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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 27. November 2012; 21:22
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Debatte:

> Lenken statt denken?

Gegenrede zum Ansatz der Solidarwerkstatt zur Bundesheerdebatte
(akin 25/2012)

Die Solidarwerkstatt ruft, wie in der akin nachzulesen ist, dazu auf,
fuer die Erhaltung der Wehrpflicht zu stimmen. Das scheint mir doch
eine hoechst fragwuerdige Position fuer eine Organisation zu sein, die
sich als Teil der Friedensbewegung begreift. Ich moechte auf die
inhaltliche Argumentation eingehen. Die Solidarwerkstatt befuerchtet,
dass eine reine Berufsarmee "ein Treibsatz fuer eine aggressive
Interventionstruppe auf EU-Ebene" sein werde, muss aber gleichzeitig
einraeumen, dass auch ein Milizheer eine starke Profi-Truppe aufbauen
kann. Genau: Erstens dient die Wehrpflicht der Rekrutierung kuenftiger
Berufssoldaten, zweitens sind es nicht nur militaerische, sondern auch
politische Interessen, die dazu fuehren, sich auch mit militaerischen
Mitteln innerhalb der EU-Wirtschaftsinteressen zu beteiligen. Das
nennt sich dann "Solidaritaet", so wie es die Gruenen verstehen, wenn
sie ebenfalls fuer eine Militarisierung eintreten. In den Ausbau der
EU-Militarisierung wird mit oder ohne Wehrpflicht investiert werden.
Ich erinnere mich an die von der "guernica" (Anm. Zeitschrift der
"Werkstatt") gepostete Aussage eines Generals Wolfs, der vermeinte,
dass das oesterreichische Bundesheer "am Balkan der Wirtschaft den
Boden aufbereiten" werde, viel angriffslustiger haette dies die
Generalitaet einer Berufsarmee auch nicht formulieren koennen. Ein
oesterreichisches Bundesheer wird mit oder ohne Milizkomponente immer
versuchen, die bestmoeglichen Mittel fuer sich herauszuschlagen.

Die Phantasie, dass die Forderung nach der Abschaffung der Armee darin
muenden wuerde, dass potentiell waffengeile Maenner und Frauen in
Armeen anderer EU-Staaten eine Anbindung suchen koennten, um doch noch
Soldatin werden zu koennen, ist ebenfalls mit oder ohne Wehrpflicht
denkmoeglich.

Die Solidarwerkstatt findet in ihrer brillianten, gekonnten und
fundierten Kritik der EU-Militarisierung sicherlich Anknuepfungspunkte
und leistet einen zweifelsohne sehr wertvollen Beitrag zur kritischen
Betrachtungsweise der EU-Militarisierung, doch ist diese nicht
zwingenderweise an die Aufloesung oder Beibehaltung der Wehrpflicht zu
knuepfen. Dass die Aufloesung einer Wehrpflichtigen-Armee eine
weiterreichendere Militarisierung beinhalten koennte, gibt doch einige
Raetsel auf. Das Argument, dass die budgetaeren Mittel, die fuer die
Armee bereitgestellt sind, ausschliesslich in ein kuenftiges
Berufsheer fliessen wuerden, ist so nicht belegbar. Die Debatte ist
irrelevant. Wenn ich die Kritik der Solidarwerkstatt an der EU
ernstnehme, (und das tue ich) entnehme ich ihr, dass diese
Staatengemeinschaft, auch wenn die Ressourcen knapp werden, zum
Kriegsgeheul und Kriegsgebruell die noetigen Mittel schon
bereitstellen werden, sollte dies im Interesse der eigenen Gier oder
der Gier der "Staatengemeinschaft" entsprechen. So what.

Die Debatte darueber, ob ein verpflichtendes Heer oder eine
Berufsarmee billiger oder teurer kommen wuerde, ist ohnehin fuer
Befuerworter wie fuer GegnerInnen einer Armee ein in welcher Form auch
immer ein rein taktisches. Inhalte werden dadurch nicht logischer. Ein
Heer wird nicht besser, wenn es weniger Geld kostet, ein Heer, welches
mit weniger Ressourcen versehen, mehr Menschenleben vernichten kann,
ist nicht besser. Unabhaengig davon, wie viel eine Armee an Geld
ausgeben kann, ist jeder Groschen zuviel. Es gibt nicht das bessere
Heer. Der Staat betruegt uns mit einer Fragestellung, die keine ist,
und drueckt uns damit in seine eigenen Zwangssysteme. Ich will mich
nicht mit der Fragestellung nach Wehrpflicht ja oder nein begnuegen
und mich gegenseitig in die Enge getrieben fuehlen, ich weiss, dass
ich keine Form von Bundesheer brauche und will, ich weiss, dass ich
das Heer abschaffen will, das herrschende System kann mich nicht einer
Fragestellung mittels Abstimmungszettel unterwerfen, die jenseits
meiner Antwortmoeglichkeiten liegt.

Die oesterreichische Bundesregierung hat sich bereits dazu bekannt, an
allen Dimensionen der EU-Sicherheitspolitik teilnehmen zu wollen. Mir
fehlt an der Position der Solidarwerkstatt die friedenspolitische
Komponente.
*Rosalia Krenn*



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