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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 4. Oktober 2011; 23:15
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Ungarn/Kommentar:

> Solidarnosc am D-Day

Es ist eine seltsame Bewegung, die sich da in Ungarn derzeit sammelt.
Am Wochenende versammelten sich in Budapest zu mehreren Aktionen bis
zu 15.000 Mesnchen. Gemeinsame Aussage: "Es reicht!". Und natuerlich
sind alle Beteiligten gegen Viktor Orban und seine Fidesz-Regierung.
Letzter Ausloeser dieser Bewegung war das neue ungarische
Arbeitsrecht, das Streiks von der Gunst der Gerichte abhaengig macht,
Gewerkschaften aus den Betrieben draengt und nur Verhandlungspartner
fuer Kollektivvertraege zulaesst, die der Regierung gefallen. Und
natuerlich daemmert jetzt auch den meisten, dass die geplante Flat Tax
nur den Gutverdienenden hilft.

Die bestehenden Gewerkschaften, ein nach Ansicht dieser neuen
Protestbewegung zerstrittener und unfaehiger Haufen, hatten
tatsaechlich gegen die arbeitnehmerfeindliche Politik der neuen
Regierung nicht viel zuwege gebracht -- und stehen diesem nunmehrigen
Protest eher ratlos gegenueber.

Trotz der eindeutigen Anliegen versucht die Bewegung den Eindruck aber
eher zu vermeiden, irgendwie links zu sein. Péter Konya, einer der
Anfuehrer, ist Polizeigewerkschafter und er spricht am Kossuth-Platz
vor der versammelten Menge von seinem soldatischen Eid, den er
geleistet habe, das Land zu schuetzen. Die ganze Veranstaltung nennt
sich "D-Day" und man spricht davon, eine "ungarische Solidarnosc"
gruenden zu wollen. Um das zu betonen, spielt man einen polnischen
Militaermarsch.

Bei der Kundgebung mischt sich alles -- ein paar Rechtsextreme tauchen
auf, aber auch der fruehere sozialdemokratische Regierungschef Ferenc
Gyurcsány, frueheres Lieblingshassobjekt vieler Oppositioneller. Es
sei kein Wunder, schreibt der Reporter des Pester Lloyd, "dass ein
Teil der Menschen, die heute demonstrieren, die Gleichen sind, die
auch schon gegen Gyurcsány demonstrierten, ja, viele (nicht die
meisten) hier haben Orbán gewaehlt."

Dennoch steht diese Bewegung sicher auch im Zusammenhang mit dem
"Arabischen Fruehling", der Platzbesetzung in Madrid oder sogar der
"Occupy Wallstreet"-Bewegung in New York. Gerade in Ungarn haben viele
genug von den instutionalisierten Parteien und
Interessensvertretungen, da sie alle durchprobiert haben und sich
jetzt von allen verarscht vorkommen. Wie bei allen diesen neuen
Bewegungen wird sich die globale Linke auch hier genau anschauen
muessen, ob sie sie wirklich unterstuetzen will. Weder ist ein
kategorische Ablehnung wegen unklarer Weltbilder noch eine kritiklose
Umarmung angebracht.
-br-

Laufend neue Berichte ueber Ungarn in deutscher Sprache bieten:
http://www.pesterlloyd.net
http://pusztaranger.wordpress.com



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