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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 8. Februar 2012; 03:22
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Arbeit:

> Gedrueckte Loehne dank AMS -- am Beispiel BAGS-KV

In Sozialoekonomischen Betrieben gibt es dreierlei Arten
Beschaeftigte: Ordentliche MitarbeiterInnen, Beschaeftigte auf
gesetzlich geschuetzten Arbeitsplaetze -- und
"TransitmitarbeiterInnen", die weder gewerkschaftlichen noch
gesetzlichen Schutz geniessen.
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Der derzeit gueltige BAGS-Kollektivvertrag enthaelt ein paar kleine
Boesartigkeiten, auf die jetzt anlaesslich der aktuellen
KV-Verhandlungen die Initiative "Aktive Arbeitslose" wieder einmal
hinweist. Denn dieser Kollektivvertrag der "Berufsvereinigung von
Arbeitgebern fuer Gesundheits- & Sozialberufe" (BAGS) unterscheidet
vielerlei Personal: Zum einen gibt es ganz normale Beschaeftigte fuer
die Betreuung und Verwaltung; zum anderen die zu betreuende Personen,
also jene Mitmenschen, die beispielsweise in (im Sozialarbeitsjargon
oft abfaellig so genannten) "Geschaetzten Wuergstaetten" in der
Produktion arbeiten. Im Kollektivvertrag werden diese zwar erwaehnt,
aber nur insofern, dass er fuer sie nicht gilt. Denn deren
arbeitsrechtliche Bedingungen sind hautsaechlich durch
sozialgesetzliche Bestimmungen geregelt.

Und dann gibt es noch "TransitmitarbeiterInnen", die da irgendwo
dazwischenliegen. Diese "TMAs" werden -- obwohl sie "verpflichtend
psychosozial begleitet und betreut" werden sollen -- sehr wohl vom
Kollektivvertrag erfasst. Das erscheint im ersten Moment seltsam. Doch
die Erklaerung ist einfach: Bei diesen TMAs handelt sich in der Praxis
(aehnlich wie bei Zivildienern) oft um ganz normale, im vollen
Arbeitseinsatz stehende Kraefte -- mit dem Unterschied, dass sie
zwangsweise bei Androhung der Sperre von Arbeitslosengeld oder
Mindestsicherung vom AMS dorthin verpflichtet wurden. Und nur dieser
Umstand macht auch einen Unterschied in der Entlohnung aus,
beispielsweise bekommt eine ungelernte Hilfskraft, die vom AMS dazu
verdonnert wurde, 180 Euro weniger als eine solche, die sich
freiwillig anstellen liess und auch erst im ersten Jahr ihrer
Taetigkeit ist, naemlich 1340 Euro brutto. Den gleichen Gehalt wie
diese ordentlichen Hilfskraefte bekommen nur gut ausgebildete
AMS-Gedungene, die auch fuer qualifiziertere Aufgaben eingesetzt
werden -- was dem Vernehmen nach allerdings selten passiert. Gleicher
Lohn fuer gleiche Arbeit sieht anders aus.

Die Aktiven Arbeitslosen sehen die TMAs aber auch ansonsten
benachteiligt: "Mit Zustimmung von gpa-djp und VIDA werden
,Transitarbeitskraeften' folgende ansonsten in Kollektivvertraegen
zugestandenen Rechte vorenthalten: Recht auf Beruecksichtigung der
Ausbildung/ Qualifikation ..., auf Anrechnung der
Berufserfahrung/Vordienstzeiten" und "Recht auf Gehaltsvorrueckungen:
Selbst bei mehrmaliger Zuweisung zu ,Transitarbeitsplaetzen' -- fuer
viele Langzeitarbeitslose leider schon Realitaet -- erhalten die
betroffenen ArbeitnehmerInnen keine Gehaltsvorrueckungen."

Diese Missstaende sind aber wohl auch darauf zurueckzufuehren, dass
das Recht auf Interessensvertretung TMAs praktisch nicht zugestanden
wird. Die Aktiven Arbeitslosen in einer Aussendung: "Da
,Transitarbeitsplaetze' in ,sozialoekonomischen Betrieben' und
,gemeinnuetzigen Beschaeftigungsinitiativen' in der Regel nicht mehr
als 6 Monate dauern, duerfen ,TransitarbeiterInnen' keinen (eigenen)
Betriebsrat waehlen und haben leider de facto auch in den
Gewerkschaften keine Interessensvertretung." Wenn ein Betriebsrat
vorhanden ist, so die Initiative, vertrete der zumeist nur die
Interessen der ordentlich Beschaeftigten, nicht aber "jene der Opfer
dieser Zwangsmassnahmen".

So steht die Frage im Raum, ob Gewerkschaften und Betriebsraete nicht
auch aus eigenen Interessen gut beraten waeren, sich diese
Bestimmungen (im BAGS-KV, anderen Kollektivvertraegen, aber auch in
den diversen arbeits- und sozialrechtlichen Normen) einmal genauer
anzusehen und nicht nur jene KV- und Gesetzesstellen, die ihre
angestammte Klientel unmittelbar betrifft. Denn ein stetig
anwachsendes Heer von Zwangsverpflichteten ist nicht gut, wenn es
darum geht, annehmbare Arbeits- und Lohnbedingungen ausverhandeln zu
wollen.
-br-


Die Zitate stammen aus:
http://www.aktive-arbeitslose.at/bags_babe_kollektivvertrag_transitarbeitskraefte.html
Der BAGS-KV 2011 im Volltext:
http://www.bags-kv.at/folder/index.php?ID=3541
Weitere Infos: http://www.aktive-arbeitslose.at/ und:
http://www.arbeitslosennetz.org



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