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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 16. Februar 2011; 05:42
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Debatte/Medien:

> Von Hainburg zum Bundesheer

Die "Krone" macht wieder auf Vox Populi
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Fast zwei Jahrzehnte nach dem "Aufruf zum Ungehorsam gegen
Militaergesetze" liefert uns Peter Gnam in der Kronen-Zeitung das: "Es
gibt aber auch noch den zivilen Ungehorsam: Man erhaelt den
Einberufungsbefehl und ignoriert ihn. Das ist natuerlich strafbar,
doch wenn das Tausende junge Maenner tun, was dann? Sperrt die Justiz
dann alle Wehrdienstverweigerer ins Gefaengnis? Gehen die Gefaengnisse
dann endgueltig ueber? Der Gedanke, stell dir vor, es gibt eine
Wehrpflicht und niemand geht hin, sollte fuer die Jugend verlockend
sein..."

Der "verstaendige Leser" (ein in Medienrechtsangelegenheiten haeufiger
Terminus, der auch in den "Aufruf"-Prozessen immer wieder bemueht
wurde) kann das nicht anders verstehen als eine Anleitung -- auch wenn
es in Frageform formuliert ist. Noch dazu, wo die Kronen-Zeitung mit
ihrer Medienmacht davon ausgehen kann, dass sich viele junge Maenner
daran orientieren und es so tatsaechlich zu einem Massenungehorsam
kommen koennte, wenn der Staat nicht rabiat gegen die ersten
Verweigerer vorgeht.

Aber wieso das jetzt? Wieso kommt der notorische Kommunistenfresser
Peter Gnam ploetzlich auf die Idee, den seinerzeitigen "Aufruf" toppen
zu wollen? Weil die "Krone" ein Berufsheer will? Schliesslich galt ja
der selige Herausgeber Dichand schon lang als Befuerworter der
Professionalisierung.

Ich glaube nicht, dass es nur daran liegt. Gnam agiert hier keineswegs
ahistorisch und beliebig, sondern zieht einen historischen Vergleich
heran: "In der Hainburger Au ging es in den 80er-Jahren darum, die
Zerstoerung der Natur und den Bau eines Beton-Wasserkraftwerkes zu
verhindern. Die Jugend widersetzte sich damals der Staatsgewalt, hielt
die Au besetzt, bis die Polizei letztendlich aufgab und in der Politik
Vernunft einkehrte. 2011 koennte Aehnliches passieren." Und damit
meint er eben die Widersetzung gegen die Wehrpflicht. Das aber ist nur
logisch -- denn die Kronen-Zeitung war 1984 tatsaechlich so ziemlich
der wichtigste mediale Transmissionsriemen fuer die Besetzung der Au.
Dichand mit seinem guten Gespuer fuer Trends setzte in diesem Moment
voll auf die Umweltbewegung, wohl wissend, dass der Grossteil dieser
Bewegung links gepraegt war.

Aehnlich verhielt sich die Krone -- und da vor allem ihre steirische
Mutation -- im Kampf gegen die Draken Ende der 80er. Da ging es zwar
vor allem um die Frage des Flugzeugmodells und die
Stationierungspolitik, dennoch unterstuetzte die Krone auch den linken
Widerstand gegen generell alle Abfangjaeger. Ansonsten war der Krone
aber meistens alles Linke verdaechtig -- hauptsaechlich wohl, weil
ihrer Leserschaft alles Linke verdaechtig war. Entweder machte "Cato"
hoechstpersoenlich Stimmung oder er liess das "Staberl" und spaeter
Wolf Martin erledigen.

Der Alte ist tot. Peter Gnam ist unter ihm politisch gross geworden.
Moeglicherweise hat er das Gespuer Dichands geerbt. Dass Gnam Hainburg
als Vergleich zitiert, zeigt, dass er zumindest sehr bemueht ist, es
zu finden. Die Umfragen geben ihm recht, die Wehrpflicht soll
mehrheitlich heute nicht nur bei jenen unbeliebt sein, die die
Einberufung noch vor sich haben. Ob die Umfragen stimmen und ob die
Krone mit ihrer Tradition, politische Trends zu verstaerken, nach
Dichands Abgang auch in Zukunft noch punkten kann, bleibt abzwarten.

Wenn das aber nicht funktionieren sollte, bleibt dem Kleinformat ja
immer noch die Hetze gegen alles irgendwie Fremdlaendisches. Trotz
eines kaum verhuellten Aufrufs zum militaerischen Ungehorsam liefert
die Krone daher wohl auch weiterhin -- um mit "Drahdiwaberl" zu
sprechen -- "den taeglichen Halt fuer des Hausmeister Kalk".
*Bernhard Redl*

Zum Thema siehe auch:
http://www.kobuk.at/2011/02/wie-die-krone-die-angst-vor-tuerkenbanden-schuert



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