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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 19. Oktober 2011; 00:36
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Debatte:

> Die Gruenen sind besser als ihr Ruf

Es tut sich was bei den Gruenen -- und zwar inhaltlich, man sollte es
nicht glauben. Da trotzt zum Beispiel Daniela Musiol im Nationalrat
der populistischen Meinungsfuehrerschaft von Herrn Strache zum Thema
Direkte Demokratie und stellt dazu einen sehr soliden Antrag. Darin
ist nichts mehr zu spueren von der Angst vor der Kronenzeitung,
sondern es wird klipp und klar die Durchsetzung von Volksabstimmungen
durch ausreichend unterstuetzte Volksbegehren gefordert.

Auch am Bundeskongress letztes Wochenende gelang ein Durchbruch: "Die
Gruenen achten die Religionsfreiheit sowie die Freiheit von Religion
als Menschenrecht und werden jede Diskriminierung aufgrund von
Religionszugehoerigkeit oder aufgrund einer nicht vorhandenen
Religionszugehoerigkeit bekaempfen. ... Unsere Ueberzeugung ist, dass
sich ein Staat gegenueber Religionen und Weltanschauungen neutral
verhalten muss. ... Das Recht auf Religionsfreiheit und die strikte
Trennung von Staat und Religion bedingen einander. Fuer eine
konsequente Saekularisierung des oesterreichischen Staatswesens ist es
daher unabdingbar, dass Verflechtungen mit Religions- und
Weltanschauungsgemeinschaften aufgeloest werden. Einige
(Staats-)Vertraege und Gesetze, die anerkannten
Religionsgemeinschaften Rechte und Privilegien zusichern, stehen
zumindert teilweise im Widerspruch zu einem saekularen Staatswesen.
Wir fordern, dass staatliches Handeln gerade in hochsensiblen
Bereichen wie dem Bildungswesen, der Judikative, dem Steuerwesen oder
der oeffentlichen Verwaltung objektiv und neutral gestaltet und
geregelt wird und damit saekularen Prinzipien genuegt." Das ist zu
lesen in einem Antrag und dieser bekam auch eine Mehrheit im hoechsten
Bundesgremium der Gruenen.

Indes geht Jennifer Kickert als Nachrueckerin in den Wiener
Gemeinderat und Marco Schreuder uebernimmt ihren Platz im Bundesrat.
Und Schreuder will von Anfang an diese neue Stellung transparent
gestalten und offensiv ueber die Rolle der Laenderkammer und was man
dort machen kann diskutieren. Er bloggt einen Aufruf, dass man sich
melden solle, wenn man oeffentlich ueber das Wesen des Bundesrats und
der demokratischen Institutionen insgesamt debattieren moechte -- ob
dann auch etwas von diesen Meldungen in die konkrete Ausgestaltung
seines doch ein wenig seltsamen Jobs einfliessen wird, bleibt
abzuwarten. Die Ansage ist aber auf alle Faelle einmal gut.

Nur: All diese Initiativen gelangen nur an eine sehr eingeschraenkte
Oeffentlichkeit. Von Musiols Demokratie-Antrag erfaehrt man eher
beilaeufig aus Karl Oellingers Facebook-Postings und muss das dann
erst selbst aus den Tiefen des Parlamentsservers ans Tageslicht heben.
Marco Schreuders Aufruf erfaehrt man auch nur, wenn man mit ihm auf
Facebook befreundet ist. Und den wirklich Zeichen setzenden Beschluss
zum Thema Saekularisierung findet man nur rein zufaellig auf einer
atheistischen Website.

Auf der gruenen Bundes-Website bekommt man hingegen zuerst ein
nervendes Video und dann hauptsaechlich die blauen Augen der grossen
Vorsitzenden, ihre nichtssagenden Propaganda-Statements und Werbung
fuer dieses unsaeglich platte Bildungsvolksbegehren. Auf den Seiten
der Wiener Gruenen sieht es auch nicht besser aus, dort feiert man
sich selbst wegen einer geringfuegigen Verbilligung der
Jahresnetzkarte fuer die Oeffis. Und aehnlich fade und nichtssagend
sind jene Beitraege, die die Gruenen ueber die APA schicken.

Doch Aktivitaeten wie Antraege und Beschluesse einer Oppositionspartei
haben nur einen politischen Sinn, wenn man sie auch entsprechend
vermarktet. Eine grosse Regierungspartei kann auch hinter den Kulissen
etwas weiterbringen, aber aus der Opposition heraus oder als Beiwagerl
einer Grosspartei muss man Krach schlagen, will man das Meinungsbild
veraendern. Und es liegt nicht nur daran, wie von gruener Seite immer
wieder behauptet, dass die boesen Massenmedien ihre guten Ideen
unterdruecken wuerden, die Partei selbst versucht gar nicht erst,
diese Ideen zu promoten.

Die Gruenen sind in ihrer Gesamtheit manchmal besser als ihr Ruf. Ihre
Spitzenfunktionaere tun aber alles, damit vor lauter Ruecksicht und
Vorsicht das Image der Partei auch weiterhin in einer faden
Belanglosigkeit verbleibt.
*Bernhard Redl*

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Links:
Direkte Demokratie:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/A/A_01689/fname_232986.pdf
Saekularisierung: http://www.atheisten-info.at/infos/info0628.html
Bundesrat: http://schreuder.at/2011/10/17/bundesrat/



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