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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 19. Juni 2013; 02:24
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Datenschutz:

> VwGH erteilt Republik kraeftige Watsche

Laut Verwaltungsgerichthof war die Datenschutzkommission (DSK) mangels
Unabhaengigkeit bis vor kurzem nicht fuer Datenschutz-Entscheidungen
zustaendig.


Ende 2012 bestaetigte der Europaeische Gerichtshof (EuGH), worauf die
ARGE DATEN seit Jahren hingewiesen hatte: Aufgrund der Verflechtungen
zwischen DSK und Bundeskanzleramt war die oesterreichischn
Datenschutzbehoerde nicht ausreichend unabhaengig. Die
EuGH-Entscheidung fuehrte im Bundeskanzleramt zur DSG-Novelle 2013 und
zur Sanierung des Datenschutzgesetzes.

Eine aktuelle Datenschutz-Entscheidung des VwGH (2011/17/0156) fuehrt
zu einem hoechst unangenehmen Nachspiel, zum Schaden der Buerger: Die
fehlende Unabhaengigkeit der Behoerde hat auch deren Unzustaendigkeit
zur Folge, alle bis Ende April 2013 ergangenen Bescheide sind
rechtswidrig zustande gekommen.

Anlassfall fuer die VwGH-Beschwerde war ein negativer Bescheid der
Datenschutzkommission zur Beauskunftung von bei den Wiener Linien
gesammelten Videodaten. Der Betroffene ging davon aus, dass die Wiener
Linien gemaess DSG 2000 zur Sichtung der Videodaten und zur
Auskunftserteilung verpflichtet gewesen waeren und erhob gegen den
Bescheid Beschwerde beim VwGH.

DSK unzustaendig, Bescheide rechtswidrig

Der VwGH brachte zwar keine Klaerung des Sachverhalts, dafuer ein
unglaubliches Erkenntnis: Der VwGH verwies auf das EuGH-Urteil
C-614/10 vom 16.10.2012 in welcher die mangelnde Unabhaengigkeit der
DSK festgestellt worden war. Der Umstand, dass das geschaeftsfuehrende
Mitglied der DSK eine Bundesbedienstete sei, und das Personal der
Geschaeftsstelle der DSK aus Beamten des Bundeskanzleramts bestehe,
fuehre dazu dass der Bundeskanzler die Taetigkeit der Behoerde
jederzeit ueberwachen koenne -- eine Konstellation, die die
Unabhaengikeit verhindere.

Auf Grund dieses EuGH-Urteils, so der simple Schluss des VwGH, ist die
Datenschutzkommission nicht die legitime Datenschutz-Aufsichtsbehoerde
und darf daher auch keine Datenschutz-Bescheide erlassen. Damit war
der Bescheid zur Videodaten-Auskunft rechtswidrig.

Folgen der Unzustaendigkeit

Im konkreten Falle bedeutet das, dass der Fall zurueck an die DSK
geht. Diese sollte nun -- nach der Reparatur durch die DSG-Novelle
2013 -- in neuer Konstellation zustaendig sein und nochmals ueber den
Sachverhalt entscheiden. Dies haette zur Folge, dass der Bescheid -
wenn er erwartungsgemaess wie der vorherige ausfaellt - durch den VwGH
erneut zu pruefen waere, diesmal inhaltlich. Fuer den Betroffenen eine
aergerliche Situation, da er nach ueber zwei Jahren Wartezeit keine
Klaerung erhalten hat und nunmehr abermals mit einer langen Wartezeit
konfrontiert ist.

Fuer alle bis Ende April 2013 erlassenen DSK-Bescheide, die bei VwGH
bzw. VfGH zur Ueberpruefung anhaengig sind, muss dieselbe Entscheidung
gelten: Die Bescheide waeren aufzuheben und durch die DSK in
nunmehriger Konstellation nochmals zu erlassen. In allen Faellen
muessten die Verfahrenskosten (etwa 2000 Euro pro Fall) von der
Republik Oesterreich getragen werden.

Was passiert mit alten Bescheiden?

Was passiert aber mit jenen Unmengen an Bescheiden, welche durch die
unzustaendige DSK erlassen und bereits seit langem rechtskraeftig
sind? Die Betroffenen haben sich daran zu halten. § 68 AVG sieht zwar
grundsaetzlich die Moeglichkeit vor, auch rechtskraeftige
Entscheidungen abzuaendern oder aufzuheben -- dies aber in sehr engen
Grenzen:

Fazit: Wer DSK-Bescheide nicht bekaempft hat oder fuer wen die
EuGH-Entscheidung zu spaet kam, der muss vermutlich damit leben, dass
ueber seine Datenschutzrechte durch eine unzustaendige Behoerde
entschieden wurde. Fuer alle noch anhaengigen Verfahren wird es wohl
zur Wiederholung kommen -- zu Lasten der Betroffenen und der
Steuerzahler.

(Michael Krenn, Arge Daten/gek.)


Volltext:
http://www.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDATEN&s=45486nos



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