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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Mai 2012; 23:31
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Wien/8.Mai:

> Von Befreiungsfeiern zu lautstarken Stoerungen voelkischen Gedenkens

Bis zu 500 Personen kamen am 8. Mai zur Befreiungsfeier am
Heldenplatz, zu der die Plattform "Jetzt Zeichen setzen" -
unterstuetzt unter anderem von Israelitischer Kultusgemeinde, Gruenen
und SPOe - aufgerufen hatte. Die Polizei hat ihr auch wenig Platz
eingeraeumt. Die Buehne war ganz an den Rand der Hofburg gedraengt,
Tretgitter trennten den erlaubten Kundgebungsbereich vom groessten
Teil des Heldenplatzes. Hinter den Gittern lag eine grossraeumig
angelegte "neutrale" Platzverbotszone, die sich bis zur Krypta im
Aeusseren Burgtor erstreckte, bei der die dem Totengedenken
deutschnational/ -voelkischer Burschenschaften vorbehaltene
Platzverbotszone begann. Die Tore des aeusseren Burgtors, die in die
neutrale Platzverbotszone gefuehrt haetten, fuer die noch strengere
Zutrittsbeschraenkungen galten als fuer die deutschnationale
Platzverbotszone, waren verschlossen.

Ein Zugang zur Befreiungsfeier war nur ueber den Michaelerplatz oder
durch das kleine "Adlertor" rechts neben dem Burgtor moeglich.
Personen, die es beim der U-Bahn-Station Volkstheater naechstgelegenen
Tor zur Boehmstrasse, gleich neben dem Volksgarten, versuchten, wurde
zumindest zum Teil von dortigen Polizist_innen mitgeteilt, dass der
gesamte Platz gesperrt sei. Ueber die Zugangsmoeglichkeit durch das
weitgehend unbekannte Adlertor wurden sie - zumindest teilweise -
nicht informiert. Mag sein, dass so manche, die zur Befreiungsfeier
wollten, daraufhin wieder den Heimweg antraten.

Gleichzeitig mit dem Beginn der Befreiungsfeier am Heldenplatz um 17
Uhr begannen sich auch Teilnehmer_innen einer Demonstration, zu der
die "Offensive gegen Rechts" aufgerufen hatte, bei der Universitaet
Wien zu sammeln. "Rechtsextremen Aufmarsch verhindern" war deren
Aufrufsparole. 1000 bis 1100 Personen nahmen nach
Nochrichten.net-Zaehlung an dieser Demonstration teil. Um 18 Uhr ging
die Demo los, vorerst aber nicht weit, nur zur Polizeiabsperrung bei
der Moelker Bastei, jenem Ort, an dem sich gegen 20 Uhr die
Burschenschaften treffen wollten. Waehrend einzelne Burschenschafter
von der Bastei auf die Demonstrant_innen runterschauten, wurden
Parolen skandiert. Anschliessend wurde ueber den Ring ueber das
Adlertor zur Befreiungsfeier gezogen.

Mit der Rede des Wehrmachtsdeserteurs und Ehrenvorsitzenden des
Personenkomitees "Gerechtigkeit fuer die Opfer der NS-Militaerjustiz"
und Verfechters eines Deserteursdenkmals am Heldenplatz Richard Wadani
war der Wortteil der Befreiungsfeier gerade zu Ende gegangen, als die
Antifa-Demo der "Offensive gegen Rechts" auf den Heldenplatz mit
wehenden Fahnen der Alliierten Befreiungsmaechte UdSSR, USA,
Grossbritannien und Frankreich, sowie mehreren israelischen Fahnen
einzog.

Ungeteilte Zustimmung wurde dem Fahnenmeer bei den
"Offensive"-Demonstrant_innen allerdings nicht zuteil, was sich unter
anderem in einer Watsche ausdrueckte, die spaeter eine mutmasslich
antiimperialistisch gesinnte Person einer_m Traeger_in einer
israelischen Fahne verabreichte.

Nach den Reden folgte eine Befreiungsparty.

Waehrenddessen sammelten sich bei der Moelker Bastei die
deutschnational -voelkischen Burschenschaften. Unten, vor den
Tretgittern der Polizei, legte vor den Kameras der wartenden
Journalist_innen eine militaerisch uniformierte Clownsarmy-Einheit
einen gefallenen Naziclownsoldaten nieder.

Fuer die Journalist_innen oeffneten sich dann kurz die Tretgitter zu
einer begleiteten Fuehrung zu den Burschenschaftern.

