**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 20. April 2011; 01:00
**********************************************************

Energie/Glosse:

> Schoener Traum

Nicht jede Alternativenergie ist eine -- zum Maerchen vom Wasserauto

Neulich in meinem Facebook-Account: "Car that runs on nothing but
water unveiled in Japan. No gasoline, no battery recharging and no
emissions." Das war nicht als Werbeeinschaltung oder Spam gedacht,
sondern ein Posting einer Facebook-Freundin, die einen Link auf eine
entsprechende PR-Meldung mitgeteilt hat. Diesen Link haben laut
Facebook-Statistik in den letzten drei Wochen rund 50.000 User aktiv
verbreitet -- die meisten anscheinend, weil sie diese Entwicklung so
toll finden.

Klingt ja auch faszinierend: Ein Auto, das nur mit Wasser betrieben
wird -- kein Oelverbrauch, keine Batterieladung, keine Emissionen. Nur
reiner Bloedsinn. Genepax, die angebliche Herstellerfirma -- die
offensichtlich immer nur fuer Vorfuehrzwecke Prototypen fahren laesst,
aber seit Jahren bei der Ankuendigung bleibt, dass man irgendwann
einmal mit der Massenfertigung beginnen wuerde -- produziert
hauptsaechlich eines: Pressemeldungen. In denen steht erstens, dass
diese tolle Errungenschaft funktioniere und sich zweitens wegen der
Machenschaften der Oelindustrie die Marktproduktion nicht so leicht
realisieren lasse.

Die wenigen Journalisten, die auf kritische Fragen eine Antwort
bekommen haben, berichten von vagen Auskuenften ueber die chemische
Wechselwirkung des Wassers mit einem Metallhydrid. Sicher, das koennte
man sich theoretisch wohl vorstellen. Allerdings sind Metallhydride
als Speicherform von Wasserstoff auch schon ein alter Hut. Das Auto
hat dann aber nicht Wasser als Treibstoff, sondern eben diese Hydride,
die beim Betrieb verbraucht werden.

Solange man aber warten muss, bis diese formidablen Wasser-Autos
tatsaechlich auf den Markt kaemen, vertreiben Genepax und Partner
Erweiterungsbausaetze fuer herkoemmliche Benzinautos, die Benzin
sparen helfen sollen. Serioese Berichte, dass diese funktionierten,
gibt es aber keine. Dass sie nicht funktionieren ist uebrigens ein
Glueck, denn manche Anleitungen zu diesen Bausaetzen versprechen gar,
dass dem Treibstoff ein Gemisch von zwei Teilen Wasserstoff und einem
Teil Sauerstoff zugesetzt wuerde. Dieses Gemisch nennt man Knallgas
und es wuerde -- in relevanter Menge beigemischt -- das Auto bei der
Zuendung des Motors in die Luft jagen.

Indes ist die Idee der Nutzung von Wasserstoff als Treibstoff nicht
sehr neu. "Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von
morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist.
Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff,
werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde
sichern." Das schrieb Jules Verne bereits 1870. Nur: Kohle ist ein
Energietraeger, Wasser nicht. Wasser brennt naemlich nicht. Zuerst
muss man das Wasser eben zerlegen, um die Bestandteile dann wieder
unter Energiegewinnung miteinander reagieren zu lassen. Zum Zerlegen
braucht man aber eben Strom -- der ja bekanntlich aus der Steckdose
kommt.

Seit 20 Jahren geistern vermehrt wasserstoffbetriebene Autos und
Maschinen durch die Medien -- Oelabhaengigkeit und Abgase lassen viele
Menschen nach Alternativen suchen. Gerade Umweltbewegte finden die
Idee oft faszinierend. Und natuerlich hat Wasserstoff als
Energietraeger seine Meriten und es wurden in dieser Zeit interessante
Konzepte entwickelt, um mittels Molekuelaufspaltung, Speicherung und
Wiederverbrennung in Brennstoffzellen eine effiziente und gefahrlose
Nutzung von Wasserstoff als Energiemittler zu ermoeglichen.

Wasserstoffautos sind also moeglich und es gibt sie bereits im
alltaeglichen Einsatz -- aber man kann dieses Gas nicht wie Erdgas aus
dem Boden holen und auch nicht vom Baum pfluecken. Wenn man es nicht
gerade aus dem Weltraum pumpen moechte, wo es tatsaechlich in
ausreichender Menge elementar vorhanden ist, bleibt als
Gewinnungsmoeglichkeit nur die Spaltung von Wasser oder
Kohlenwasserstoffen. Ohne eine andere Energiequelle, sei sie jetzt
elektrisch, kalorisch, solar oder gar nuklear, geht das aber nicht.

Und das ist eben nicht einer Verschwoerung der Oelindustrie, sondern
einfach den Gesetzen der Chemie und der Thermodynamik geschuldet.
Solange kein zweiter Einstein auftaucht und uns voellig neue Wege
zeigt, wie diese Naturgesetze zu erweitern waeren, werden wir
Wasserstoff nicht umsonst bekommen.

Sorry, aber nicht alles was toll klingt, ist es auch.
*Bernhard Redl*



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin