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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. Maerz 2012; 00:18
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Gericht/Wien:

> Prozess gegen J.A.I.B. auf unbestimmte Zeit vertagt

Der Prozess gegen jene vier Aktivist_innen, die als J., A., I. und B.
bekannt sind und denen vorgeworfen wird, 2010 einen Mistkuebel im
Eingangsbereich eines AMS angezuendet zu haben, wurde am Dienstag, den
13. Maerz 2012 im Landesgericht fuer Strafsachen auf unbestimmte Zeit
vertagt. Voruebergehend war den Aktivist_innen auch die Bildung einer
terroristischen Vereinigung und der Versuch der Verhinderung einer
Abschiebung vorgeworfen worden. Diese Anklagen sind mittlerweile vom
Tisch. Uebrig blieb der Vorwurf der versuchten Brandstiftung nach §169
Abs. 1 StGB, der mit bis zu 10 Jahren Haft bedroht ist.

Obwohl die Verhandlung in einen etwas groesseren Saal als den
urspruenglich vorgesehenen verlegt wurde, mussten viele Interessierte
vor dem Verhandlungssaal warten. Vor dem Gerichtsgebaeude fand eine
Solidaritaetskundgebung statt.

Alle Angeklagten bekannten sich "nicht schuldig". Unerwartet ordnete
der Richter eine gesonderte Vernehmung der Angeklagten an, das heisst,
die einzelnen Angeklagten mussten bis zu ihrer Einvernahme den Saal
verlassen und konnten nicht die Aussagen der vor ihnen Einvernommenen
hoeren.

Alle vier Angeklagten gaben an, nicht viel sagen zu wollen, gaben
lediglich jeweils eine ausfuehrliche Prozesserklaerung ab, aber
verweigerten sonst jede Aussage.

A. erklaerte, er halte das Verfahren fuer eine riesige Justizfarce. Es
entziehe sich seinem Verstaendnis, dass mit dieser Beweislage - also
de facto keiner - ueberhaupt Anklage erhoben werde. Er habe noch nie
eine derart feindselige Haltung ihm gegenueber erlebt, wie von den
Beamt_innen des Verfassungsschutzes.

J. betonte, dass sie den Prozess fuer einen politischen halte. Diese
Dimension sei unuebersehbar und duerfe nicht verschwiegen werden. Der
Justiz gehe es nicht um Aufklaerung, sondern um die Aufrechterhaltung
menschenverachtender Verhaeltnisse. Darunter fallen die
Kriminalisierung von Fluechtlingen und Migrant_innen wie auch den
Schutz des Kapitals vor den Schutz des Menschenleben zu stellen. Jede
Aussage vor Gericht sei eine Kooperation mit diesen Verhaeltnissen,
und deswegen verweigere sie diese.

B. ergaenzte, dass journalistische und kuenstlerische Taetigkeit als
kriminelle, terroristische Handlungen gewertet worden seien, so etwa
als Videos fuer einen Dokumentarfilm ueber den Ablauf einer
Abschiebung gefunden wurden.

Politischer Aktivismus und Vernetzung wurde auch von I. als Grund fuer
die Anklagen angesehen. So sei in der Anklageschrift als eines der
wenigen Indizien gegen sie angefuehrt, dass sie sich auf
Demonstrationen und einschlaegigen Veranstaltungen aufgehalten habe.
I. forderte die sofortige Einstellung des Verfahrens, eine
Ueberpruefung der Ermittlungmethoden und die Aufloesung des
sogenannten Verfassungsschutzes. Als sie daraufhin den ihr
zugewiesenen Stuhl fuer die Vernehmung verliess, drohte der Richter,
sie des Saals zu verweisen, liess sich aber von der Verteidigerin
ueberzeugen, dass das Verhalten nicht ungebuehrlich gewesen sei, weil
sie eh gesagt habe, sonst nichts mehr aussagen zu wollen.

Die Verteidigerin stellte eine Reihe von Beweisantraegen, darunter die
Vorladung mehrerer Beamt_innen des Verfassungsschutzes und die
Beischaffung von Observationsberichten, Ermittlungsprotokollen,
Protokolle ueber Beobachtungen von Vetrauenspersonen des LVT.

Die Verhandlung wurde zur Beweisaufnahme auf unbestimmte Zeit vertagt.

Rund 50 solidarische Personen konnten der Verhandlung beiwohnen.
Einige mussten vor dem Verhandlungssaal warten. Rund 50 beteiligten
sich an einer Kundgebung vor dem Gericht. Sambaklaenge drangen
gelegentlich bis in den Verhandlungssaal vor.

An der Akademie der Bildenden Kuenste, an der die Angeklagten
studierten und politisch aktiv waren, wurden am Vormittag des 13.
Maerz Solidaritaetstransparente angebracht.

Weitere Solidaritaetsaktionen gab es bereits am Samstag vor der
Verhandlung. In Wien demonstrierten da zirka 500 Personen von der Uni
Wien ueber das Landesgericht fuer Strafsachen zum Yppenplatz in
Ottakring.
(nochrichten/bearb.)

Quelle: http://nochrichten.net/?p=905



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