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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 21. Mai 2013; 23:49
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Berlin:

> Medienkrieg um Rosemarie F.

Die Geschichte rund um Rosemarie F. in Berlin geht weiter. Denn die
Rentnerin ist zur Ikone der Bewegung gegen Zwangsraeumungen geworden,
selbst die Bild-Zeitung machte mit der alten Dame auf, die im April
zwei Tage nach ihrer Raeumung in einer Waermestube verstorben war
(s.a. akin 10/2013). Doch jetzt wird aufgedeckt. Vom Rundfunk
Berlin-Brandenburg (RBB). Das war naemlich alles ganz anders,
berichtet das Magazin "Kontraste". Die so sehr geschmaehte Vermieterin
wird interviewt und die vermuellten Raeumlichkeiten der Rentnerin
werden gezeigt. Tenor: Die Wohnungssituation in Berlin waere zwar
schlimm, das Beispiel Rosemarie F. aber voellig ungeeignet, denn die
Frau waere aufgrund sanitaerer Uebelstaende und ihres seltsamen
Verhaltens gegenueber ihren Nachbarn geraeumt worden. Die Vermieterin
fuehrt das Fernsehen durch die Wohnung und dieses bringt Bilder von
Muellbergen in der Kueche und im Bad. Die Vermieterin haette der
Rentnerin noch helfen wollen, so der Bericht, aber diese haette sich
nicht helfen lassen und sich auch nicht mehr darum gekuemmert, dass
ihre Miete ueber das Sozialamt ueberwiesen werde. Da haette die
Vermieterin nur mehr auf die Raeumung bestehen koennen.

Nach dem Kontraste-Bericht rauschte es in der Blogosphaere. Denn da
tauchten doch ein paar Fragen auf: Wieso ist eine angebliche geraeumte
Wohnung immer noch im Originalzustand zugemuellt? Ist das ueberhaupt
die Wohnung der Rentnerin? Und warum ist das der RBB so wichtig? Denn
die grosse Aufdeckerei war das nun nicht mehr -- die gleichen Bilder
von der Wohnung waren schon gleich nach dem Tod der Rentnerin in der
"Abendschau" praesentiert worden. Warum also nach einem Monat noch
einmal? Liegt das vielleicht auch an einem Naheverhaeltnis zwischen
dem Sender und der Vermieterin, die ein Tonstudio betreibt, das
Synchronisationen fuer Film und Fernsehen bereitstellt?

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo zwischen den publizierten
Betrachtungen des Falles. Fakt bleibt: Die alte und bekanntermassen
schwer kranke Frau wurde auf die Strasse gesetzt und starb kurz
danach. Sie war wahrscheinlich keine angenehme Nachbarin und
vielleicht waere sie ja auch so gestorben, aber rechtfertigt das die
Abschiebung in die Obdachlosigkeit? Vielleicht kann man der
Vermieterin wirklich keinen Vorwurf machen, aber dann muss man sich
fragen, ob hier nicht die Berliner Sozialstellen klaeglichst versagt
haben.

Mit den Fernsehberichten wurde die Debatte jedenfalls gluecklich auf
die Frage verlagert, ob Rosemarie F. wirklich noch haette in dieser
Wohnung bleiben koennen. Die Fragen, wie man solche Faelle politisch
loest und ob man Menschen einfach in die Obdachlosigkeit schicken
darf, werden damit geschickt umschifft.
-br-



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