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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. Dezember 2011; 01:32
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Arbeit/Kommentar:

> Ethnic Profiling am AMS. Sonst noch was?

AMS-Chef toppt aktuellen Status Quo mit jenseitigem Wunschkonzert

Vor wenigen Tagen hat das oesterreichische Parlament beschlossen,
einen Index von OesterreicherInnen mit migrantischem Hintergrund
einzufuehren. Konkret soll das AMS zukuenftig bei allen Arbeitslosen
abfragen, ob sie jemals andere StaatsbuergerInnenschaften als die
aktuelle hatten und wenn ja, welche. Gespeichert werden soll diese
Information auch bei mitversicherten Kindern, die nicht selbst, aber
deren Eltern vor der oesterreichischen eine andere
StaatsbuergerInnenschaft hatten. Argumentiert wird mit einer
Verbesserung der Leistung des AMS fuer Personen mit migrantischem
Hintergrund - geschaffen wird damit aber die von der FPOe seit Jahren
geforderte Grundlage fuer eine Zweiklassen-StaatsbuergerInnenschaft:
War die StaatsbuergerInnenschaft bislang zumindest ein formales
Gleichstellungsmerkmal, so gilt dies jetzt nicht mehr und betrifft
auch noch die zweite Generation.

Ebenfalls dieser Tage hat die Arbeiterkammer eine Enquete mit dem
Titel "Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik" veranstaltet. Aber
anstatt zu thematisieren, dass es fuer Erwerbslose immer schwieriger
wird, Arbeitssuche und die paedagogisch anmutenden Massnahmen des AMS
unter einen Hut zu bringen oder sich gar mit Mechanismen der
rassistischen Ausgrenzung am Arbeitsmarkt auseinanderzusetzen, lag der
Fokus auf der Weiterentwicklung einer paternalistisch betreuenden
Arbeitsmarktinstitution. Ist schon die Wahl des zentralen Inputgebers,
des Wirtschaftswissenschaftlers und Arbeitsmarktexperten Guenther
Schmid, ehemals Mitglied der deutschen Hartz-Kommission, als
Positionierung der AK zu werten, so setzte Herbert Buchinger, der
Vorstandsvorsitzende des AMS, noch eins drauf: Einen Kurswechsel
brauche es in Oesterreich nicht, nur eine Verbesserung des
Existierenden. Da passt es ins Bild, dass Sozialminister Hundstorfer
zwar zugab, die Programme und Massnahmen des AMS nicht mehr zu
ueberblicken, dies aber als Ausdruck der Kreativitaet der
Verantwortlichen wertete (womit er wohl auch die Bewerbungskurse
meinte, die er vor zwei Jahren noch offiziell als "Deppenkurse"
qualifiziert hatte).

Ein anderes, besonders im Kunstfeld relevantes Thema, naemlich die
Verbesserung des Zusammenspiels von Sozialversicherungsarchitektur
(bei unterschiedlichen Beschaeftigungsformen) und
Arbeitslosenversicherung, wurde zwar aufgegriffen, aber nicht als
Problem wahrgenommen: Die "Mobilitaet" zwischen Teilzeit- und
Vollzeitanstellung, Selbststaendigkeit, Phasen der Arbeitslosigkeit
sei nicht nur im Steigen begriffen, sondern auch von zentraler
Bedeutung fuer die Produktivitaetssteigerung der Wirtschaft (so
Guenther Schmid). Das nahm Herbert Buchinger zum Anlass, oeffentlich
ueber eine Permanentbetreuung aller atypisch Beschaeftigten (nur der
unselbststaendigen) durch das AMS nachzudenken. Immerhin distanzierte
er sich dann doch noch davon, wenn auch nur unter Verweis auf die
finanzielle Lage.

Zeitweise Erwerbslose brauchen nicht in erster Linie Betreuung,
sondern vernuenftige gesetzliche Rahmenbedingungen, die es
ermoeglichen, trotz diskontinuierlicher Erwerbsbiographie ueberhaupt
auf Versicherungsleistungen zugreifen zu koennen. Doch - wir koennen
es nicht anders interpretieren - wird dies ganz im Sinne
sozialdemokratischer Arbeitsmarktpolitik, die auf die Einbeziehung
aller in den Arbeitsmarkt abzielt, vollkommen ignoriert.
Arbeitslosigkeit ist unter diesem Topos immer nur ein so schnell wie
moeglich zu korrigierender Fehler ...
(Kulturrat Oesterreich/gek.)

Kontakt: Kulturrat Oesterreich, Gumpendorfer Str. 63b, A-1060 Wien,
contact{AT}kulturrat.at, http://kulturrat.at



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