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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. Juni 2012; 02:29
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Debatten/Demokratie:

> Eine Sache der Betroffenheit

Ganz so einfach ist das nicht mit der Direkten Demokratie

Eine Presseaussendung der Aktion "mehr demokratie!" klingt ja wirklich
interessant -- zumindest im ersten Moment. Die Initiative fordert:
"Volksabstimmung statt Volksbefragung in Wien! Vom Volk initiierte
Volksabstimmungen sollen unverbindliche Volksbefragungen ersetzen." Am
Beispiel der Wiener Parkpickerl-Diskussion wird gefordert, dass
Volksabstimmungen die Volksbefragungen ersetzen sollen und die
Ergebnisse sollten zwingend sein. Ab rund 20 000 Unterschriften (oder
2% der Wahlberechtigten, das entspricht den 100 000 Unterschriften auf
Bundesebene), sollen Volksinitiativen, bisher Volksbegehren genannt,
zwingend zu einer verbindlichen Volksabstimmung in Wien fuehren, wenn
das Stadtparlament den Vorschlag der Initiative ablehne oder die
Initiative den Vorschlag des Stadtparlaments (Vetoreferendum) zur
Abstimmung bringen wolle. "Wenn der Souveraen zur Abstimmung geht,
dann entscheidet er und kann nicht bloss unverbindlich befragt werden"
betont "mehr demokratie!"-Sprecher Mayer den Unterschied zum
bestehenden Recht, eine Volksbefragung mit derzeit ueber 57 000
Unterschriften (5% der Wahlberechtigten) ausloesen zu koennen. Auch
bei Wahlen werde schliesslich ueber die Zusammensetzung eines
Parlaments entschieden und nicht nur eine Umfrage abgehalten.

Weiter in der Aussendung: "Die Oppositionsparteien OeVP und FPOe
bedienen sich in Wien eines direkt demokratischen Instruments, der
initiierten Volksbefragung, bei dem es kein erforderliches
Beteiligungsquorum von 30 oder 50% gibt und wollen dennoch die sichere
Umsetzung des Ergebnisses durch die Wiener Stadtregierung und das
Stadtparlament. Dieselben Parteien verlangen auf der Bundesebene ein
Beteiligungsquorum von 30% fuer einfache Gesetze und 50% fuer
Verfassungsgesetze bei Volksabstimmungen. Die Salzburger OeVP, die den
Ausbau der direkten Demokratie in Salzburg blockiert, verlangt
ebenfalls ein 30%-Beteiligungsquorum fuer die Stadtebene. Die Wiener
OeVP gibt darauf keine Antwort. Ohne die Erreichung dieses
Beteiligungsquorums waeren Volksabstimmungen ungueltig."

Genaueres ist nachzulesen unter: http://mehr-demokratie.at.

Das klingt im ersten Augenblick ja sehr loeblich. Bei laengerem
Nachdenken faellt mir aber grad zum Parkpickerl ein, dass das
Abstimmungsverhalten der WienerInnen und besonders der Autofahrenden
voraussehbar unvernuenftig sein wird: Kein Parkpickerl ist billiger
als ein Parkpickerl -- also weg damit. Die Loesung von Problemen kann
kompliziert sein und Geld kosten. Solche Loesungen sind dann ganz
leicht zu verhindern, alles was die Gegner brauchen, sind die Hinweise
auf die Kosten und schon wird alles niedergestimmt. "Was brauch ma
des?" koennte also auf diese Weise zum staedtebaulichen Prinzip
werden. Und wenn uebers Parkpickerl abgestimmt werden soll, dann ist
zu bedenken, dass der oeffentliche Raum allen gehoert, nicht nur den
Autobesitzern. Es muss also fuer die Autolosen ein Aequivalent
angeboten werden fuer die 15 Quadratmeter, die ein Auto verparkt,
sonst fuehlen sie sich nicht betroffen und stimmen nicht ab.

Demokratischer wird ein Entscheidungsprozess erst, wenn alle ueber
alle Informationen verfuegen und nicht nur ueber den Ausschnitt der
Wirklichkeit, den uns die jeweiligen Gruppen praesentieren.
*Ilse Grusch*



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