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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 10. April 2013; 02:29
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Oe/Krank:

> Muenchhausner Gesundheitsreform

Einsparungen, die niemand merken soll? Das will niemand glauben.

Ein Bericht im Oe1-Morgenjournal enthuellte, dass in den
Krankenhaeusern der oberoesterreichischen Spitallandesholding
"gespag"-nur noch maximal fuenf Prozent der PatientInnen die
langlebigsten und teuersten Hueftprothesen erhalten sollen. Damit
wirft die sog. "Gesundheitsreform" ihre langen Schatten voraus. Diese
"Gesundheitsreform" , die in Wirklichkeit ein Programm zur
Gesundheitsbeschraenkung darstellt, wurde Ende 2012 hinter
verschlossenen Tueren zwischen Bund, Laender und
Sozialversicherungs-Chef-Etagen paktiert. OOes Landeshauptmann
Puehringer, Verantwortlicher fuer die gespag-Spitaeler, war auch einer
der Verhandler fuer die "Gesundheitsreform". Damit diese 2014 in Kraft
treten kann, soll sie im heurigen Jahr in Nationalrat und Landtagen
beschlossen werden. Oberstes Ziel dieser Reform ist die "Deckelung"
der Gesundheitsausgaben mit den Schwankungen des
Bruttoinlandsprodukts. Durchgesetzt werden soll das mittels eines
Durchgriffsrechts von Gesundheits- bzw. Finanzministerium bis hin zur
Gesundheitsversorgung vor Ort.

Schon Ende 2012 hatten Aerztevertreter vor einer Entwicklung gewarnt,
wie sie nun in den gespag-Spitaelern offensichtlich Platz greifen
soll. Der Spitalsaerzte-Ombudsmann Harald Mayer zu den Auswirkungen
der geplanten "Deckelung" der Gesundheitsausgaben: "Wenn das Angebot
beschraenkt ist, kommt es zu Wartezeiten. Und man wird sich auch
zwangslaeufig ueberlegen muessen, wer das teure kuenstliche
Hueftgelenk bekommen soll: Der 45-jaehrige Sportler oder die
80-jaehrige Pensionistin? Fuer beide wird kein Geld da sein. Bei der
Wahl der Therapie wird danach entschieden werden muessen, was sie
kostet, nicht, was sie bringt. Wer es sich leisten kann wird weiterhin
kriegen, was er braucht - wenn er es aus der eigenen Tasche bezahlt"
(OOeN, 10.11.2012).

Die Regierung der Barone

Diese warnenden Stimmen wurden von Gesundheitsminister Stoeger und mit
ihm faktisch vom gesamten politischen Establishment als "Panikmache"
verunglimpft. "Keiner wird die Einsparungen der Gesundheitsreform
merken", beteuerte der Minister und andere Regierungsvertreter
unisono. Die AerztInnen antworteten bei ihrem Protesttag am 16.
Jaenner in Linz darauf zu Recht: "Wir werden von lauter Baron
Muenchhausen regiert!" Denn wie bitte soll das zusammengehen: Bis 2016
sollen mit der "Gesundheitsreform" 3,4 Milliarden, bis 2020 gar 11
Milliarden im Gesundheitsbereich gegenueber den Bedarfsprognosen
eingespart werden. Und das soll keiner merken? Lassen wir uns nicht
fuer dumm verkaufen! Schon jetzt zwickt es im Gesundheitsbereich an
vielen Ecken und Enden: Ein Drittel der im Gesundheitsbereich
Beschaeftigten sind wegen Arbeitsverdichtung und Personalmangel
burn-out gefaehrdet. Schon jetzt fehlen in Oesterreich rd. 13.000
Pflegekraefte. Viele GesundheitsarbeiterInnen muessen - siehe zuletzt
der Kampf der OOe-Ordensspitaeler - seit vielen Jahre
Reallohnkuerzungen hinnehmen. Schon jetzt haelt schleichend eine
Zwei-Klassen-Medizin Einzug. Es muessen die Alarmglocken laeuten, wenn
professionelle Dienste zum Vergleich von Krankenversicherungen zu
folgendem Urteil kommen: "Im Gesundheitswesen Oesterreichs kommt es
schleichend zu einer "Mehrklassengesellschaft". Privatversicherte
haben gegenueber den Pflichtversicherten immer haeufiger deutliche
Vorteile: Waehrend die Kassepatienten (= die staatlich Versicherten)
oft lange auf Operationstermine warten muessen bzw. eher billige
Heilbehelfe bzw. Operationstechniken ueber sich ergehen lassen
muessen, koennen die Sonderklasseversicherten (= private
Sonderklasseversicherung) aus dem Vollen schoepfen. Hier kann gar
nichts zu teuer sein und schnell genug erledigt werden. Denn
Privatpatienten bringen den Spitaelern und behandelnden Aerzten
wesentlich mehr Geld als ein ‚billiger' Kassepatient". Man bekommt
eine Idee, welche 5% der gespag-PatientInnen in den Genuss der besten
Hueftgelenke kommen werden.

Noch ist nichts beschlossen

Es ist absehbar, dass mit den geplanten Milliardeneinsparungen diese
Entwicklung weiter voranschreiten wird. Das Gesundheitsreformgesetz
2013 ist im Nationalrat eingelangt und soll dort noch vor dem Sommer
beschlossen werden. Da es sich um eine 15a-Materie handelt, muessen
das auch noch die neun Landtage ratifizieren. Der Protest ist im
Laufen, als kleinen Beitrag dazu gibt es eine Unterschriftenliste von
der Solidarwerkstatt Linz.
(Solidarwerkstatt / akin)


U-Liste: http://www.solidarwerkstatt.at/Forum/Gesundheitsreform.php

Original:
http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&task=view&id=834&Itemid=90



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