2013; 14:27
**********************************************************

Soziales / Glosse:

> Fuerchte das AMS, auch wenn es Geschenke bringt!

Warum ist es eigentlich so, dass Betroffenen nich bei der Zuweisung
von AMS-Massnahmen rechtswirksam mitwirken koennen? Das ist eine
wirklich gute Frage, und die Antwort waere fast lustig, wenn sie nicht
fuer so viele Menschen erhebliche Folgen haette: Wer vom AMS einem
Kurs zugebucht wird, enthaelt formal ein "Geschenk". Und einem
geschenkten Gaul, schaut man bekanntlich nicht ins Maul...

Die Zuweisung von Kursen erfolgt nicht im Rahmen der Hoheitsverwaltung
(die klaren Verfahrensregelungen unterliegt oder zumindest unterliegen
sollte), sondern in Ausuebung der so genannten
Privatwirtschaftsverwaltung. Die Personen, die darueber entscheiden,
haben zwar gesetzliche Regelungen zu beachten, aber es gibt de facto
kein Gegenueber, keine Betroffenen, die das beeinflussen koennten. Und
damit bedarf es auch keines Bescheides.

Der Gesetzgeber - und mit ihm das AMS - steht auf dem Standpunkt, dass
Kurse und arbeitsmarktpolitische Massnahmen quasi Geschenke des AMS an
die jeweilige Person sind. Die Beauftragten des AMS - also die
BetreuerInnen - haben zwar das Gesetz und interne Anweisungen zu
beachten, wenn sie das Geschenk aussuchen, muessen aber die
Beschenkten und deren Erwartungen/Vorstellungen nicht
beruecksichtigen. Schliesslich entscheidet der Schenkende - also das
AMS - was er wem schenkt.

So weit waere das ja noch theoretisch nachvollziehbar: Sicher 50%
aller Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke wandern jedes Jahr entweder
in den Warenumtausch, in das hinterste Eck des Besenkammerls oder in
die Kiste mit jenen Dingen, die moeglichst schnell weitergeschenkt
werden sollen.

Bei den "Geschenken" des AMS ist das aber nicht so einfach: Werden die
naemlich abgelehnt, so fuehren sie nach § 10 AlVG zur Einstellung des
Leistungsbezugs. Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe werden gesperrt.

Bleibt die Frage zu klaeren: Was denkt sich denn der Gesetzgeber, wenn
er arbeitslose Menschen faktisch zwingt, sinnlose Kurse nur deshalb zu
besuchen, weil ihnen sonst die Existenzgrundlage genommen wird?

Wer auf diese Frage mit "nichts" antwortet, verkennt die Situation:
Das AMS ist weder personell noch von der Ausbildung der meisten
MitarbeiterInnen und auch nicht technisch in der Lage, fehlerfreie
Ermittlungsverfahren durchzufuehren und rechtlich einwandfreie
Bescheide zu erlassen. Ein grosser Teil des Problems liegt darin, dass
die MitarbeiterInnen nicht einmal drei Minuten pro Monat und Klientin
fuer echte Gespraeche zur Verfuegung haben. Die AMS-MitarbeiterInnen
haben also gar nicht die Chance, ernsthaft zu erfassen, was die
Menschen von ihnen wollen und brauchen. Und sie sind auch nicht
geschult, Sachverhalte in Niederschriften vollstaendig aufzunehmen
oder diese gar rechtlich korrekt zu bewerten.

Der Verwaltungsgerichtshof ruegt diese Tatsache regelmaessig in seinen
Erkenntnissen.

Die Schlussfolgerung der Regierungspolitik: Solange wir das AMS nicht
in die Lage versetzen koennen, korrekte Ermittlungsverfahren zu
fuehren und rechtlich einwandfreie Bescheide zu erlassen, ist es
besser, dass wir die Zuweisung von Kursen quasi aus dem Spiel nehmen -
es ins rechtliche Leo stellen.

Aus Sicht des AMS mag das ein gangbarer Weg sein. Fuer die Betroffenen
ist es unzumutbar,... und aus Sicht eines Staates, der den Anspruch hat,
ein demokratischer Rechtsstaat zu sein, ist es dramatisch blamabel,
einen Rechtsbereich, der derart viele Menschen betrifft, einfach der
Kontrolle und dem Instanzenzug zu entziehen.
(Karl Oellinger auf seinem Blog/gek.)
*

Volltext:http://oellingersozial.net/2013/09/22/furchte-das-ams-auch-wenn-es-geschenke-bringt/


***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
Blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
Facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
Mail: akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin