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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. Februar 2013; 16:30
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Fremd in Oe:

> Kunst kann ueberall hin, KuenstlerInnen nicht

Aussendung von *Kulturrat Oesterreich*

Eine Theaterproduktion aus Belgrad erweckt internationale Aufmerksamkeit,
ein Gastspiel in Wien wird organisiert. Im letzten Moment wird einem
Ensemblemitglied das Visum verweigert. Performance per Skype?

Ein international besetztes Symposium wird geplant, Thema: Transnationaler
Austausch. Ein aufwaendig zusammengebasteltes Budget ermoeglicht Reise- und
Aufenthaltskosten, die zusaetzliche Fahrt zur oesterreichischen Botschaft -
notwendig aufgrund einer nachtraeglich "notwendig" gewordenen Bestaetigung -
ist nicht mehr finanzierbar: Umbesetzung?

Eine Band aus der Ukraine tritt in Wien auf (nach vielen muehsamen
buerokratischen Huerden). Kurzfristig hat ein

Bandmitglied die Chance auf ein Engagement bei einer Videoproduktion.
Aufenthaltsrechtlich hat die Person kein Problem, wohl aber
beschaeftigungsrechtlich ...

Drei kleine Beispiele zeigen bereits: Wer in Oesterreich mit Kunst- und
Kulturschaffenden aus aller Welt arbeiten moechte, hat ein Set an Problemen
abzuarbeiten, Kunst- und Kulturschaffende von auszerhalb, die in Oesterreich
arbeiten moechten, haben de facto keinen eigenen Zugang. Ueber allem schwebt
zudem das Element des Willkuerlichen. Einreisende sind fuer die staatliche
Verwaltung Einzelfaelle, wer welches Dokument in welcher Form ein- oder
nachzureichen hat, ist nicht verbindlich festgelegt, das entscheiden
oesterreichische BeamtInnen in den Vertretungsbehoerden.

Nach vielen Jahren Arbeit an der Verbesserung der transnationalen
Mobilitaetsmoeglichkeiten auf verschiedenen Ebenen, nach fast vier Jahren
IMAG, in der eine Arbeitsgruppe dem Thema gewidmet war, ist jetzt der Artist
Mobility Guide, herausgegeben vom bm:ukk, erschienen. Die Website enthaelt
eine allgemeine Auflistung der rechtlichen Situation von Kunstschaffenden
fuer Einreise nach und Arbeit in Oesterreich: Eine Darstellung des
aufenthalts- und beschaeftigungsrechtlichen Labyrinths, adressiert an
KuenstlerInnen und VeranstalterInnen.

Nicht enthalten sind Informationen ueber lokale Besonderheiten oder konkrete
Erfordernisse, beispielsweise hinsichtlich der geforderten Einkommenslage.
Gerade dies waere aber notwendig, so Sylvia Koechl vom Kulturrat
Oesterreich: "Ein Mobilitaetsguide fuer KuenstlerInnen ist dann sinnvoll,
wenn klare, verbindliche, fuer alle geltende Regeln fuer Einreise oder
Aufenthalt ausformuliert sind - in einer Form, die auch fuer BeamtInnen
Gueltigkeit hat." Zudem braucht es dringend festgelegte und vertretbare
Bearbeitungsfristen.

Enorme Folgen hat diese gesetzliche Abschottung auch fuer VeranstalterInnen
in Oesterreich. "Das wirtschaftliche Risiko der Abgabe einer
Verpflichtungserklaerung ist subventionstechnisch in der Regel nicht
abgedeckt, daher fuer die VeranstalterInnen mit einem hohen Risiko
verbunden - die Alternative waere allerdings der Verzicht auf internationale
AkteurInnen", so Marie-Christine Baratta, Koordinatorin fuer internationale
Kommunikation beim Festival ImPulsTanz. Zudem leidet die Programmierbarkeit:
Visa-abhaengige Programmbestandteile koennen aufgrund des Ausfallrisikos nur
sparsam gesetzt werden.

Davon abgesehen ist Oesterreich bereits 2006 die internationale
Verpflichtung eingegangen, Erleichterung der Mobilitaet von KuenstlerInnen,
Kulturschaffenden und anderen im Kulturbereich Taetigen zu schaffen -
insbesondere durch praeferentielle Behandlung von KuenstlerInnen aus den
Laendern des globalen Suedens (Unesco-Konvention fuer kulturelle Vielfalt,
Art. 16). Stattdessen, so Franz Schmidjell, stellvertretender Direktor des
VIDC, "liegt der Schwerpunkt der visarechtlichen Ueberpruefungen haeufig
beim Versuch der Sicherstellung der Wiederausreise - eine geradezu
widersinnige Herangehensweise fuer die Intensivierung internationalen
Austauschs."

An sich "bietet der aktuelle aufenthalts- und beschaeftigungsrechtliche
Rahmen zahlreiche Moeglichkeiten zur Verbesserung, die es zu nutzen gilt",
so die Rechtsanwaeltin Doris Einwallner. Aktuell geschieht aber erneut das
Gegenteil, wenn etwa im Auslaenderbeschaeftigungsgesetz die Anzahl der
ArbeitgeberInnen fuer KuenstlerInnen mit dem Aufenthaltstitel
"Aufenthaltsbewilligung Kuenstler" kuenftig auf eineN beschraenkt werden
soll und eine Aenderung des/der ArbeitgeberIn auch die Aenderung des
Aufenthaltstitels notwendig macht.

Insgesamt ist zu konstatieren: Die Probleme sind bekannt, benannt nicht
zuletzt durch den Artist Mobility Guide des bm:ukk. Notwendig und laengst
ueberfaellig ist dagegen die Loesung der Probleme - zuallererst durch einen
Fokus-Wechsel: Statt einer von tiefem Misstrauen jeglicher Mobilitaet
gegenueber getragenen Verhinderungspolitik gilt es, den transnationalen
Austausch zu foerdern und das Augenmerk darauf zu richten, wie ein Austausch
sinnvoll gefoerdert werden kann. Vorschlaege liegen auf dem Tisch. (gek.)




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