Um 20 Uhr marschierten die Burschenschafter samt Begleitung durch
einzelne mutmasslich rechtsextreme Frauen und zahlreiche
Fotograf_innen und Reporter_innen los: durch Seitengassen zur Krypta
im Burgtor.

Bei der Schauflergasse wurde ihr Marsch von Jubelgesaengen an einer
Absperrung wartender Menschen begleitet: "Ihr habt den Krieg
verloren ...". Am Heldenplatz wurden die deutschnational -voelkischen
mit Pfiffen, Schmaehrufen, antifaschistischen Parolen und viel Laerm
aus Richtung der Befreiungsfeier empfangen. Trotz der grossen
"neutralen Zone" uebertoente der Laerm der Antifaschist_innen beinahe
die Tonanlage der Deutschnationalen.

Der Vorsitzende des Wiener Korporationsrings ueberraschte mit einem
Zitat des "bekennenden Kommunisten Berthold Brecht": "Stell dir vor,
es ist Krieg, und keiner geht hin. Dann kommt der Krieg zu euch. [...]
Nicht einmal den Kampf vermeidet / Wer den Kampf vermeiden will: denn
/ Es wird kaempfen fuer die Sache des Feinds / Wer fuer seine eigene
Sache nicht gekaempft hat." Eine Interpretation ersparte er den
Zuhoerenden, stattdessen gab er gleich das Wort an Alfred Oberwandling
(Gothia Wien) weiter.

Als es hiess "Silentium triste" und die Kranztraeger aufgerufen wurden
vorzutreten, sprang ploetzlich - einem bekleideten Flitzer gleich -
ein Unbekannter zwischen den Saeulen des Burgtors hervor, gefolgt von
ihm nachspringenden Polizist_innen, rannte durch die Reihen der
Burschenschafter, bis er schliesslich von der Staatsgewalt
niedergerungen wurde.

Er duerfte zuvor die Absperrungen bei der Befreiungsfeier
uebersprungen, die neutrale Zone durchquert und es vorbei an dortigen
polizeilichen Sperrketten bis zur Krypta geschafft haben.

Als die Burschenschaften - nun mit brennenden Fackeln - den Rueckweg
antraten, zogen auch ein paar hundert Demonstrant_innen ueber den Ring
zurueck in Richtung Moelker Bastei. In der Folge bildeten sich
antifaschistische Kundgebungen vor der Bastei und in der
Schottengasse. Manch Burschenschafter raetselten, wie sie da jetzt
rauskommen. Die meisten wollten zum Abschluss aber ohnehin noch ins
Restaurant "Zum Leupold" ("Kupferdachl"), das einen Eingang in der
Platzverbotszone, und einen ausserhalb in der Schottengasse hat.
Antifaschistische Demonstrant_innen, die sich vor dem Leupold
sammelten, wurden von der Polizei grossteils zum Schottentor
gedraengt. Als auch die Antifaschist_innen vor der Moelker Bastei zum
Schottentor weiterzogen, wuchs dort die Kundgebung noch einmal auf
eine Groesse von rund 500 Personen an. Kleinere Gruppen von
Antifaschist_innen trieben sich aber auch an anderen Orten herum, und
waren dabei teilweise mit Problemen mit der Polizei konfrontiert. In
der Rosengasse, die eigentlich in der Platzverbotszone lag, aber
bereits wieder frei zugaenglich war, wurden Demonstrant_innen von
einer WEGA-Einheit angehalten. Drei Personen wurden gegen die Wand
geworfen. Eine unbeteiligte Zeugin berichtete, dass einer Person
vier-, fuenfmal hintereinander der Kopf gegen eine Glasscheibe
geschlagen wurde, dass sie mit dem Fuss getreten wurde. Eine der drei
Personen wurde von der Polizei mitgenommen, zwei durften nach
Identitaetsfeststellungen gehen.

Zwei weitere Personen waren bereits zuvor festgenommen worden. Laut
Rechtshilfe Wien sind bereits alle Personen wieder frei.

Besonders heikel reagierte die Polizei auf vermeintliche Vermummungen.
Bisweilen genuegte ein Halstuch, um von Polizist_innen zu
Ausweisleistungen aufgefordert zu werden.

Auch Anonymous Austria feierte die Befreiung am 8. Mai und
praesentierte als ihren Beitrag die Uebernahme der Websites des Wiener
Korporationsrings und des Vereins Studentenhaus im Rahmen einer
neuerlichen "Operation Blitzkrieg" durch gedenkende Ponys.
(nochrichten/gek.)

Volltext: http://nochrichten.net/?p=1009




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