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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 29. Februar 2012; 05:10
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EU/"Krise"/Militarismus:

> Deutsche Waffen -- griechisch's Geld

In einen einzigen Bereich des griechischen Budgets will sich Merkel
partout nicht einmischen
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Griechenland wird mittlerweile autoritaer und technokratisch regiert,
die Kontrolle ueber den Staatshaushalt hat die Troika (IWF, EZB und
EU-Kommission) uebernommen, weder Regierung noch Parlament haben
Einfluss auf die von Merkozy abgesegneten Sparmassnahmen gegen die
eigene Bevoelkerung, es wird behauptet, dass der Staatshaushalt zu
konsolidieren sei, was auch immer das bedeuten soll. Sieht man sich
die deutsch-franzoesischen Interessen naeher an, faellt auf, dass die
hohen Ausgaben fuer Militaer und Ruestungsgueter zu einem nicht
unwesentlichen Teil zu den griechischen Staatsschulden beigetragen
haben. Deutsche Ruestungsfirmen haben in besonders starkem Masse an
griechischen Auftraegen fuer Waffenkaeufe teilgehabt. Die OECD
(Organisation fuer wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)
hatte formuliert: "Der Anteil der Verteidigungsausgaben wurde fuer
Mitte der 2000er Jahre auf 4 1/4 Prozent des Bruttosozialprodukts
geschaetzt, weit hoeher als der Durchschnitt weltweit und in den
OECD-Mitgliedslaendern mit etwa 1 3/4 bis 2 %." Damit hatte
Griechenland den hoechsten Anteil von Militaerausgaben am
Bruttosozialprodukt in der Europaeischen Union.

Zurueckgefuehrt werden die hohen Militaerausgaben auf den
Ruestungswettlauf mit der Tuerkei, wobei nach Angaben des schwedischen
Friedensforschungsinstituts SIPRI Griechenland im Zeitrahmen von 2004
bis 2008 auf Platz 5 und die Tuerkei auf Platz 8 der weltweiten
Ruestungsimporteure gelegen sind. In diesem Jahrzehnt wurden etwa 40
Milliarden Euro, das sind etwa zehn Prozent der gesamten griechischen
Staatsschulden fuer Militaer und Ruestung ausgegeben, bei den hohen
Zinszahlungen erhoeht sich diese Summe um weitere vier Milliarden Euro
pro Jahr auf die fuer die Finanzierung der Militaerausgaben
aufgenommenen Staatsschulden.

Deutsche Ruestungsfirmen waren in den letzten Jahren die wichtigsten
Lieferanten fuer das griechische Militaer. "Nach SIPRI-Angaben kamen
31 Prozent der gesamten griechischen Rues-tungsimporte aus
Deutschland. Nach den offiziellen Angaben der Bundesregierung wurden
im Schnitt der letzten zehn Jahren Ruestungsexporte in Hoehe von ca.
300 Millionen Euro pro Jahr genehmigt. Darin ist die Lieferung von
Technologie und Ausruestungsgegenstaenden nicht enthalten. So machte
etwa ThyssenKrupp-Industrie die griechische Werft "Hellenic Shipyards"
zum groessten und modernsten Hersteller von U-Booten im oestlichen
Mittelmeer. Allein ein 2000 abgeschlossenes Geschaeft ueber sieben
U-Boote fuer Griechenland hatte ein Volumen von 2,84 Milliarden Euro.
Bei Krauss-Maffei Wegmann (KMW) bestellte das griechische Heer unter
anderem 170 Kampfpanzer vom Typ Leopard-2 im Wert von 1,7 Milliarden
Euro." (Quelle: IFSH) Auch die franzoesische Ruestungsindustrie
verdient nicht schlecht mit Auftraegen aus Griechenland.

Allerdings konnte Griechenland die deutschen Ruestungsfirmen nicht
bezahlen. Trotz Drohbriefen von Kanzerlin Merkel an den griechischen
Premierminister und gerichtlichen Auseinandersetzungen schuldet die
griechische Regierung deutschen Ruestungsfirmen mehrere hundert
Millionen Euro. Kraus-Maffei koennte auf schon gebauten Panzern sitzen
bleiben; eines der fuer die griechische Marine gebauten deutschen
U-Boote - die Papanikolis - wird weltweit zum Kauf angeboten. Die
Ausgaben fuer Militaer und Ruestung wurden angesichts der Finanzkrise
2009 und 2010 auf etwa 3% gekuerzt, im Vergleich zu anderen EU- und
NATO-Staaten ist das immer noch enorm hoch.

In der griechischen Armee dienen bei einer Gesamtbevoelkerung von etwa
11 Millionen Menschen rund 156.000 Soldaten und Soldatinnen, in der
deutschen Armee leisten bei einer Gesamtbevoelkerung von etwa 82
Millionen Menschen etwa 257.000 Soldaten und Soldatinnen ihren
Frondienst fuer Staat, Vaterland und internationale Interessen.

Die Troika formuliert klare Vorgaben, wie sie die griechische
Bevoelkerung ausbluten lassen will; naemlich indem: Krankenhaeuser
nicht mehr genuegend Medikamente haben, es oft nur noch fuer
Notversorgungen reicht, die Mindestloehne auf ein Ausmass gekuerzt
werden, die ein eigenstaendiges Ueberleben nicht mehr garantieren,
Kinder aufgrund von Mangelernaehrung vom Bildungsministerium mit Essen
versorgt werden muessen, Familien ihre Wohnungen verlieren und unter
unwuerdigen Bedingungen auf viel zu engem Raum in
Grossfamilienkonstellationen zusammenwohnen muessen, Fabriken
geschlossen werden, bestreikt werden, indem der stetigen Verarmung der
Bevoelkerung trotz massiver Proteste, Demonstrationen und Streiks
zugeschaut wird. Es findet sich bei den Vorgaben der Troika keine
einzige Zielformulierung in Bezug auf die Militaerausgaben. In diesem
Punkt sind sich Merkozy einig, die deutsche Kanzlerin formulierte
deutlich: "Die Bundesregierung greift nicht in bestehende und
genehmigte Ruestungsexportvertraege ein, die zwischen deutschen
Herstellern und dem Empfaengerland geschlossen wurden" (Tagesschau,
ARD). Die franzoesische Regierung sieht das wohl aehnlich.
*Rosalia Krenn*

Anm.:
IDSH: Institut fuer Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Uni
Hamburg
SIPRI: Stockholm International Peace Research Institute, staatliches
Institut



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